Cyclop
sich unbehaglich zu fühlen. Er wußte, daß es sich nur um eine wirklich kritische Situation handeln konnte, wenn der ranghöchste sowjetische Militärvertreter im Lande um halb vier Uhr morgens hier auftauchte. Und er wußte nicht, wie er sich verhalten sollte.
»Ich bedaure, Senor, aber Fidel hinterließ strikte Order, daß er auf keinen Fall und von niemandem gestört werden will.«
»Ich respektiere Präsident Castros Wünsche natürlich. Allerdings habe ich nicht mit ihm selbst, sondern mit Raul zu reden. Sagen Sie ihm bitte, daß ich ihn in einer Angelegenheit von äußerster Dringlichkeit sprechen muß, die nur unter vier Augen erörtert werden kann.«
Fernandez überlegte seine Antwort einen Augenblick lang und nickte dann. »Ich rufe im Jagdhaus oben an und sage dem Adjutanten, daß Sie auf dem Weg sind.«
»Danke.«
Fernandez winkte einem unsichtbaren Mann im Wachhaus zu, der das Einfahrtstor elektronisch öffnete. Die Limousine fuhr die etwa zwei Meilen lange kurvige Strecke bis zum Jagdhaus hinauf und hielt direkt vor dem Eingang. Es war eine große Villa im spanischen Stil, von der aus man das gesamte Panorama der umliegenden Berge samt den Lichtern der Stadt in der Ferne vor sich hatte.
Die Stiefel des Fahrers knirschten auf dem Kies, als er ausstieg und auf die andere Seite ging.
Er hielt jedoch die Tür nicht auf, sondern blieb fast fünf Minuten neben ihr stehen und beobachtete gelassen die patrouillierenden Wachen. Endlich kam Raul Castros persönlicher Stabschef gähnend aus der Tür.
»Oh, Generaloberst, welch ein unerwartetes Vergnügen«, sagte er ohne Enthusiasmus. »Bitte kommen Sie herein. Raul wird sofort unten sein.«
Ohne jede Antwort zwängte sich der sowjetische Offizier aus dem Fond seines Wagens und folgte dem Adjutanten über den großen Vorhof in die Halle des Hauses. Er hielt sich ein Taschentuch vor das Gesicht und schneuzte sich. Sein Fahrer folgte ihm mit einigen Schritten Abstand. Castros Adjutant blieb zurück und deutete in den Trophäensaal. »Bitte, machen Sie es sich bequem. Ich lasse Kaffee kommen.«
Alleingelassen, blieben die beiden Ankömmlinge mit dem Rücken zur offenen Tür stehen und sahen starr auf die ganzen Legionen präparierter Keilerköpfe und Vögel an den Wänden ringsum.
Kurz danach erschien Raul Castro in Pyjama und einem seidenen Morgenmantel. Er blieb abrupt stehen, als seine Gäste sich umwandten und ihn anblickten. Überrascht und verblüfft zogen sich seine Brauen zusammen. »Wer, zum Teufel, sind Sie?«
»Mein Name ist Ira Hagen. Ich habe Ihnen eine sehr wichtige Botschaft des Präsidenten der Vereinigten Staaten zu überbringen.« Er nickte seinem Fahrer zu, der seine Mütze abnahm.
Langes Haar bis zu den Schultern fiel darunter herab. »Darf ich Sie mit Mrs. Jessie LeBaron bekannt machen. Sie hat sich großen Mühen unterzogen, um die person-liehe Antwort des Präsidenten an Ihren Bruder in der Sache des von ihm vorgeschlagenen Freundschaftspaktes zwischen den USA und Kuba zu überbringen.«
Einige Sekunden lang herrschte eine so totale Stille im Raum, daß Hagen sich des Tickens der Standuhr bewußt wurde, die an der gegenüberliegenden Wand stand. Die Blicke von Rauls dunklen Augen schössen zwischen ihm und Jessie hin und her und ruhten dann auf Iras Gesicht.
»Jessie LeBaron ist tot«, verkündete er ruhig, aber noch immer erstaunt.
»Nein, ich habe den Zeppelinabsturz und die Folter von General Velikow überlebt«, sagte Jessie LeBaron sehr bestimmt. »Wir haben dokumentierte Beweise bei uns, daß er Ihre und Fidels Ermordung für morgen während der Feierlichkeiten zum Erziehungstag plant.«
Die Direktheit dieser Eröffnung verfehlte ihre Wirkung auf Raul nicht.
Er zögerte nachdenklich. Dann nickte er. »Gut. Ich werde Fidel wecken und ihn bitten, sich anzuhören, was Sie mitzuteilen haben.«
Velikow sah zu, wie ein Aktenschrank aus seinem Büro auf einen Handkarren und in den Aufzug verladen wurde, der ihn nach unten in den feuersicheren Keller der sowjetischen Botschaft brachte. Ein KGB-Offizier kam in den unordentlichen Raum, wischte einige Papiere von einem Stuhl und setzte sich.
»Ein Jammer, das alles zu verbrennen«, seufzte er müde.
»Aus der Asche wird eine neues und schöneres Haus erstehen«, antwortete Velikow mit maliziösem Lächeln. »Als Geschenk einer dankbaren kubanischen Regierung.«
Das Telefon summte. Velikow nahm es sofort ab. »Ja?«
Es war die Stimme seines Sekretärs. »Major Borschew will
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