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Da gewöhnze dich dran

Da gewöhnze dich dran

Titel: Da gewöhnze dich dran Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vanessa Giese
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dafür, dass die Pillen immer aufgepumpt sind und wir genug Harz haben. Außerdem muss dann nicht jeder sein Ding in der Sporttasche mit sich rumschleppen.» Sie nimmt noch einen Schluck. «Rosi macht die Mannschaftskasse. Fünf Euro im Monat, Dauerauftrag wird gern gesehen, Strafen gehen extra. Das rechnet Katrin am Ende der Saison ab.»
    «Erst am Ende?», frage ich. «Dann kann sich aber einiges ansammeln.»
    «Musst halt immer pünktlich kommen. Oder zwischendurch mal was zurücklegen, damit es finanziell klappt. So wie Lucy. Die kommt sonst nicht zurande.» Schnecke grinst. «Lucy ist übrigens unser Hopfenwart und führt die Bierliste. Die geht alphabetisch. Wer dran ist, bringt ’ne Kiste mit. Betrifft Heim- und Auswärtsspiele. Wer das Dreißigste wirft, muss auch eine ausgeben.»
    «Derjenige, der in einem Spiel das dreißigste Tor wirft, muss also eine Kiste Bier spendieren?»
    «Mädchenbier», verbessert mich Schnecke. «Also: Radler. Wir sind schließlich keine Kerle. Wer in der Zeitung namentlich erwähnt wird, muss auch eine Kiste schmeißen.»
    «Und was machst du?»
    «Ich bin der Ersatzsockenwart.»
    «Du schleppst Socken mit dir rum?»
    «Ja klar. Irgendwer vergisst immer seine Socken, und barfuß spielen ist echt scheiße. Dann haben wir noch Lisa. Die macht den Pusterwart, damit wir beim Warmlaufen Mucke haben.»
    «Und was bleibt dann noch übrig?»
    «Beautywart. Das ist dann dein Job.»
    «Du meinst: Shampoo, Duschgel und Haarklammern besorgen?»
    «Und Tampons. Die sind nämlich wie Socken. Vergisst man auch ständig. Und ohne ist halt Mist. In der Regel.» Sie trinkt noch was. «War ein Wortwitz. Haste verstanden, oder?»
    «Hab ich kapiert. War nur nicht richtig witzig.»
    «Besorg halt einfach ein bisschen Shampoo und Duschgel und pack es in einen Kulturbeutel. Diejenigen, die ihr Zeug vergessen haben, können sich dann bedienen.»
    «Bitte nichts, was nach Früchten riecht», sagt Alina, die bislang stumm mit den anderen Mädels im Kreis gesessen und ihrer Freundin zugehört hat.
    «Und kein Kokos oder Vanille», sagt Lisa.
    «Und Haarspray», sagt Schnecke. «Ganz wichtig. Sonst wehen einigen die Locken in die Augen, dass sie beim Tempogegenstoß nur Blond sehen.» Sie blickt zu Kerstin, die schon aufgestanden ist und ihre Schuhe in ihre Tasche räumt.
    «Kommt jemand mit duschen?», fragt sie in die Runde. «Mir wird schon kalt.»
    «Jep», sagt Schnecke knapp und steht von unserer Bank auf. «Ist ja jetzt alles geklärt.»
    Die anderen erheben sich auch. Mit klammen Klamotten gehen wir im Pulk in die Kabine. Ich fühle, dass es eine gute Entscheidung war, hier zu trainieren. Auch wenn mein Ansinnen erst mal ein anderes ist als das der Mannschaft: nicht gewinnen, sondern Leere füllen.

[zur Inhaltsübersicht]
    Schlagwetter
    Ich bin allein im Büro, Melanie ist Mittag essen, als Kaminski ins Zimmer kommt und die Tür hinter sich schließt. Es ist Anfang August, die Hitzewelle, die im Juni und Juli über dem Ruhrgebiet lag, ist vorbei. Stattdessen nieselt es leicht. Ein Hochsommer, der sich wie Herbst anfühlt.
    Ich setze mich in meinem Schreibtischstuhl auf und spüre augenblicklich ein Prickeln auf der Kopfhaut, das ich immer habe, wenn ich mir sicher bin, alles richtig gemacht zu haben, aber trotzdem erwarte, dass ich einen drüberkriege. Kaminski verschränkt die Arme vor seiner bulligen Brust und geht vor meinem Schreibtisch auf und ab. Er sagt nichts. Die Dielen knarzen unter seinen Slippern. Ich gehe im Kopf die Aufgaben durch, die ich in den vergangenen Tagen erledigt habe.
    Schließlich bleibt er stehen, dreht sich zu mir und fragt: «Warße schomma im Stadion?»
    «Im Westfalenstadion?»
    «Genau.»
    «Ich interessiere mich nicht so sehr für den BVB », sage ich.
    Kaminski geht wieder auf und ab. Das Sakko spannt in seinem Rücken. «Nicht?», fragt er.
    «Nein», sage ich.
    «Aber du bist keine von Schalke, oder?»
    «Ich komme aus dem Sauerland.»
    «Und im Herzen?»
    «Auch.»
    «Und was macht man im Sauerland für Sport?»
    «Handball», sage ich.
    «Soso. Handball.»
    Ich bin mir nicht sicher, worauf das Gespräch hinauslaufen soll. Kaminski bleibt stehen und zieht eine Karte aus seiner Sakkotasche. «Am 22 . August hast du Sonntagsdienst. Da ist Saisonauftakt gegen Leverkusen. Wir machen anlässlich dieses Feiertags einen kleinen Betriebsausflug. Deine Kollegen kennen das schon. Um 16 Uhr treffen wir uns vorm Tempel, angemessen gekleidet. Südtribüne. Das ist eine

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