CyberCrime
zunehmend auf die Nerven.
JiLsi hatte einen einfachen Plan. Er richtete eine anonyme E-Mail-Adresse ein, über die er Nachrichten an Icemans Internetprovider schickte. Darin warnte er das Unternehmen, die dort angesiedelte Site CardersMarket sei kriminell, und ihre Betreiber seien in großem Umfang an Kreditkartenbetrug beteiligt. Als Iceman merkte, von welchem Mailaccount die Denunziation kam, probierte er es mit JiLsis Passwort MSR 206 (der Name des legendären Kreditkarten-Klonierungsapparats, den alle guten Carder benutzen), und siehe da, es funktionierte. Nun fand Iceman heraus, dass JiLsi ihn bei seinem eigenen Internetprovider anschwärzte. Das war unverzeihlich. JiLsi hatte eine Grenze überschritten, die kein (un)anständiger Carder jemals durchbrechen sollte, ganz gleich, wie schlecht die Beziehungen waren: Er hatte ein Mitglied der Bruderschaft verraten. Und was noch schlimmer war: Man hatte ihn dabei erwischt.
Iceman verbreitete die Nachricht überall. Es dauerte nicht lange, dann hatte sie auch Cha 0 erreicht.
Im Gefolge der Anschuldigungen von Iceman waren alle ein wenig zittrig. War das FBI an dem Fall dran? Und wenn ja, »wer, verdammt noch mal, arbeitet mit denen zusammen?«, wie einer der DarkMarket-Administratoren es formulierte. Iceman, Splyntr, C 0 rrupted 0 ne oder silo von CardersMarket? Shtirlitz, der rätselhafte »Russe«? Oder vielleicht Lord Cyric, der neue Moderator von DarkMarket? Oder jemand anderes?
Zwei Personen, denen bisher niemand eine Zusammenarbeit mit der Polizei vorgeworfen hatte, waren Matrix 001 und JiLsi. Letzterer war bisher nur hin und wieder (und nicht ohne Grund) der Inkompetenz beschuldigt worden. Aber Arbeit für die Polizei? Niemals. Iceman kannte durch seine Hackerangriffe schon lange JiLsis Passwort. Aber das wusste anscheinend niemand. Es gab den Verdacht, ein Dritter habe einen Trojaner auf JiLsis geliebten Speicherstick eingeschleust und überwache jetzt jeden seiner Tastaturanschläge, um sich so mit den innersten Geheimnissen von DarkMarket vertraut zu machen. Oder vielleicht war JiLsi auch nicht der, der er zu sein vorgab … stand er vielleicht in irgendeiner Verbindung zu Pembrooke Associates, dem geheimnisvollen Unternehmen von 2000 Technology Drive?
Wenige Tage vor Weihnachten 2006 loggte sich JiLsi wie gewöhnlich bei DarkMarket ein, um den Traffic zu überwachen. Er war noch nicht lange online, da loggte er sich wieder aus, um sich um seine Angelegenheiten im realen Leben zu kümmern. Nachmittags war er wieder da. » Username: JiLsi« , tippte er ein. » Password: MSR 206 «. Im Handumdrehen gab der Rechner zurück: » Incorrect Username or Password «. Ganz automatisch versuchte JiLsi es noch einmal, denn er nahm an, er habe einen Tippfehler gemacht. Das Ergebnis war das Gleiche. Er versuchte es immer wieder.
Es gab keinen Zweifel: JiLsi, der geistige Vater und Hauptadministrator von DarkMarket, war von seiner eigenen Site ausgesperrt. Panisch versuchte er, sich bei www.mazafaka.ru einzuloggen. Keine Chance. The Vouched, eine weitere seiner Websites: kein Einlass.
Es dauerte nicht lange, dann setzten die Entzugserscheinungen ein. Einen solchen schmerzhaften Absturz hatte JiLsi noch nie erlebt. Man hatte ihm sein ganzes Leben weggenommen – oder zumindest das Einzige, was ihm wirklich etwas bedeutete. Er war wütend, verletzt und verärgert. Wer hatte das getan, und warum? Seine Reaktion bestand darin, dass er sich der betäubenden Wirkung von Cognac hingab, gefolgt von einer Pfeife voller Crack. Einen Abend und eine Nacht lang ließen die Schmerzen nach, aber als er am nächsten Morgen aufwachte, fühlte er sich noch elender als zuvor.
Schließlich gelang es JiLsi, per ICQ Kontakt mit Cha 0 herzustellen. Der Chat wühlte ihn noch mehr auf. »Wir wissen, dass du für Scotland Yard und die High Tech Crime Unit gearbeitet hast«, erklärte ihm Cha 0 . »Deine Entscheidung, Iceman zu verpfeifen, war der letzte Beweis. Wir wissen, dass du mit der Polizei zusammenarbeitest. Du bist von allen Sites ausgeschlossen.«
JiLsi war sprachlos. Alles, wofür er gearbeitet hatte, war von einem Augenblick zum nächsten verschwunden, und jetzt war er der Sündenbock. Was nun? Wohin? Verzweiflung und Verbannung, JiLsi, Verzweiflung und Verbannung.
Teil V
21 Drons Vermächtnis
Calgary, Alberta, 2006
Seit der Frühzeit, als Dron auf Shadowcrew Werbung gemacht hatte, war seine Arbeit stets sehr freundlich beurteilt worden. »Ich habe gestern Nachmittag Drons
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