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Cypherpunks

Cypherpunks

Titel: Cypherpunks Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jérémie Andy; Zimmermann Jacob; Müller-Maguhn Julian; Appelbaum Assange
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schreiben. Eine Schicht tiefer liegt die rohe Ökonomie – worüber es wirtschaftlich lohnend ist, zu schreiben, selbst wenn die wirtschaftlichen Erwägungen aus höheren Schichten der Pyramide scheinbar dagegensprechen. Die nächste Schicht ist dann das Vorurteil der Leser, die nur ein gewisses Maß an Bildung haben und daher auf der einen Seite leicht mit falschen Informationen zu manipulieren sind, denen man auf der anderen Seite aber nicht einmal etwas Differenzierteres vermitteln kann, das wahr ist. Die letzte Schicht ist die Verteilung, das heißt manche Leute haben schlicht keinen Zugang zu Informationen in einer bestimmten Sprache. Das ist also die Zensurpyramide. Was der Guardian mit der Redaktion der amerikanischen Botschaftsberichte macht, gehört in die zweite Schicht.
    Solche Zensurmaßnahmen können nun deshalb abgestritten werden, weil sie entweder im Dunkeln stattfinden, oder weil es keinen ausdrücklichen Befehl gibt, eine bestimmte Behauptung zu zensieren. Journalisten wird nur selten gesagt: »Druckt bloß nichts über diese Geschichte« oder »Druckt nicht diese Tatsache«. Es ist eher so, dass sie verstehen, dass man es von ihnenerwartet, weil sie die Interessen jener verstehen, die sie bei Laune halten oder denen sie näher kommen wollen. Wenn du dich benimmst, klopft man dir auf die Schulter und belohnt dich, tust du es nicht, musst du darauf verzichten. So einfach ist das. Ich bringe gerne das folgende Beispiel: Die offenkundige Zensur fand in der Sowjetunion statt, die Zensur, über die im Westen so viel Propaganda verbreitet wurde – Kerle in Springerstiefeln, die mitten in der Nacht Journalisten die Tür eintreten und sie mitnehmen. Diese hat sich gerade um 180 Grad gedreht. Jetzt nehmen wir Journalisten am helllichten Tag ihr Haus weg, wenn sie die Patronage verlieren und ihre Hypotheken nicht mehr abbezahlen können. Journalisten werden aus ihren Häusern geholt, indem man ihnen ihre Häuser wegnimmt. Westliche Gesellschaften sind darauf spezialisiert, Zensur reinzuwaschen und die Angelegenheiten der Mächtigen so zu strukturieren, dass jeder Rest öffentlicher Rede, die durchdringt, es schwer hat, gegen die wahren Machtbeziehungen einer hochgradig fiskalisierten Gesellschaft anzukommen, weil solche Beziehungen unter Schichten der Komplexität und Geheimhaltung verborgen bleiben.
    ANDY: Jérémie hat Pädo-Nazis erwähnt.
    JACOB: Wir sind wieder bei den Pädo-Nazis.
    JÉRÉMIE: Zwei infokalyptische Reiter in einem.
    ANDY: Der Begriff »Pädo-Nazis« fasst die deutschen oder vielleicht einen Teil der europäischen Zensurargumente ziemlich gut zusammen. Deutschland wollte aufgrund seiner Geschichte keine Hassinhalte im Internet, und wenn du den Leuten erzählst, dass du das Internet wegen den Pädophilen beschränkenwillst, kannst du natürlich alles machen. Es gibt auch ein internes Papier der Europäischen Kommission über Datenspeicherung, in dem argumentiert wird: »Wir sollten mehr über Kinderpornografie sprechen, dann werden die Leute dafür sein.« 119
    JULIAN: Könnt ihr euch dazu ein bisschen auslassen? Dass wir, wenn wir nur eine Sache zensieren, sagen wir Kinderpornografie, damit die Leute daran gehindert werden, sie zu sehen – dass wir zu diesem Zweck sämtliches Tun und Treiben von allen überwachen müssen? Wir müssen diese Infrastruktur bauen. Wir müssen eine Massenüberwachung und ein Zensursystem installieren, um eine einzige Sache zu zensieren.
    ANDY: Der Teufel steckt im Detail. Das sogenannte Vorzensursystem in Deutschland zwingt dich, eine rechtlich verantwortliche Person für alles zu benennen, was du veröffentlichen willst. Wenn du also grob gesagt etwas veröffentlichst, sei es auf einem Blatt Papier oder im Internet, ohne anzugeben, wer dafür rechtlich verantwortlich ist, verletzt du bereits das Gesetz. Das bedeutet, dass du jemandem Verantwortung zuschiebt, und wenn jemand das Gesetz verletzt indem er, sagen wir, Kinderpornografie oder Volksverhetzung verbreitet, könntest du sagen: »O.K., schauen wir mal, wo der Typ wohnt, dann schnappen wir ihn uns und nehmen das Zeug aus dem Netz.«
    JULIAN: Das heißt, wir haben eine Zensur des Herausgebers statt der Leser.
    ANDY: Ja. Und die überwacht spezifische Dinge. Ich wäre vielleicht damit einverstanden, dass nicht alles zu allen Zeiten verfügbar sein muss, denn wenn du dir bestimmte Hassinhalte anschaust, da werden dann manchmal Privatadressen von Leuten veröffentlicht und so weiter, was zu Situationen

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