D9E - Die neunte Expansion 01: Eine Reise alter Helden (German Edition)
guten Ort, von dem aus er den Vorgang beobachten konnte. Sein eigenes Büro, gelegen in einem Hochhaus, lag außerhalb der Evakuierungszone. Er würde heute, trotz eingereichten Urlaubs, zur Arbeit gehen. Auf dem Dach gab es eine Cafeteria, die einen wunderbaren Ausblick ermöglichte. Er würde dort auch sehr gut beobachten können, ob die Regierung es schaffte, den Generator zu bergen, wie er insgeheim annahm.
Es dauerte eine Weile, bis er sich durch den Verkehr gekämpft hatte. Die meisten versuchten eher, in die entgegengesetzte Richtung zu reisen. Auch die Bewohner außerhalb der Zone schienen es für vernünftiger zu halten, einen größeren Abstand zwischen sich und der »Katastrophe« zu bringen, woraus auch immer diese bestehen mochte. Die Straßen waren voll, der Himmel hing voller Gleiter, die es glücklicherweise schafften, den erwarteten Andrang zu bewältigen. Transportfahrzeuge wurden eingesetzt, Polizeibusse, und das ganz gut organisiert. Roarke sah Angst und Verwunderung, manchmal ein wenig Entsetzen oder Anflüge von Panik bei den besonders Ängstlichen, aber es waren dermaßen viele Sicherheitskräfte unterwegs, dass die ganze Aktion mit dem notwendigen Mindestmaß an Besonnenheit ablief.
Als Roarke das Bürogebäude betraf, fand er im Stockwerk seiner Firma nur noch eine Handvoll Kollegen vor. Sheila, die Unentwegte, ein kalter Fisch von einer Frau, die noch an ihrem Tisch sitzen würde, wenn sich alle um sie herum bereits in von Alien-Viren verseuchte Zombies verwandelt hätten. Sie warf Roarke einen seltsamen Blick zu – er gehörte normalerweise nicht zu jenen, die eine Gelegenheit auf Arbeitsniederlegung verstreichen ließen. Dann war da sein Abteilungsleiter, ein junger Typ, der außer seiner Karriere nichts im Sinn hatte und Tag und Nacht schuftete. Auch er würde sein Büro erst verlassen, wenn es in Flammen stand. Möglicherweise selbst dann nicht.
Niemand achtete weiter auf ihn, sodass er nicht einmal so tat, als wolle er sein eigenes Kubikel betreten. Stattdessen führte ihn der Weg sofort die breite Wendeltreppe empor in die Cafeteria, wo er, wie er feststellen durfte, nicht der Einzige Schaulustige zu sein schien. Die drei Männer und Frauen, die auf die Szenerie hinabstarrten und diese mit knappen Worten kommentierten, waren ihm nicht bekannt. Aber das Gebäude wurde intensiv genutzt, er konnte hier nicht jedem begegnet sein. Ihm wurde nur kurz zugenickt, damit war er in die kleine Gemeinschaft der Beobachter aufgenommen.
So standen sie eine Weile da und starrten auf die Kolonnen, die sich zu Land und in der Luft vom Gebiet entfernten, in dessen Zentrum der kleine Park mit dem Gebäude der Hondhisten und dem Generator lag. Alles war sehr gut von hier zu erkennen, das Wetter war klar und die Sonne schien. Roarke holte sein Telefon hervor, skalierte die Optik und benutzte es als Fernglas. Die Fenster der Cafeteria waren frisch geputzt worden und erlaubten einen scharfen Blick.
Es waren weit und breit keine Vorbereitungen für einen Abbau des Generators zu erkennen. Roarke vermutete, dass die tiefe Kaverne nicht sonderlich leicht zugänglich war und die Zeit nicht genügte, um den Generator abzumontieren. Vielleicht hätte es gereicht, wenn die Absichten der Interceptor gleich klarer gewesen wären, aber so schien die Erdregierung eher darauf bedacht zu sein, den Kollateralschaden weitgehend zu begrenzen.
Roarke ahnte, dass niemand – die Regierung nicht und die Hondh gleichfalls nicht – jemals damit gerechnet hätte, dass jemand den Generator von außen ausfindig machen würde, um ihn dann wie ein Wilder anzugreifen und zu zerstören. Die mangelnden Sicherheitsvorrichtungen wiesen darauf hin, dass die Hondh solche Attacken nicht gewohnt waren oder dass sie furchtbar selten vorkamen. Ein Loyalist wäre niemals auf die Idee gekommen. Jemand, der die Loyalität mit Implantaten unterdrückte, wäre entdeckt worden. Und wenn es doch einige wenige Immune gab, so waren diese wohl im Regelfalle keine Bedrohung. Roarke seufzte leise. Was auch stimmte. Alleine hätte er nichts ausrichten können. Er hätte nicht einmal gewusst, wo er hätte suchen sollen.
Dumm wäre er gestorben. Nicht nur machtlos und resigniert wie jetzt, sondern auch noch dumm. So gesehen hatte sich seine Situation verbessert.
Für einen Moment überlegte er, ob er seinen drei Mitbeobachtern ein wenig die Hintergründe dieses Vorfalls erläutern sollte. Die Mutmaßungen der drei reichten von einem Leitungsleck bis
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