Da gehen doch nur Bekloppte hin - aus dem Alltag einer Psychotherapeutin
verlassen haben, ist Herr Ich aufgewacht und kann Ihnen mit seinen bewährt guten Vorschlägen zu Hilfe kommen.
Das erste Gebot ist also, der Grübelei das Maul zu stopfen, indem man sich klarmacht, dass sie zu nichts führt. Sie löst keine Probleme, sie führt lediglich dazu, dass man sich mies fühlt.
Darüber hinaus gilt die Halbstunden-Regel. Wenn man länger als eine halbe Stunde wach im Bett liegt, sollte man aufstehen. Ja, ich weiß, Sie brauchen Ihren Nachtschlaf, Sie können es sich nicht leisten, jetzt aufzustehen. Wenn Sie bei einem sportlichen Wettkampf einen Wadenkrampf bekommen, denken Sie vielleicht auch, Sie könnten es sich nicht leisten, stehen zu bleiben und etwas dagegen zu unternehmen. Trotzdem ist das eine viel bessere Idee, als weiterzulaufen. Weil das einfach nichts bringen würde.
Also, stehen Sie auf. Tun Sie etwas Ruhiges, Langweiliges. Machen Sie ein Kreuzworträtsel oder ein Sudoku, arbeiten Sie ein wenig an Ihrem 3000-Teile-Puzzle aus möglichst gleichfarbigen Teilen. Meinetwegen bügeln Sie auch oder sehen sich im Fernsehen eine nächtliche Eisenbahnführerstandsmitfahrt an. Die Wahrscheinlichkeit ist groß, dass Sie nach einer halben, spätestens nach einer Stunde müde sind, ins Bett wollen und dann tatsächlich gut einschlafen werden. Wenn Sie das konsequent durchhalten, wird Ihre Psyche lernen, dass das Bett kein Ort zum Grübeln und Wachliegen ist, sondern zum Schlafen. Oder um andere schöne Dinge zu tun.
Mit offenen Augen und Ohren gegen den Stress
Sind Sie vielleicht im Stress? Etwas Besonderes ist das ja nicht. Der Arzt, der einen Patienten fragt, ob er zurzeit besonders unter Stress steht, wird selten die Antwort bekommen: Och nö.
Also reden wir nicht über Stress, sondern nur über besonders viel Stress.
Es gibt unendlich viele Definitionen des Begriffes, die häufig mit der Menge der zu bewältigenden Arbeit und der dafür zur Verfügung stehenden Zeit zu tun haben. Forscher, die dieses Phänomen untersuchen, können Versuchspersonen recht einfach unter künstlichen Stress setzen, indem sie sie anweisen, eine bestimmte Aufgabe in einer vorgegebenen Zeit zu erledigen, ihnen aber verschweigen, dass das gar nicht möglich ist. Wenn sie den Druck noch zusätzlich erhöhen wollen, erzählen sie, die anderen Versuchspersonen hätten damit keine Probleme gehabt. Klingt das vielleicht genau wie Ihr Arbeitsplatz?
Besonders gestresst fühlen sich Leute in der Regel gar nicht mal dann, wenn sie besonders viel zu tun haben, sondern dann, wenn sie besonders viel zu tun haben und etwas – oder jemand – sie permanent daran hindert, diesen Berg abzuarbeiten. Störungen stressen extrem, vor allem, wenn sie auch noch mit mangelnder Anerkennung gepaart sind. Die klassische Stresssituation wäre also die, dass der Schreibtisch sich vor zu Erledigendem biegt, dass ständig Kollegen vorbeikommen und Extrawünsche haben oder auch nur, dass sie am Nachbarschreibtisch lautstarke Schwätzchen halten. Wenn dann auch noch der Chef hereinkommt, um einen für einen vermeintlichen oder tatsächlichen Fehler zusammenzufalten, ist der Stress perfekt. Nun gut, Sie werden selbst wissen, wann Sie nicht nur einfach den normalen, alltäglichen Stress haben, sondern sich fühlen wie ein Hamster, den man ins Laufrad gesperrt hat.
Um sich psychisch gesund zu erhalten, ist es notwendig, dass Sie sich auch in Stresszeiten Ruheinseln schaffen. Denn häufig besteht der Stress nicht einmal allein darin, dass es zu viel zu tun gibt, dass zu wenig Zeit dafür zur Verfügung steht und dass die Anerkennung fehlt. Sondern er entsteht dadurch, dass man sicher ist, in seinem Leben gerade keinen Platz für das zu haben, was das ganz Eigene ist. Freizeit im wahrsten Sinne des Wortes. Freie Zeit, um überlegen zu können, was einem jetzt guttun würde.
Natürlich werden Sie gerade dann sicher sein, keine Zeit für all das zu haben, was Sie sonst entspannt. Sei es Musikhören, Zeitunglesen oder das Nachbauen des Kölner Doms im Maßstab 1 zu 100 aus Streichhölzern. Sie sollten es dennoch tun, ebenso, wie es sinnvoll ist, nachts aufzustehen statt sich stundenlang schlaflos im Bett zu wälzen.
Aber falls Sie absolut nicht auf mich hören wollen, schlage ich Ihnen eine Kurzentspannung vor, die Sie immer machen können. Als ich Ihnen von der unwirschen Oma erzählt habe, die ihre Enkelin ermahnte, während des Straßenbahnfahrens keine Radfahrer zu beobachten, erwähnte ich etwas, das man üblicherweise von
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