Da gehen doch nur Bekloppte hin - aus dem Alltag einer Psychotherapeutin
und dies erst nach geraumer Zeit wieder tun.
Psychotherapie ist ein Heilmittel, das regelmäßig eingenommen werden sollte, um zu wirken. Wie bei manchen Medikamenten verpufft seine Wirkung, wenn man sich nicht daran hält.
Natürlich – Sie ahnen es – ist es auch hier das gute alte Unbewusste, das da die Steine in den Weg legt. Manchmal möchte der Patient trödeln wie ein Kind auf dem Schulweg, wenn er spürt, dass er etwas ansprechen müsste, das ihm nicht ganz geheuer ist. Dann tatsächlich zu trödeln beziehungsweise die Sitzung abzusagen ist allerdings die falsche Entscheidung.
Es gibt wenig, was für Therapeuten so problematisch ist wie Vermeidungsverhalten . So nennt man es, wenn jemand etwas vermeidet, vor dem er sich fürchtet. Im Grunde genommen ist das natürlich eine nützliche Sache. Wenn man alles täte, vor dem man sich fürchtet, wäre man nach geschätzten drei Sekunden tot. Schwierig wird es dort, wo man beginnt, alles zu meiden, was einem unangenehm ist.
Vor allem Verhaltenstherapeuten tun alles dafür, dass ihre Patienten sich wieder trauen, Dinge zu tun, die sie aus Angst gemieden haben. Sei es in ein Flugzeug zu steigen, zum Zahnarzt zu gehen oder auch nur vor die Haustür zu treten. Weil sie wissen, dass Vermeidungsverhalten zwar kurzzeitig erleichtert, auf die Dauer jedoch unglücklich macht. Und weil es verhindert, eine der befriedigendsten Erfahrungen im Leben zu machen. Nämlich sagen zu können: Ich hatte Schiss davor, aber ich habe mich trotzdem getraut.
Gescheiterte Therapien sind häufig solche, bei denen dem Patienten das Durchhaltevermögen gefehlt hat. Schwierig wird es auch, wenn der Patient davon ausgeht, dass er nicht das mindeste zum Gelingen der Behandlung beitragen muss. Es ist völlig in Ordnung, am Anfang nicht zu begreifen, was mit einem los ist. Wie ein Kind zur Mama zu gehen, der Therapeutin alles vor die Füße zu schmeißen und zu sagen: Mach mal. Vielleicht kannst du mit dem Kram was anfangen, ich kann es nicht.
Es ist günstig, wenn sich das im Lauf der Zeit verändert. Wenn ein Patient am Anfang kommt, nicht weiß, worüber er reden soll, was ihn seinem Ziel, der Gesundung, näherbringen kann, so ist das völlig normal. Er darf hilflos sein und fragen: »Was wollen Sie denn von mir hören?« Er muss erst lernen, wie Psychotherapie geht.
Normalerweise bekommen Patienten mit der Zeit ein Gefühl für sich selbst, für das, was das Kerlchen im Keller nach oben schiebt, weil es meint, darüber gehört einmal gesprochen. Schwierig wird es, wenn ein Patient auch nach längerer Zeit dem Therapeuten zu Beginn jeder Sitzung einen hilflosen Blick zuwirft und meint: »Ich weiß nie, worüber ich hier reden soll.«
Unmöglich ist eine Behandlung auch mit solchen Patienten nicht. Nur eben schwierig. Denn schließlich ist das Therapieziel, zu erreichen, dass der Patient besser spüren kann, was in ihm vor sich geht, was ihn gerade beschäftigt und wo die Knoten sind, die es zu lösen gilt.
Alles hat ein Ende
Wenn man sich einmal pro Woche trifft und ab und zu auch einmal Therapieferien sind, kann eine Behandlung also gut über ein paar Jahre gehen. Viele Psychotherapeuten lassen sie, wenn der Patient erst einmal über den Berg ist, eher sanft ausklingen, als sie abrupt zu beenden. Die Sitzungen finden dann nur noch vierzehntägig oder seltener statt. Manche Patienten kommen nur noch einmal im Quartal, und beide Seiten können beobachten, ob die positive Veränderung auch über einen längeren Zeitraum stabil bleibt.
Irgendwann jedoch ist die Behandlung zu Ende. Es ist wichtig, sich das bewusst zu machen und die Zeit, in der man einen Begleiter in seinem Leben hat, intensiv zu nutzen. Wenn es beispielsweise darum geht, etwas zu wagen, vor dem man sich fürchtet, ist nun der richtige Zeitpunkt. Wenn man seinen Job wechseln oder sich endlich einmal trauen möchte, eine Frau anzusprechen, sollte man das tun, solange jemand da ist, mit dem man besprechen kann, ob es geklappt hat oder woran es wohl gescheitert ist, anstatt bis zur letzten Sitzung nur darüber zu reden, was einen daran hindert.
Andererseits: Zu viele neue Schritte tun einer Psychotherapie auch nicht gut. Bei Psychoanalytikern gilt die Regel, dass ihre Patienten keine wichtigen Lebensentscheidungen treffen sollen, ohne diese zuvor in der Behandlung zu besprechen. Manche Patienten reiten sich schneller in schwierige Situationen, als wir sie davon abhalten können. Bevorzugte Aktionen sind das spontane
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