Cypherpunks
menschliche Aspekt ist tatsächlich das Wesentliche. WikiLeaks hat Dokumente veröffentlicht, die das ermöglichen, und das Teilen von Informationen ist wichtig, aber es sind auch die Leute, die diese wichtige Information aufgreifen und wirklich aktiv werden, auf die es ankommt. Denn da gibt es immerhin das Argument, dass viele von uns in einer Demokratie leben, dass wir frei sind, und dass jede Regierung zumindest dem Prinzip nach auf allgemeinem Einverständnis beruht. Wenn also jeder versteht, was abläuft, und wir zu dem Schluss kommen, dass wir damit nicht einverstanden sind, dann ist es sehr schwer, einfach so weiterzumachen und diese Gesetze zu verabschieden und das ohne das Einverständnis der Regierten zu tun.
JÉRÉMIE: Es geht darum, den politischen Preis, den diejenigen zahlen müssen, die solche schlechten Entscheidungen treffen, nach oben zu treiben, und wir können das gemeinsam mit einem freien Internet tun, solange wir es in unserer Hand haben.
JACOB: Aber du könntest es auch ohne ein Internet tun, weil wir – historisch gesehen – vor dem Internet freie Gesellschaften hatten, es war nur mit höheren finanziellen Kosten verbunden, es war in mancher Hinsicht schwieriger, und deshalb ist die Peer-to-peer-Bewegung so wichtig. 82
ANDY: Der vierte Punkt ist, wie ich meine, dass die architektonische Dimension dezentralisierter Systeme von wesentlicher Bedeutung ist und ebenfalls in die Hände der Menschen gelegt werden muss, denn jetzt haben wir dieses zentralisierte Cloud-Computing. 83
JULIAN: Facebook ist komplett zentralisiert, Twitter ist komplett zentralisiert, Google ist komplett zentralisiert. Alles in den Vereinigten Staaten; alles kontrollierbar durch diejenigen, die das Gewaltmonopol innehaben, wer immer das gerade sein mag. Genau wie die Zensur, die begann, nachdem WikiLeaks die amerikanischen Botschaftsdepeschen veröffentlicht hatte, als Amazon unsere Webseite von seinen Servern geschmissen hat. 84
ANDY: Und wir haben die ausgelagerten Rechnerdienste des Cloud-Computing, die einen wirtschaftlichen Anreiz für Unternehmen bieten, ihre Daten preisgünstiger in sogenannten internationalen Rechenzentren zu verarbeiten, die von US-Konzernen betrieben werden, was bedeutet, dass die Daten unter die amerikanische Rechtsprechung fallen, ebenso wie die Bezahldienste und so weiter.
JULIAN: In diesem Trend hin zum Cloud-Computing verbirgt sich wiederum eine Tendenz, die sehr beunruhigend ist. Es gibt enorme Server-Zusammenballungen, die alle an einem einzigenOrt stehen, weil es effizienter ist, die Kontrolle der Umgebung zu standardisieren, das Bezahlsystem zu standardisieren. Es ist eine wirtschaftlich günstige Technik, weil es billiger ist, die Server an einem Standort anzuhäufen, statt sie zu verteilen. Ein Großteil der Kommunikation, die sich im Internet abspielt, bis auf das Video-Streaming, findet zwischen Servern statt, wenn du sie also näher zusammenrückst, wird es günstiger. So landen wir bei diesen riesigen Bienenstöcken von miteinander kommunizierenden Servern. Für Google ist es zum Beispiel sinnvoll, seine Server in die Nähe der großen Content-Anbieter zu stellen oder andersherum, weil Google die Seiten für die Suche indexiert. Es gibt also riesige Gebäude ein den USA, die vollständig mit Servern von vielen verschiedenen Unternehmen vollgepackt sind. Dort unterhält die NSA einige ihrer Zugriffspunkte zur Massenüberwachung. Das Internet könnte ohne diese Zentralisierung auskommen, es ist nicht so, dass es technisch unmöglich wäre, es ist schlicht effizienter, alles zu zentralisieren. Im wirtschaftlichen Wettbewerb trägt die zentralisierte Version den Sieg davon.
ANDY: Es ist sehr wichtig, den architektonischen Gesichtspunkt zu verstehen. Zentralisierte Infrastrukturen machen zentralisierte Kontrolle und Machtmissbrauch sehr leicht. Es ist auch so wie die Vernichtung des kleinen Supermarktes um die Ecke durch ein zentralisiertes Einzelhandelskonzept.
JULIAN: Also zugunsten eines internationalen Riesenkonzerns wie Safeway.
ANDY: Ja, genauso, wie es im Einzelhandel gelaufen ist. Es ist sehr wichtig, eine dezentralisierte Infrastruktur zu erhalten. Als ich noch bei ICANN war, der Internet Corporation for Assigned Names and Numbers, die Domainnamen und Adressen im Internet vergibt und reguliert, habe ich etwas von Vince Cerf gelernt, der zumindest einen Teil des TCP/IP erdacht hat, dem grundlegenden Kommunikationsprotokoll des Internets. »Das Gute an Regierungen
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