Cyberspace
sagen
lassen, Mitsubishi hat's dem Weinberg gemacht, bevor sein Immunsystem endgültig hinüber war.
Er war Vorsitzender ihres Hybridationslabors in Okajama. Nun, sie haben noch recht hübsche Monoklonalbestände, so daß es durchaus stimmen mag. Und Langlais, der Franzose, der
Romanschreiber ...« Er zuckt die Achseln. »Lise hatte nicht das Geld dafür. Hätt's nicht mal jetzt gehabt. Aber sie ist zur richtigen Zeit an die richtige Stelle geraten. Sie war kurz vor’m Abkratzen, war in Hollywood, und was .LQJV bringen würde, war bereits vorhersehbar. «
An dem Tag, an dem wir fertig wurden, marschierte die Band vom JAL-Shuttle aus London, vier schmächtige Kids, die wie eine satt geschmierte Maschine funktionierten und ein
hypertrophisches Modebewußtsein und totale Affektlosigkeit an den Tag legten. Ich ließ sie bei Pilot in einer Reihe Platz nehmen auf identischen, weißen Ikea-Bürostühlen, klatschte ihnen salinische Paste auf die Schläfen, klebte die E-troden dran und ließ die Rohfassung, aus der einmal .LQJV RI 6OHHS werden sollte, ablaufen. Als ich sie wieder rausholte, fingen sie alle gleichzeitig zu reden an und beachteten mich gar nicht mehr. Sie redeten in der britischen Version der Geheimsprache, die alle Studiomusiker beherrschen, indem vier Paare blasser Hände hektisch durch die Luft schwirrten.
Ich bekam genug davon mit, um zu verstehen, daß sie begeistert waren. Daß es ihnen gefallen hatte. Also schnappte ich mir meine Jacke und ging. Die Paste durften sie sich selber abwischen, danke.
Und in dieser Nacht sah ich durch Zufall Lise zum letzten Mal.
Wir gehn zum Markt runter, Rubin verdaut geräuschvoll sein Essen, rote Hecklichter spiegeln sich auf dem nassen Pflaster. Die Stadt hinter dem Markt ist eine blanke Lichtskulptur, eine Lüge, wo die Gebrochenen und Verlorenen im *RPL wühlen, der an den Fundamenten der
gläsernen Türme wie Humus wuchert ...
»Muß morgen nach Frankfurt, hab'n Objekt zu installieren. Wülste mit? Ich könnte dich als Techniker absetzen.« Achselzuckend verkriecht er sich tiefer in seine Jacke. »Kann dich nicht bezahlen, aber der Flug würde dich nichts kosten, wenn du möchtest...«
Komisches Angebot - von Rubin. Ich weiß, der Grund dafür ist, daß er sich wegen mir Sorgen macht, daß er meint, ich verhalte mich allzu eigenartig wegen Lise, und daß ihm nichts andres einfällt, um mich raus aus der Stadt zu kriegen.
»In Frankfurt ist's kälter als hier.«
»Etwas Abwechslung würde dir vielleicht gut tun, Casey. Ich weiß es nicht ...«
»Danke, aber Max hat 'ne Menge Arbeit auf Lager. Pilot ist jetzt groß raus, von überall her kommen die Leute angeflogen ...«
»Klar.«
Als ich von der Band bei Pilot davonmarschierte, ging ich heim. Spazierte zur Fourth hoch und fuhr mit dem Bus nach Hause, vorbei an den Schaufenstern, die ich jeden Tag sehe, die alle poppig und schick beleuchtet sind: Kleidung und Schuhe und Software, japanische Motorräder wie zusammengekauerte, makellose Emailskorpione, italienische Möbel. Die Auslagen verändern sich mit den Jahreszeiten, die Shops kommen und gehen. Wir waren gerade in der
Vorurlaubssaison, und es waren mehr Leute auf der Straße, viele Paare, die gehetzt und
zielstrebig die leuchtenden Auslagen passierten, um das ideale Mitbringsel für wen auch immer zu kriegen. Die Hälfte der Frauen trug diese gepolsterten, kniehohen Nylonboots, die im letzten Winter in New York aufgekommen waren und mit denen sie aussahen, als hätten sie Elefantiasis, wie Rubin sagte. Ich grinste bei dem Gedanken, und plötzlich wurde mir klar, daß es wirklich vorbei war, daß ich mit Lise fertig war, die mittlerweile so unerbittlich aufgesaugt worden wäre von Hollywood, als hätte sie die Zehenspitze in ein Schwarzes Loch gesteckt, angezogen vom unwahrscheinlichen Sog des großen Gelds. Weil ich davon ausging, daß sie inzwischen hinüber war, wirklich hinüber war, gab ich meine Abwehrhaltung auf und empfand einen Anflug von
Bedauern. Aber nur einen Anflug, denn ich wollte mir den Abend durch nichts verderben lassen.
Ich wollte feiern. War schon 'ne Weile her.
Ich stieg an meiner Ecke aus, und der Aufzug funktionierte auf Anhieb. Gutes Zeichen, sagte ich mir. Droben zog ich mich aus und ging unter die Dusche, holte ein frisches Hemd heraus und steckte Burritos in den Mikrowellenherd. Fühl dich ganz normal, riet ich meinem Spiegelbild beim Rasieren. Du hast zu hart gearbeitet. Deine Kreditkarten sind fett geworden. Wird
Weitere Kostenlose Bücher