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Cyboria - Die geheime Stadt

Cyboria - Die geheime Stadt

Titel: Cyboria - Die geheime Stadt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P. D. Baccalario
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glaube, ich habe es gefunden!«
    Sie legte einige völlig verstaubte Langspielplatten in die Ecke, die sie in einer verrosteten Kiste gefunden hatte, und ging zu ihrem Neffen hinüber. Gemeinsam stellten sie die schweren Kristallleuchter zur Seite und räumten die Truhe frei.
    »Genau das ist er …«, bestätigte Medea, als sie den Schrankkoffer sah.
    Sie ließ das Schloss aufschnappen, machte den Koffer auf und nahm zwei Porzellanpuppen heraus, deren große Augen sich öffneten oder schlossen, je nach Position des Kopfes. Otto fand das ziemlich kitschig, aber Medea strahlte sie an wie zwei Freundinnen, die sie nach langem Suchen endlich gefunden hatte.
    »Mein Vater muss sie hier verstaut haben, als ich im Ausland gewesen bin …«, vertraute sie dem Jungen an.
    Widerstrebend legte sie die Puppen zur Seite und wühlte weiter im Koffer herum: Alte Bücher kamen zum Vorschein, Schulhefte, mit Schnüren zusammengebundene Kinderzeichnungen, verknitterte Kleider, ein Umschlag mit alten Polaroid-Fotos, die sie längst verloren geglaubt hatte, und ganz unten, in einem Tagebuch mit Blümcheneinband: ein Bündel Briefe.
    »Wenn ich mich recht erinnere, müssten sie es sein …«, stellte Medea zufrieden fest. Sie setzte sich im Schneidersitz auf den Stoffstapel, dabei ließ sie für Otto ein Eckchen frei. Sie nahm die Briefe und reichte ihm das Tagebuch. »Lies du das …« Als sie das verblüffte Gesicht ihres Neffen sah, fügte sie hinzu: »Mach dir keine Sorgen, Oma Armilla hat in sittenstrengen Zeiten gelebt; sie hat mit Sicherheit nichts aufgeschrieben, das dich schockieren könnte.«
    Otto war nicht ganz so überzeugt; widerstrebend klappte er das Tagebuch auf und begann zu lesen, während seine Tante versuchte, die Poststempel auf den Briefmarken der einzelnen Briefe zu entziffern. Frauen, Soldaten, Flugzeuge und das Bild von Vittorio Emanuele II . Nachdem sie auch die Absender überprüft hatte, musste sie zu ihrem Bedauern feststellen, dass die an Armilla gerichteten Briefe von ganz unterschiedlichen Personen stammten, allerdings keiner von Atamante.
    »Hier ist nichts Interessantes dabei«, verkündete sie, »und bei dir?«
    »Vielleicht habe ich was …«, sagte Otto nachdenklich, ohne den Blick von Armillas eleganter Handschrift zu lösen. »Hör mal!«
Atamante wirkt abwesend. Er scheint durch irgendetwas beunruhigt zu sein, das er mir aber nicht anvertrauen will. Natürlich bringt der Krieg unser Leben durcheinander. Aber ich glaube nicht, dass es der Krieg ist, der ihn quält. Es ist vielmehr seine geplante Reise nach Amerika. Ich verstehe ihn gut, ich wäre auch hin- und hergerissen, Italien gerade jetzt zu verlassen, und wer weiß für wie lange. Warum zögert er? Nach Amerika aufzubrechen heißt schließlich, nicht an die Front zu müssen. Es ist die Belohnung für seine Genialität und all seine Mühen. Amerika! Wenn ich nur mit ihm kommen könnte!
    »Spannend … lies weiter.«
    Otto ließ den Blick einige Zeilen weiter nach unten wandern. Die geschwungene Schrift zu lesen, war anstrengend für seine Augen.
Heute konnte ich gar nicht mit ihm sprechen, er hat mich wie eine Fremde behandelt. Wie ein Besessener liest er die Tageszeitung, Zeile für Zeile, und stellt seltsame Fragen. Er hat mich inständig um Unterstützung gebeten bei der Suche nach Informationen über einen französischen Architekten namens Arnauld D`Urò. Das sei ein Futurist, hat Atamante mir erklärt. Als ich zugab, diesen Namen noch nie zuvor gehört zu haben, war er verärgert und meinte, man müsste alles über die Futuristen wissen. Ich war zutiefst verunsichert. Was wollen die Futuristen eigentlich genau sein? Provokateure, Revolutionäre oder Visionäre? Schriftsteller? Maler? Was auch immer sie sein wollen, ich interessiere mich nicht für sie. Genau, wie ich mich auch nicht für den Krieg interessiere, der trotzdem immer näher kommt.
Das Einzige, was mich interessiert, ist die Tatsache, dass sich Atamante immer weiter von mir entfernt, je näher die Reise rückt.
    Gemeinsam lasen sie die nächsten Seiten, bis ein Absatz ihre besondere Aufmerksamkeit erregte.
Ich kann es immer noch nicht glauben: Atamante fährt morgen doch nicht. Er sagte, er habe heute Abend entschieden, sich nicht mit den anderen acht Studenten einzuschiffen, die Professor Zisch ausgesucht hat. Ich habe versucht, ihn davon zu überzeugen, dass das ein Fehler ist, dass er unbedingt reisen muss, aber er ließ sich nicht umstimmen. Er wird nicht nach Neapel

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