Cyrion
ihm sprechen würde.
Es war der juwelenverzierte Kaufmann, der sich als nächster zu Wort meldete: »Kann es sein, daß er gehört hat, daß Ihr nach ihm sucht, und Euch das als Entschädigung bringen ließ. Oder als Scherz?«
»Das hört sich nach einem Streich an, den ich ihm zutrauen würde«, bemerkte der Priester gemütlich. »Nach allem, was ich gehört hatte, ist er ein Mann von brillantem, wenn auch nicht immer liebenswertem Verstand.«
Roilant faßte den Wirt am Arm.
»Ist das Kind noch in der Küche?«
»Nein, es ist weggelaufen. Mit einer Pastete, die neben der Tür stand. Dies war ein anstrengender Vormittag, Herr. Der alte Prophet, der seine Rechnung nicht bezahlt hat. Die schrecklichen Soldaten des Königs, die grundsätzlich nichts bezahlen und überall nur Unruhe stiften. Jetzt noch diebische Kinder. Und die verdammten Sklaven beschweren sich -« Der Wirt machte sich eilig davon.
Roilant saß unbeweglich wie ein Stein, während seine Freunde die schwarze Weinflasche untersuchten und schließlich für ihn öffneten, wobei sie sich natürlich nicht enthalten konnten, reihum davon zu kosten. Roilant schien es nicht zu merken. Sehr langsam breitete sich ein ungeheuerlicher Verdacht auf seinem pausbäckigen Gesicht aus. Er starrte auf die leere Nische, einmal, zweimal, starrte in die Luft.
Aber es war völlig unmöglich - oder etwa nicht?
»Der Weise«, brachte er schließlich heraus.
»Das stinkende Vieh«, sagte die Dirne mit den violett geschminkten Augen. »Uns Kühe zu nennen.«
»Aber«, sagte Roilant. Er wandte sich verzweifelt an den Karawanenbesitzer, der das Garn von den Assassinen erzählt hatte. »Wenn Cyrion sich schon einmal als so ein heiliger Mann verkleidet hat, haltet Ihr es nicht für denkbar -?«
Die Erleuchtung kam allen gleichzeitig. Flüche wurden ausgestoßen und rasch wieder verschluckt, als der Priester sich räusperte.
Die Stimme des Gelehrten ertönte als letzte.
»Die beiden Soldaten schienen ihn aber als das zu erkennen, was er war, Weiser und Unruhestifter. Und ich selbst«, fuhr der Gelehrte fort, »hatte das zweifelhafte Vergnügen einer langen Unterhaltung mit ihm. Seine Bildung war fehlerhaft, aber alles in allem umfassend. Auch war ich ihm so nahe, daß mir bestimmt aufgefallen wäre, wenn etwas mit ihm nicht gestimmt hätte.«
»Nicht unbedingt«, gab der Priester zu bedenken. »Cyrion ist der König der Verkleidung und ein unvergleichlicher Schauspieler. Wenn ich mir auch keinen vernünftigen Grund dafür vorstellen kann, könnte er sich doch ohne weiteres in unserer Mitte aufgehalten und uns alle genarrt haben. Anschließend ließ er diesen Wein bringen, um unseren edlen jungen Gönner hier zu necken.«
Sogleich drehte sich ein lebhaftes Gespräch um diese Vermutung, bis der edle Gönner aufstand und gleich wieder auf seinen Stuhl gedrückt wurde.
»Nein, nein. Bleibt hier. Ihr holt ihn jetzt doch nicht mehr ein.«
Sie hielten die Weinflasche, die für ihn gekauft worden war, über seinen Becher und drängten ihn, zu trinken. Mit einer Geste, die zeigte, daß er sich besiegt fühlte, gehorchte Roilant.
»In der Tat«, sagte der fette Priester wohlwollend, »beschränkt sich der Streich vielleicht nur auf den Weisen. Cyrion könnte immer noch hier sein. So gut wie jeder hier in diesem Raum ist verdächtigt.«
»Außer, natürlich, den Damen«, meinte der Kaufmann mit dem juwelenbesetzten Kopftuch.
Der Priester störte sich nicht an dem Wort. Wie es aussah, hatte er sich aus reiner Kameradschaft dazu entschlossen, so zu tun, als ob die>Damen Roilant leerte seine Flasche und griff entschlossen nach dem danebenstehenden Krug.
»Es war einmal«, sagte der Priester und faltete seine Kinne, »ein reicher Mann, der eine wunderschöne Tochter hatte...«:
Gefangen im Bernstein
»Es stimmt, man sagt, daß der Ring verflucht ist«, sagte der junge Mann gelassen. »Aber was mich betrifft, so zweifle ich daran. Ich glaube nicht an Dämonen.«
»Um so erfreulicher für Euch, solltet Ihr je einem begegnen«, meinte Cyrion mit einem
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