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Cyrion

Cyrion

Titel: Cyrion Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanith Lee
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»du mich ohnehin für einen Schurken halst, will ich dich durch mein Leugnen nicht länger zum Idioten machen. Sie hat dich geheiratet, sie wird all deinen Besitz erben, wenn du stirbst. Dein ganzes bezauberndes kleines Vermögen. Also, trink.«
    »Nein -« Cousin zappelte, und das schmutzige Messer kam noch ein bißchen näher.
    »Anscheinend doch«, tröstete ihn Mevary seidig. Cyrion hörte auf sich zu wehren. »Also gut.« Er sank in sich zusammen. »Welchen?«
    »Oh, ganz nach deinem Belieben. Dies ist ein Spiel. Du trinkst aus jedem Becher, der auf dem Tisch steht. Bis du an den vergifteten kommst. Dann wirst du auch daraus trinken.«
    Harmul kicherte aufgeregt. Daß Zimir lächelte, konnte man sogar fühlen.
    Cyrion griff nach irgendeinem Becher. Es war nicht Mevarys
    - zwar fehlte ein Stück vom Rand, aber an einer anderen Stelle. Er hob ihn hoch und warf ihn über die Schulter in Zimirs Gesicht.
    Hinter Cyrion geriet einiges in Bewegung und das drohende Messer war plötzlich verschwunden. Mit einem Satz sprang Cyrion von seinem Stuhl und dem Messer hinterher. Als er dem um sich schlagenden Jungen die Klinge entwand, zog Mevary mit einem verächtlichen Ausruf sein Schwert.
    »Messer gegen Schwert? Du hättest bewaffnet zu Tisch kommen sollen, wie in den guten alten Zeiten, mein Lieber.«
    Er trat zwischen Cyrion und den Tisch, und das Schwert trieb Cyrion zurück.
    »Du wolltest doch nicht sämtliche Becher ausschütten? O nein. So leicht nicht, verehrter Pudding.«
    Schon aus der ersten, spielerischen Bewegung des Schwertes, dem zweiten ernstgemeinten Hieb, war zu ersehen, daß Mevary ein Fechter von hohen Graden war. Cyrion wich zurück und verteidigte sich mehr symbolisch mit dem Messer. Das Schwert stieß ihm entgegen, und er glitt beiseite. Mit einem ängstlichen Schrei brachte Harmul sich in Sicherheit.
    Cyrion hatte den Pavillon verlassen. Mevary beförderte mit Fußtritten Zimir und einen Tisch aus dem Weg und eilte ihm nach.
    Auf dem Dach, unter dem weiten schwarzen Himmel mit dem glitzernden Sternenpublikum und der warmen Luft, die nach dem Mief der Kerze besonders erfrischend war, blieben beide Männer stehen, wie um sich mit der neuen Umgebung vertraut zu machen.
    »Mein Schwert könnte natürlich auch vergiftet sein.«
    Mevarys Klinge zeichnete ein leuchtendes Muster in das Halbdunkel der Terrasse und stieß dann herab wie ein Falke.
    Mit unerwarteter Behändigkeit wich Cousin Roilant dem Angriff aus. Dann warf er sein Messer.
    Es sollte Mevary treffen und hätte es auch getan, wäre der wölfische Cousin nur nicht auch so flink gewesen. Er bewegte sich gedankenschnell, und das Messer flog über das Terrassengeländer in der Nacht hinein. Mevary, der für seinen Cousin viel zu große Geringschätzung empfand, als daß die schwächliche Gegenwehr ihn hätte belustigen können, sprang vor, und sein Schwert sang, als es ihm die Richtung wies.
    Cousin Roilant entkam mit einem wunderschönen Satz nach hinten, aber dafür wurde ihm etwas anderes zum Verhängnis. Etwas matt Schimmerndes hing in Knöchelhöhe vom Geländer auf den Boden der Dachterrasse, wie eine lange dünne Schlange. Cousin Roilant stolperte und fiel, und Mevary, der die ganze Sache jetzt doch recht amüsant fand, schlenderte zu ihm. Während Zimir und Harmul, die pflichtbewußten Diener, aus ihren Verstecken kamen und sich auf den am Boden liegenden Mann stürzten, ohne auf das wütende Treten seiner gestiefelten Füße zu achten, die von Elisets mit Perlen besetztem Purpurgürtel gefesselt waren.
    Cousin Roilant hörte auf, sich zu wehren. Er lag da und wurde verspottet, derweil Mevary zu dem Pavillon zurückging. Aber als Mevary mit einem Becher Wein zurückkam, zeigte Cousin Roilant erneut das Bestreben, diesen gastlichen Ort zu verlassen.
    Mevary kniete nieder und hielt ihm den Becher hin.
    »Ich habe den richtigen gefunden. Meinen Becher. Den du gegen deinen eigenen ausgetauscht hattest. Womit ich rechnete. Entweder habe ich vorhin schon Gift hineingetan, als ich aufhörte zu trinken oder erst jetzt. Ich frage mich, was wohl zutrifft. Aber wie auch immer, trink aus! Sei vergnügt, sei ausgelassen! Es ist deine Hochzeitsnacht.«
    Cousin Roilant kämpfte noch ein bißchen gegen die beiden Knaben, die seine Arme festhielten und dabei knurrten und hechelten wie junge Hunde. Schließlich tauchte Mevarys Schwert wieder auf und küßte den Hals des Widerstrebenden.
    »Entweder trinkst du«, sagte Mevary mit vollem Ernst, »oder ich

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