Cynster 07 - Nur mit deinen Kuessen
und sie von allen Verpflichtungen, die die gehobene Gesellschaft an sie stellte, fern zu halten.
Francesca hatte diese Einschränkung ohne irgendwelche Einwände zu erheben akzeptiert. Schließlich war sie Charles nicht nur zu großem Dank verpflichtet, sie hatte ihn darüber hinaus auch noch sehr lieb gewonnen und würde nie irgendetwas tun, was ihm Kummer bereiten würde. Charles’ Schwägerin Ester, die ältere Schwester von Frannis verstorbener Mutter, war ihr ebenfalls ans Herz gewachsen. Ester wohnte bereits seit vielen Jahren in Rawlings Hall und half mit, Franni großzuziehen. Auch Ester verdiente Francescas Rücksichtnahme.
Und dann war da Franni, ein süßes Ding, ein wenig einfältig und ziemlich unerfahren. Obwohl sie und Francesca gleichaltrig waren, waren sie vollkommen verschieden und hegten trotzdem eine gewisse, wenn auch etwas distanzierte Sympathie füreinander.
Francesca hatte sich nicht anmerken lassen, dass sie zusehends niedergeschlagener wurde. Die Aussicht, ihr Leben alleine fristen zu müssen, tief im Wald verborgen, nagte an ihr. Rawlings Hall war für sie zu einem Gefängnis geworden.
Daher war Chillingworths Antrag trotz seines Vorwandes wie ein Gottesgeschenk. Eine arrangierte Ehe mit einem wohlhabenden Mitglied des Hochadels würde sie aus ihrer Isolation befreien.
Wollte sie denn wirklich Gräfin Chillingworth werden?
Aber welche junge Lady strebte nicht danach, eine so hochrangige Position innezuhaben, die außerdem noch mit einer Menge Personal, finanzieller Absicherung und obendrein noch mit einem außerordentlich attraktiven Ehemann verbunden war? Um eine Ehe, die die Aussicht bot, dass sich ihre Beziehung noch weiterentwickelte, würden sie alle beneiden.
Das, was der Graf ihr angeboten hatte, lautete jedoch völlig anders.
Er hatte von Anfang an klargestellt, dass er keine wirkliche Beziehung zu seiner Frau wünsche. Seine Auflagen ließen keinen Zweifel daran aufkommen. Und trotz der Stunden, die sie gemeinsam verbracht hatten, trotz des unsichtbaren Bandes, das zwischen ihnen bestand, hatte er keine Andeutung dahingehend gemacht, seinen Antrag neu zu formulieren.
Er war ein heißblütiger Mann voller Leidenschaft, und dennoch war sein Antrag kaltblütig und berechnend gewesen.
Es ergab alles keinen Sinn.
Warum hatte ausgerechnet der Mann, der sie so eng umschlungen im Obstgarten geküsst hatte und an ihrer Seite wild durch den Wald geritten war, ihr einen solch untypischen Antrag gemacht?
Als sie an ihre Begegnung mit ihm dachte, fiel ihr der Moment im Wald ein, als sie hilflos im Ginsterstrauch gelegen und er über ihr gestanden hatte, die blanke Wut in seinen Augen. Sie hatte darauf reagiert, auf die Worte, die seine Wut ausgelöst hatte. Aber was hatte den Mann dazu gebracht, seine Deckung aufzugeben und sein wahres Ich zu zeigen?
Ihr Sturz hatte die Wand, hinter der er seine Gefühle versteckte, zum Einstürzen gebracht. Sie, ihr Körper, ihre Person, selbst ihre Augen konnten seine Leidenschaft entfachen, aber er fühlte sich wohler dabei, sie in Schach zu halten.
Es hatte ihm ganz und gar nicht gefallen, wie sie sich im Wald verhalten hatte. Es hatte ihm auch nicht gefallen, dass sie in ihm verwirrende Gefühle auslöste. Deshalb hatte sich der Ton seiner Stimme verschärft und er wäre beinahe ausgerastet.
Er hatte wütend reagiert, welche Emotionen weckte sie also in ihm? Etwa Furcht?
Das wäre möglich, denn hitzige Worte und heftige Reaktionen waren oft die Folge von großer Fürsorge, von Angst vor Verlust, Sorge um jemanden, der einem lieb war. Ihr Vater hatte oft heftig reagiert, manchmal auf irrationale Art und Weise, wenn er mit den potentiell gefährlichen Launen von Francescas Mutter konfrontiert wurde. Hatte Chillingworth etwa ähnlich reagiert?
Vielleicht, vorausgesetzt, er und sie empfanden die gleiche Art von Leidenschaft füreinander.
Die Aussicht, ihr Schicksal zu finden, all das, was sie vom Leben, von ihrer Ehe benötigte, ließ sie nicht mehr los. Genau das hatte sie sich immer gewünscht, es war ihr Ziel und sie würde es erreichen, das Fundament war vorhanden. Ihre Mutter hatte ihr immer wieder versichert, dass sie spüren würde, wenn der Zeitpunkt gekommen war.
Jetzt wusste sie es. Die Beziehung zwischen ihr und Chillingworth konnte genauso leidenschaftlich sein, wie es die Ehe ihrer Eltern gewesen war, sie waren einander treu ergeben bis zum Tod. Und genau das wollte sie ebenfalls, es war der einzige Preis, mit dem sie
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