Cyrion
Freundschaft verbunden sind.«
»Mein Kundschafter ist erstaunt.«
Cyrion sah den Kundschafter an und bedachte ihn mit einem unerträglich bezaubernden Lächeln. »Es fuhren viele Wege zur Weisheit, und Staunen ist einer davon«, zitierte Cyrion ein nomadisches Sprichwort.
Karuil lachte. Es war selten zu hören, dieses dürre, belustigte Krächzen.
»Cyrion hat unter uns gelebt. Er ist auch ein Schwertkämpfer und Abenteurer, den man in den Küstenstädten und auch in dem gelb ummauerten Heruzala kennt, das jetzt ein Tummelplatz der Westländer ist.«
»Und befolgt er auch«, fragte der Kundschafter, »die Lehren des Propheten Hesuf, wie wir es tun und wie die Westländer zu tun vorgeben?«
»Ich leugne nicht Klugheit und Tugend in den Lehren Hesufs«, erwiderte Cyrion liebenswürdig. »Wie vielleicht auch
Ihr, stolpere ich manchmal über diesen einen Satz, der verlangt, ich soll es genießen, zweimal ins Gesicht geschlagen zu werden.«
Der Kundschafter riß die Augen auf und grinste dann.
»Du wirst uns zu den Zelten begleiten?« erkundigte sich Karuil.
»Es war meine Absicht, wenn es gestattet ist.«
»Es ist gestattet.«
Karuil stieg nicht wieder in den Sattel, und Cyrion führte das Pferd des Wüstenkönigs an den quastengeschmückten Zügeln. Der Kundschafter trabte ein Stück voraus.
Eine Zeitlang herrschte Schweigen, nur unterbrochen von dem leisen, mahlenden Geräusch des nachgebenden Sandes. Schließlich, als sie die letzte Erhebung hinuntergingen und die Oase in Sicht kam, sagte Karuil: »Und dir geht es gut, Cyrion?«
»Nicht so gut, wie es einmal war.«
»Eine Wende des Schicksals?«
»Eine Wende«, die melancholische Stimme zögerte, »in gewisser Weise. Ich bin in die Wüste zurückgekommen, weil ich einige Fähigkeiten neu erlernen muß, die ich einst beherrschte und die mir aus Mangel an Übung wieder entglitten.«
»Die Muskeln des Geistes - du warst vollkommen. Was bedrängt dich?«
Wieder ein Zögern. Der Mann, der vor ihnen ritt, war nicht so weit entfernt, daß er nicht hätte hören können, was gesprochen wurde.
»Mein Kundschafter ist vertrauenswürdig«, sagte Karuil. »Aber wir können auch in meinem Zelt darüber sprechen.«
Cyrion murmelte: »Vater, ich habe keinen Grund,
irgendeinem Eures Volkes zu mißtrauen. Es ist besser, ich sage es Euch gleich. Ohnehin fürchte ich, daß es schon sehr bald nötig sein wird.« Wieder ein Zögern. Dann, kalt und hart: »Ich leide unter einer Krankheit des Gehirns, die krampfartig auftritt und an sich nicht tödlich ist. Es beginnt mit einer leichten Störung der Sehkraft, steigert sich zu einer vorübergehenden Blindheit und endet mit Schmerzen in einer Kopfseite, die viele Stunden andauern. Die Ursachen sind zahlreich und unerforscht. Drogen lindern im allgemeinen den Schmerz, und für jemanden, der ein friedliches Dasein führt, ist diese Krankheit zwar unangenehm, aber erträglich. Aber Ihr könnt beurteilen, Vater, wie gefährlich sie für einen Mann ist, der von seinem Schwert lebt.«
Karuil blieb stehen. Weiter unten glitzerte das Wasser in dem Trinkbecher der Oase. Der Kundschafter hatte sein Pferd gezügelt. Er blickte auf das Lager hinab und lauschte unverhohlen dem Gespräch, das hinter ihm geführt wurde.
»Du?« sagte Karuil-Ysem zu Cyrion.
»Leider ja, ich. Habt Ihr nie von einer solchen Erkrankung gehört? Die remusanischen Kaiser litten darunter. Ich befinde mich also in bester Gesellschaft. Was meine Lage nicht bessert.«
»Die Ursache?«
Cyrion zuckte die Schultern und lächelte, als wäre gar nichts. »Ich habe keine Ahnung. Vielleicht ein Schlag auf den Kopf, von denen ich einige hinnehmen mußte. Oder eine Art von Hexerei - auch damit habe ich ein- oder zweimal zu tun gehabt. Mein unstetes Leben. Was immer die Tür öffnete, der Gast kam herein. Und wenn ich auch trotz aller Schmerzen ein Schwert führen kann, könnte es sich als schwierig herausstellen, gegen einen Mann zu kämpfen, den ich nicht sehen kann.«
Das Zelt Karuil-Ysems stand abseits, nahe am Wasser, in einem grünen Netz aus Schatten. Im Inneren hing eine parfümierte Bronzelampe an Ketten, die in einem verwirrenden Muster zwischen den Zeltstangen gespannt waren. Diese Vorrichtung war notwendig, weil die Ketten kein Kreuz bilden durften. Vor Hunderten von Jahren wäre der Prophet Hesuf beinahe an einem Kreuz gestorben, hätte ein Aufstand unter dem Volk ihn nicht gerettet. Aus diesem Grund verabscheuten die Nomaden alles, was einem Kreuz
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