CyberCrime
in der gesamten kapitalistischen Welt die Reservewährung. Die Sowjetunion und China lehnten zwar die Vormachtstellung der amerikanischen Währung ab, beide kommunistischen Supermächte waren aber dennoch erpicht darauf, so viele Dollars wie möglich zu horten. In einer Welt, in der die meisten Regierungen die Devisenströme über ihre Grenzen unter strenger Kontrolle hielten, machte die Allgegenwart des Dollars als Zahlungsmittel die Herstellung gefälschter US -Banknoten äußerst reizvoll.
Dies hatte zur Folge, dass die Operationen des Secret Service nun stärker international ausgerichtet waren. Ganoven und Regierungen auf der ganzen Welt druckten eigene Dollarnoten, um sich zu bereichern oder die Macht der Vereinigten Staaten zu untergraben. Auch während Sie dies lesen, können Sie mit ziemlicher Sicherheit davon ausgehen, dass irgendwo in Ihrer Nähe eine Operation des Secret Service läuft. Aber auch wenn die Behörde einen langen Arm hat, gibt es Ecken und Winkel, die nicht einmal sie erreichen kann. In den 1990er Jahren beispielsweise verbreitete sich der »Superdollar« auf der ganzen Welt. Nach Ansicht der US -Regierung stammten diese Chargen hervorragend nachgeahmter, aber falscher 100-Dollar-Noten von Druckpressen in Nordkorea, einer der wenigen Regionen, die für die Männer in Schwarz unzugänglich sind.
Den Präsidenten gegen Schüsse abzuschirmen und hinter falschen Dollars herzujagen sind schon schwierige Aufgaben, im Jahr 1984 jedoch forderte der Kongress den Secret Service auf, seinen Tätigkeitsbereich nochmals auszuweiten: Er sollte jetzt auch bei Kredit- und Scheckkartenbetrug, Urkundenfälschung und Computerbetrug ermitteln.
Während der nächsten beiden Jahrzehnte entwickelte die Organisation, die in gewisser Hinsicht die am stärksten geheimnisumwitterte Ordnungsbehörde der Vereinigten Staaten ist, spezialisierte Fachkenntnisse über Cyberkriminalität, was zu einer beispiellosen Handlungsfähigkeit führte. Aber beim Secret Service arbeiten nur rund 6500 Personen. Das FBI dagegen hat eine Personalstärke von fast 30.000. In jüngerer Zeit wurde der Secret Service in das Heimatschutzministerium integriert, was seinen Stolz verletzte. Zwischen den beiden Behörden besteht keine große Liebe. Ob das am Minderwertigkeitskomplex des Secret Service oder am Überlegenheitsgefühl des FBI liegt, lässt sich schwer sagen – vermutlich spielt beides eine Rolle. Jedenfalls kam es zwischen beiden immer wieder zu kleinlichen Auseinandersetzungen, was sich auch auf wichtige Operationen auswirkte.
Nach der Abschaltung von Shadowcrew entschloss man sich beim Secret Service, eine Beziehung zu Dron zu unterhalten. Er war Ende 2005 Mitglied von DarkMarket geworden, und dort erwarb er sich so schnell einen guten Ruf als Verkäufer von Skimming-Apparaten, dass er wenig später eine eigene Website namens www.atmskimmers.com einrichtete. Das Secret-Service-Büro in Buffalo bemühte sich monatelang darum, Drons nähere Lebensumstände zu erkunden. Der Verkäufer bediente sich des israelischen E-Mail-Services Safemail, weil er wusste, dass dieses Unternehmen die IP-Adresse des Absenders blockierte, so dass der Empfänger ihn nicht ausfindig machen konnte. Den Durchbruch erzielte der Secret Service schließlich im Januar 2006, als Safemail sich bereit erklärte, Drons IP-Adressen preiszugeben; zuvor hatte die Anfrage der amerikanischen Behörde ihren gewundenen Weg durch die schwerfällige israelische Strafjustiz genommen. Wie sich herausstellte, benutzte Dron mehrere Computer, die sich über die Region von Calgary in der kanadischen Ölprovinz Alberta verteilten.
Die nun folgenden eineinhalb Jahre erwiesen sich für Detective Spencer Frizzell von der Polizei in Calgary als schwierige Zeit. Die Büros des Secret Service in Buffalo und Vancouver lieferten ihm jeweils eine IP -Adresse, die sie von Safemail erhalten hatten, wenn der verdeckte Ermittler eine E-Mail mit Dron austauschte. Die Adressen gehörten immer zu diesem oder jenem Internetcafé. Und bis sie den Ort ausfindig gemacht hatten, war der Vogel natürlich ausgeflogen. Bevor Detective Frizzell mit der Arbeit an dem Fall begann, hatte er keine Ahnung, wie viele Internetcafés es in Calgary gab und wie beliebt sie waren. Das Ganze kam ihm zunehmend vor wie die Suche nach der Nadel im Heuhaufen.
Über Monate hinweg hatte es den Anschein, als suche Dron jeweils zufällig irgendein Internetcafé auf. Eines Tages erschien er am Punkt A, am nächsten Tag
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