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Cypherpunks

Cypherpunks

Titel: Cypherpunks Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jérémie Andy; Zimmermann Jacob; Müller-Maguhn Julian; Appelbaum Assange
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nicht wirklich über Zensur besorgt. Ihre Sorge ist, dass es für Internetzensur ja auch eine Überwachung des Internets geben muss. Um zu kontrollieren, was sich jemand ansieht, um zu sehen, ob das erlaubt ist oder verboten, musst du es sehen, und weil du es sehen kannst, kannst du es auch speichern. Das ist es, was den Chinesen solche Angst macht – nicht, dass sie zensiert werden, sondern dass alles, was sie Lesen, ausspioniert und aufgezeichnet wird. Das ist etwas, was die Leute verändert, wenn sie sich dessen bewusst sind. Es verändert ihr Verhalten und schwächt ihre Entschlossenheit, sich über Autoritäten jeglicher Art zu beschweren.
    JACOB: Das ist aber die falsche Antwort auf diese Art der Einflussnahme. Die Drangsalierung, die ich an der Grenze über mich ergehen lassen muss, ist beispielsweise nicht einzigartig, da arabischstämmige Amerikaner seit dem 11. September und vorher schon damit leben mussten. Es ist nur so, dass ich das Privileg, weiße Haut und einen amerikanischen Pass zu haben, nicht ungenutzt lassen möchte, also weigere ich mich, darüber zu schweigen, denn das, was sie tun, ist falsch, und sie missbrauchen die Macht, die sie haben. Wir müssen dafür eintreten, genauso, wie es mutige Leute in China gibt, die dafür eintreten, wie Isaac Mao zum Beispiel. 107 Er hat sich sehr energisch eingesetzt, um diese Art von Zensur wirkungsvoll zu bekämpfen, denn die richtige Antwort ist nicht, einfach dieser Art von Druck nachzugeben, nur weil die Regierung behauptet, sie habe die Fähigkeit dazu.
    JÉRÉMIE: Aber wieder reden wir über Politik, weil das, was du sagst, im Grunde ist, für ihre Rechte einzustehen – nur sollten die Leute verstehen, warum sie das tun sollen, und dann in der Lage sein, sich zu diesem Zweck untereinander zu verständigen. Ich hatte Gelegenheit, mit Leuten aus China zu reden – und ich weiß nicht, ob sie irgendwelche staatlichen Position bekleideten oder eigens ausgewählt worden waren, um rauszugehen und mit mir zu sprechen –, aber wenn ich das Thema Internetzensur zu sprechen gekommen bin, habe ich oft die Antwort gehört: »Na ja, das ist zum Wohl des Volkes. Es gibt Zensur, ja, denn wenn es keine Zensur gäbe, dann gäbe es Extremismus, es gäbeDinge, die wir alle missbilligen, und daher ergreift die Regierung diese Maßnahmen, um sicherzustellen, dass alles in Ordnung ist.«
    JACOB: Das ist das gleiche Argument wie für die systematische, ungenehmigte Organentnahme: Vergeudet bloß nicht all diese Organe!
    JÉRÉMIE: Wenn ihr euch mal die Art und Weise anschaut, wie die chinesische Zensur betrieben wird, ist das aus technischer Sicht eines der fortschrittlichsten Systeme, die es auf der Welt gibt.
    JACOB: Absolut.
    JÉRÉMIE: Und ich habe auf Weibo gehört – das ist das chinesische Äquivalent von Twitter –, dass die Regierung die Fähigkeit hat, einige Hashtags, also Stichworte herauszufiltern, um sicherzustellen, dass sie über eine ausgewählte Provinz nicht hinausgelangen.
    JACOB: Es ist entscheidend, in Erinnerung zu behalten, dass die Leute vom »Anderen« sprechen, wenn sie über Zensur in Asien reden – als ob es nur Menschen jenseits von Kaukasus und Hindukusch betreffen würde. Man muss unbedingt wissen, dass bei Google-Suchen in den USA Resultate ausgelassen werden, um damit, wie es heißt, »rechtlichen Erfordernissen« zu genügen. Da gibt es einen Unterschied zwischen den beiden – sowohl in der Umsetzung wie natürlich in der gesellschaftlichen Realität des Wie, Warum und sogar des Wo –, aber ein großer Teil davon ist tatsächlich die Architektur. Das amerikanische Internet ist zum Beispiel stark dezentralisiert – es wäresehr schwer, dort eine Zensur chinesischen Stils in derselben Weise durchzuführen.
    JULIAN: Gut, aber ein großer Brocken davon ist Google, und Google kannst du zensieren. Es gibt einen Batzen Seiten, die auf WikiLeaks verweisen, die von Google zensiert werden.
    JACOB: Ja, kein Zweifel. Und tatsächlich ist es möglich, eine Differentialanalyse anzustellen, da der Index selbst ja frei ist.
    JULIAN: Ja, theoretisch.
    JACOB: Theoretisch. Und in der Praxis gibt es ein paar Leute, die an der Ermittlung dieser Art von Zensur arbeiten, indem sie sich die Unterschiede aus verschiedenen Perspektiven auf der Welt anschauen. Ich glaube, es ist wichtig, in Erinnerung zu behalten, dass Zensur und Überwachung keine Probleme »anderer Orte« sind – die Leute im Westen ergehen sich gern darüber, wie sehr Iraner, Chinesen

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