Cyclop
zu Kuba wieder zu festigen und das Revolutionsfieber in ganz Mittel- und Südamerika wieder etwas zu dämpfen, nicht ungenutzt verstreichen lassen.«
»Ob eigentlich Castro sich jemals mit Simon Bolivar befaßt hat?« fragte der Präsident, ohne jemanden Bestimmten damit anzusprechen.
»Der große Befreier Südamerikas ist sogar eines seiner Idole«, sagte Brogan. »Warum fragen Sie, Sir?«
»Na, dann hat er jetzt doch vielleicht einen von Bolivars berühmten Aussprüchen begriffen.«
»Welchen meinen Sie, Mr. Präsident?«
Der Präsident sah von einem zum anderen um den ganzen Konferenztisch herum, bevor er antwortete. »Wer einer Revolution dient, pflügt nur das Meer.«
76
Allmählich nur legte sich die Verwirrung, und mit zunehmender Erholung der Bevölkerung Havannas von dem Schock begannen auch die Hilfsmaßnahmen. Die für Hurrikan-Katastrophen üblichen und vorgesehenen Aktionen wurden in Gang gesetzt. Armee und Miliz arbeiteten sich zusammen mit Sanitätseinheiten durch den Schutt und suchten nach Überlebenden, die von Ambulanzwagen, und nach Toten, die auf Trucks weggefahren wurden.
Das Kloster Santa Clara, das schon 1643 gegründet worden war, wurde als Notlazarett eingerichtet und war im Handumdrehen überfüllt. Auch die Säle und Gänge des Universitätshospitals waren rasch voll. Im eleganten alten Präsidentenpalast, der seit Castros Machtergreifung Revolutionsmuseum war, wurden zunächst die Todesopfer untergebracht.
Durch alle Straßen wanderten Verwundete mit schmerzverzerrten Gesichtern oder Verzweifelte, die nach Angehörigen suchten. Zahlreiche Menschen, die während der Katastrophe aus ihren Häusern und Wohnungen geflohen waren, kehrten zurück. Andere, die kein Zuhause mehr hatten, irrten durch die Straßen, stolperten über Leichen und schleppten ihre Habe, die sie in der Eile hatten zusammenraffen und retten können.Sämtliche Feuerwehren von hundert Meilen im Umkreis kamen nach Havanna, um sich an den Löscharbeiten im gesamten Hafengebiet zu beteiligen. Noch ein Chlorgastank explodierte und verpestete die ohnehin schlechte Luft noch mehr. Zweimal mußten die Feuerwehrleute die Flucht ergreifen, als der Wind drehte und ihnen die Flammenhitze direkt in die Gesichter trieb.
Noch während die Hilfsaktionen anliefen, setzte Fidel Castro seine erste Säuberungswelle unter illoyalen Regierungsbeamten und Armeeoffizieren in Gang. Raul Castro persönlich leitete die Aktion. Von Velikow und dem KGB über
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informiert, hatten die meisten Verräter die Stadt verlassen und wurden jetzt einer nach dem anderen gesucht und festgenommen. Alle waren sie höchst erstaunt darüber, daß die Castro-Brüder am Leben waren. Zu Hunderten transportierte man die Gefangenen unter schwerster Bewachung in ein Gefängnis in den Bergen, und von keinem sah und hörte man je wieder etwas.
Um zwei Uhr nachmittags landete das erste amerikanische Transportflugzeug auf dem internationalen Flughafen von Havanna. Und dann setzte ein kaum endender kontinuierlicher Strom von Versorgungsflugzeugen ein. Fidel Castro war persönlich zur Stelle, um die freiwilligen Ärzte und Krankenschwestern zu begrüßen. Er kümmerte sich auch selbst darum, daß die kubanischen Hilfskommandos bereitstanden, um die Versorgungslieferungen entgegenzunehmen und mit den ankommenden amerikanischen Hilfsmannschaften zusammenarbeiteten.
Am frühen Abend tauchten am immer noch rauchschwarzen Horizont auch die ersten Küstenwachboote und Feuerwehrschiffe aus Miami auf. Aus Texas kamen Bulldozer, schweres Gerät und Ölfeuerexperten, die sich ohne Verzögerung an die Arbeit machten und das Flammenmeer im Hafen bekämpften.
Alle politischen Differenzen der Vergangenheit zwischen den Vereinigten Staaten und Kuba schienen vergessen oder jedenfalls nicht aktuell zu sein, und beide Regierungen schienen die Gelegenheit zu enger und vertrauensvoller Zusammenarbeit bereitwillig beim Schöpf zu packen. Die Bekämpfung der Katastrophe und die Linderung ihrer Folgen hatten überall Vorrang.
Admiral Sandecker und AI Giordino stiegen am späten Nachmittag aus einem NUMA-Jet. Sie ließen sich von einem mit Bettlaken und Feldbetten beladenen Truck bis direkt zum Verteidigungsdepot mitnehmen, wo Giordino sich einen verlassenen herumstehenden Fiat »auslieh« und mit Kurzschluß
startete.
Der scheinbare Sonnenuntergang, der in Wirklichkeit jedoch von den Flammen über Havanna herrührte, rötete ihre Gesichter, als sie ungläubig auf die
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