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Cyboria - Die geheime Stadt

Cyboria - Die geheime Stadt

Titel: Cyboria - Die geheime Stadt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P. D. Baccalario
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gesehen.
    Betrunkene, Liebende, Träumer. Astronomen und verlassene Männer. Nachtschaffner, Polizisten und Tänzerinnen, die nach der Vorstellung nach Hause gingen.
    Das Haus war vor ihren ungläubigen Augen über die Dächer von Paris gewandert. Auch wenn es längst wieder verschwunden war: In ihre Fantasie hatte es sich eingebrannt. Wie etwas, das man als Kind sieht und dann, wenn man erwachsen wird, nicht mehr sehen kann.
    Das Haus durchquerte die ganze Innenstadt und gelangte schließlich in die Vorstädte, wo vor siebzig Jahren wahrscheinlich noch Äcker und Wiesen gewesen waren. Es wanderte von Straße zu Straße, hob und senkte sich mit vorsichtigen Schritten, als wäre es ein ferngesteuerter Spielzeugroboter.
    Es dauerte etwa zehn Minuten, bis es vor einem Gebäude im Norden der Stadt anhielt. Dort ging das Ungetüm in die Knie, die Eisenbeine wurden eingefahren, es knirschte und ruckelte, dann stand das Haus. Als wäre es das Normalste der Welt.
    Ein leichter Wind kam auf.
    Das war also der Punkt ZANG .
    Ein verlassenes Lagerhaus.
    Innen beugte sich Otto über Galenos reglosen Körper, der auf dem Teppich lag, und begutachtete mithilfe einer blau leuchtenden Taschenlampe die Zahnräder des Robotergetriebes und die Messinstrumente für die elektrische Spannung.
    Medea und Jago standen hinter ihm, wie Krankenschwestern im Operationssaal. Oder wie Leibwächter.
    Otto war ruhig, hochkonzentriert und entschlossen. Er führte eine lückenlose Analyse des Innenlebens des Roboters durch, kein Kabel, kein Rädchen und keine Feder entging seiner Aufmerksamkeit. Dann legte er die Taschenlampe zur Seite und sagte: »Das könnte klappen.«
    Er steckte die Lumen-Batterie, die er aus dem Keller mitgenommen hatte, in den labyrinthartigen Mechanismus, positionierte sie an dem von ihm ausgewählten Ort und schloss sie an. Klammern und Zwingen schnappten klappernd zu und gaben ihm das Gefühl, auf der richtigen Spur zu sein.
    »Fehlt nur noch eins …«, murmelte er und fixierte das Roboterinnere, »ich müsste wissen, ob ich die richtige Batterie genommen habe oder nicht.«
    Klack.
    Sobald der Stromkreis geschlossen war, wurde die Batterie aktiviert und leuchtete blau auf. Ein krampfartiges Zucken lief durch Galenos Körper, wie bei einem Erstickungsanfall.
    Otto wich entsetzt zurück und flüchtete sich in die Arme seiner Tante. Das bläuliche Licht verschwand so plötzlich, wie es aufgetaucht war. Wieder krümmte sich Galenos Körper zusammen, der Rücken war verkrampft, die Arme aneinandergepresst, das Gesicht wie versteinert, die Glasaugen nach hinten verdreht.
    »Vielleicht habe ich etwas falsch gemacht«, murmelte Otto, während die Zeit schleppend langsam verstrich.
    »Oder dieses Monster hat ihn tatsächlich …«, sagte Medea, führte ihren Satz aber nicht zu Ende. Es gab nicht die richtigen Worte, um das auszudrücken. »Getötet« war nicht ganz richtig, aber »kaputtgemacht« wollte sie auch nicht sagen.
    Otto befreite sich aus der Umarmung und starrte auf Galeno, der nach wie vor reglos auf dem Boden lag. Die Lippen des Jungen zitterten, am liebsten hätte er geweint.
    Eine Hand legte sich ihm auf die Schulter, eine von einem Handtuch umwickelte Hand.
    »Du hast alles getan«, tröstete ihn Jago. »Aber jetzt müssen wir von hier weg.«
    »Um wohin zu gehen?«
    Draußen waren nur Schatten zu sehen. Paris war weit weg. Weit und breit nichts als das verlassene Lagerhaus.
    Was sollten sie tun?
    »Jago hat recht. Wir müssen weitermachen …«, sagte Medea, »auch ohne unseren Führer. Wir müssen es tun … für ihn.«
    »Er wollte doch nur zurück nach Hause«, flüsterte Otto. Die Bedeutung dieser Worte traf ihn wie ein Hammerschlag.
    Er wandte sich um. Er sah Medea an. Dann Jago.
    »Vielleicht habe ich den gleichen Wunsch. Ich möchte zurück nach Hause.«
    Ein Klicken.
    Ein Summen.
    Otto lief es kalt den Rücken herunter.
    Ein leichtes Quietschen.
    OH !
    Otto drehte sich nicht um.
    Er verfolgte die Szene in den Augen Medeas und Jagos, als würde er in einen Spiegel sehen. Wie es Perseus getan hatte, bevor er Medusa enthauptete.
    Erst hob Galeno den einen Arm, dann den anderen. Er reckte den Hals und dehnte den Brustkorb. Mit einem Ächzen quälte er sich hoch. Dann rollte er die Glasaugen und ließ sie von links nach rechts und wieder zurück wandern.
    »Hat jemand …«, schnarrte seine Stimme ganz ruhig und gelassen, als wäre nichts geschehen, »meinen Hut gesehen?«
    Die Lumen-Batterie in seiner Brust

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