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Cyberspace

Cyberspace

Titel: Cyberspace Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: William Gibson
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Logik des Traums, die nichts von Umweltverschmutzung ahnte, von
    den endlichen Vorräten fossiler Brennstoffe oder vom verlierbaren exportierten Krieg. Sie waren geschniegelt und gebügelt, glücklich und zufrieden mit sich und ihrer Welt. Und im Traum war's LKUH Welt.
    Hinter mir die erleuchtete Stadt: Suchscheinwerfer tasteten aus Spaß an der Freude den Himmel ab. Ich stellte mir vor, wie sie die Plazas aus weißem Marmor bevölkerten, geordnet und
    aufmerksam, in den strahlenden Augen die Begeisterung für die lichtdurchfluteten Straßen und die Silberwagen.
    Es haftete dem die ungute Fruchtbarkeit von Hitlerjugendpropaganda an.
    Ich legte den Gang ein und fuhr langsam an, bis sie kein Meter mehr von meiner Stoßstange trennte. Sie hatten mich noch immer nicht bemerkt. Ich kurbelte die Scheibe runter und hörte dem Mann zu. Seine Worte waren klangvoll und hohl wie die Anpreisungen in einer
    Handelskammerbroschüre, und ich wußte, daß er total an sie glaubte.
    »John«, hörte ich die Frau sagen, »wir haben vergessen, unsre Eßpille zu nehmen.« Sie zog zwei helle Waffeln aus einem Ding an ihrem Gürtel und reichte ihm eine. Ich bog auf die Fahrbahn ein und machte mich achselzuckend und kopfschüttelnd auf den Weg nach Los Angeles.
    Ich rief Kihn von einer Tankstelle an, einer neuen in schlechter Spanischer Moderne. Er war von seinem Ausflug zurück, und es schien ihn mein Anruf nicht zu stören.
    »Tja, ganz schön verrückt. Hast du versucht, Fotos zu machen? Sie werden zwar nie was, aber es erhöht den Reiz der Geschichte, wenn die Bilder-Negative leer bleiben ...«
    Aber was sollte ich tun?
    »Sieh viel fern, vor allem Spielshows und rührselige Filme. Geh ins Pornokino! Schon mal 1D]L
    /RYH 0RWHO gesehn? Gibt's auf Kabel hier. Echt schlimm. Genau das, was du brauchst.«
    Wovon redete er überhaupt?
    »Schluß mit dem Schimpfen. Hör mir zu! Ich verrate dir ein Berufsgeheimnis: Mit wüstem
    Medienkonsum kannst du den semiotischen Spuk austreiben. Wenn's mir das Untertassen-Volk
    vom Leib hält, dann dir auch die >Art Deco<-Zukünftler. Probier's! Was hast du schon zu verlieren?«
    Dann entschuldigte er sich, da er zeitig am Morgen ein Interview mit den Erwählten habe.
    »Mit wem?«
    »Diesen Senioren von Vegas; die mit der Mikrowelle.«
    Ich überlegte, ob ich ein R-Gespräch nach London anmelden und Cohen bei Barris-Watford
    anrufen sollte, um ihm mitzuteilen, sein Fotograf reise zu einem längeren Aufenthalt in die Dämmerungszone*. Schließlich ließ ich mir von einer Maschine eine wirklich unmögliche Tasse schwarzen Kaffee brauen und kletterte wieder in den Toyota für die Tour nach Los Angeles.
    Los Angeles war eine schlechte Idee, und ich blieb zwei Wochen dort. Es war bestes DownesLand; zu viel vom Traum war da zu sehen, zu viele Fragmente des Traums, die mich zu
    umstricken versuchten. Ich hätte beinahe den Wagen schrottreif gefahren an einer Überführung in Disneyland-Nähe, als die Straße sich wie in einem Origami-Trick auffächerte, so daß ich durch ein Dutzend schmaler Fahrbahnen kurvte, auf denen Chromgebilde in Tränenform mit Haiflossen umherdü-sten. Noch schlimmer, Hollywood war voller Leute, die an das Paar erinnerten, das ich in Arizona gesehen hatte. Ich heuerte einen italienischen Regisseur an, der sich damit über Wasser hielt, daß er Dunkelkammerarbeiten erledigte und Markisen an Swimmingpools
    installierte, bis er den großen Fisch gelandet hätte; er machte die Abzüge von den Negativen, die ich für den Downes-Job belichtet hatte. Ich wollte das Zeug gar nicht selber sehen. Leonardo schien's freilich nichts auszumachen, und als er fertig war, checkte ich die Abzüge, die ich wie ein Kartenspiel durchblätterte, steckte sie in ein Kuvert und schickte sie per Luftpost nach London. Dann nahm ich ein Taxi zu dem Kino, wo 1D]L /RYH 0RWHO gezeigt wurde, und ließ
    unterwegs die Augen zu.
    Cohens Glückwunschtelegramm wurde mir eine Woche später nach San Francisco weitergeleitet.
    Dialta sei begeistert von den Aufnahmen. Er bewundere, wie total ich »eingestiegen« sei und würde gern wieder mit mir zusammenarbeiten. An jenem Nachmittag bemerkte ich ein
    Flügelding über der Castro Street, das allerdings recht dünn wirkte, als wäre es nur halb da. Ich eilte zum nächsten Kiosk und nahm alles mit, was ich über die Ölkrise und die Gefahren der Kernenergie
    * 7ZLOLJKW =RQH berühmtes amerikanisches Magazin für Horror-und SF-Stories in den achtziger Jahren.
    aufstöbern konnte.

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