Cyrion
Andriok ist besser, wenn Ihr schon bereit seid, einen so hohen Preis dafür zu bezahlen.«
»Ein Kaufmann! Er kennt meinen Wein und seinen Preis. Was könnt Ihr sonst noch Wunderbares tun, Freund von Karuils Volk?«
Cyrion lächelte strahlend.
»Ihr solltet mich nicht überschätzen.«
»Aber ich wittere ein Genie. Kommt«, Ysemid legte Cyrion einen Arm um die Schultern, »wir haben aus Heshbel Pferde mitgebracht. Kommt und seht. Sagt uns, was Ihr von ihnen haltet.«
Die jungen Männer drängten vorwärts, und Cyrion wurde mitgeschoben. Zwei von Ysemids Frauen senkten züchtig den Blick, als er vorüberging. Die dritte schaute ihm nachdenklich hinterher.
Der Saphir an Ysemids Ohrläppchen funkelte und blitzte. Wieder und wieder fing er das Sonnenlicht ein und verwandelte es in ein buntes Feuerwerk. Der Anblick schien Cyrion gleichzeitig zu faszinieren und abzustoßen.
Die Pferde standen im Schatten von fünf Palmen, bis auf einen Hengst, der von mehreren Knaben festgehalten wurde und doch ausschlug, stampfte und den Kopf warf.
»Was«, fragte Ysemid, »glaubt Ihr, stimmt mit diesem Pferd nicht? Es hat zwei meiner besten Reiter abgeworfen. Kaum waren sie oben - da waren sie schon wieder unten.«
Cyrion schwieg, während das Gefolge sich vor Lachen ausschüttete. Das Pferd schüttelte den Kopf, als wollte es ihn vom Hals reißen.
»Vielleicht hättet Dir, erlauchter Gast meines Vaters, Lust, Euer Können zu beweisen.«
»Nein«, erwiderte Cyrion. »Ich bedauere, aber ich habe keine Lust.«
Die Fröhlichkeit verschwand aus den lachenden Gesichtern, als hätte man sie mit einem Tuch weggewischt.
»Aber soll ich denn glauben, daß Ihr Angst habt?«
»Glaubt lieber, daß ich bemerkt habe, daß dieses Tier ein Hengst und kein Wallach ist und daß sich rossige Stuten in der Nähe befinden.«
Entzückt schrie Ysemid auf.
»Habe ich nicht geahnt, daß er ein Genie ist? Wein, Pferde.«
Die helle Stimme eines Knaben meldete sich außerhalb des vergnügten Kreises.
»Ein kleines Stück von den Zelten entfernt, bei der umgestürzten Palme steht eine Unterkunft für den Fremden bereit.«
Cyrion bot Ysemid die stolze Ehrenbezeigung des Ostens und bat um Erlaubnis, sich entfernen zu dürfen.
Voller Liebenswürdigkeit winkte Ysemid ihm seine Erlaubnis zu.
»Geh, gesegneter Edelstein Gottes.«
Zweifellos fiel ihm auf, daß der Westländer sich nur langsam bewegte. Er machte keine Anstalten, sich umzuschauen, und als er das abseits stehende Zelt erreichte, das Karuil ihm zugedacht hatte, bückte er sich sofort hinein und ließ den Türvorhang hinter sich zufallen.
Ysemid spuckte in den Sand, eine seltene Geste bei denen, die früh lernen, das Wasser zu achten.
Die rote Blume des Sonnenuntergangs öffnete sich, erblühte und verblaßte. An dem klaren schwarzen Himmel gleißten die Sterne der Wüste. Als die Sterne der Feuer in dem Lager der Nomaden erloschen, trat Ysemid aus seinem Zelt, reckte sich und lächelte, als drinnen eine schläfrige Frauenstimme murme lte.
Leise wanderte Ysemid durch das Lager und um die Wasserstelle herum und beantwortete unterwegs einen Anruf der Wachen mit einem geflüsterten Scherz, für den er mit einem Kichern belohnt wurde. Wenige Schritte vor dem Zelt Karuils schöpfte der Prinz eine Handvoll Glanz aus der Oase und trank.
Neben dem Eingang, der mit einem Tuch verhangen war, blieb der junge Mann stehen und fragte leise: »Mein Vater?«
Nach einem Augenblick ertönte von drinnen die alte Stimme.
»Was ist?«
»Störe ich Euch? Es ist Euer Sohn, Ysemid. Ich habe etwas auf dem Herzen. Darf ich hereinkommen?«
»Alte Männer brauchen wenig Schlaf. Tritt ein.«
Ysemid schlüpfte in das Zelt.
Der Anblick, der sich ihm bot, war recht eigenartig. Auf den Kissen unter der schwach brennenden Bronzelampe saß Karuil- Ysem, Vater seines Volkes, stopfte sich mit süßen Geleefrüchten voll und spülte mit Sorbett und duftenden Weinen nach. Viele Tabletts und viele Becher standen vor ihm, nach denen die klauenartigen Finger sich gierig ausstreckten, auch hörte er bei dem Eintritt seines Sohnes nicht auf zu essen.
Immer noch lächelnd und immer noch sehr leise, sagte Ysemid:
»Was für ein abstoßendes Geschöpf ist das Schwein.«
Karuil, der auch jetzt seine Mahlzeit nicht unterbrach, erwiderte:
»Knecht und Mietling, der ich bin, verzehre ich meinen Lohn.«
»Ihr steht kein Lohn zu, Schändlicher; denn du bist ein Sklave.«
»Und wie lange muß ich noch dein Sklave
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