Da gewöhnze dich dran
hoch!»
Die Mannschaft dreht sich synchron auf die linke Seite. Schnecke lagert sich um wie eine bettlägerige Seniorin und lässt sich, nachdem alle mit ihren Hüften schon in der Luft sind, noch einmal zwei Sekunden Karenzzeit, ehe auch sie ihre Mitte hebt.
«Wegen Schnecke machen wir alle zehn Sekunden länger», sagt Iosif, der fortwährend zu unseren Füßen um den Kreis stolziert.
«Schnecke, du Saftsocke!», mault Lisa.
Wir machen noch weitere Übungen für Rücken und Bauch, bis wir aufstehen und wieder etwas trinken dürfen. Es ist inzwischen neun Uhr. Eine Stunde ist vergangen. Eine Stunde liegt noch vor mir. Ich wünschte, sie wäre schon vorbei.
Als wir später in der Umkleidekabine stehen und unsere verschwitzten Klamotten von unseren klebrigen Körpern ziehen, fragt Katrin: «War’s sehr schlimm?»
«Ziemlich schlimm», antworte ich. Ich spüre, wo ich am nächsten Tag Muskelkater haben werde: in den Schultern, in den Beinen, im Bauch. Also überall.
«Aber nur anstrengend – oder findest du uns doof?»
«Nein, nein, alles super. Ich habe nur seit vier Monaten nichts gemacht. Morgen kann dein Bruder mich auf meinem Bürostuhl durch die Gänge schieben, als Krankenpfleger.»
«So geht’s mir jedes Mal nach dem Training», schaltet sich Schnecke ein, die noch komplett angekleidet auf einer Bank sitzt und mit einer Geschwindigkeit, die ihrem Spitznamen zur Ehre gereicht, die Schnürsenkel ihrer Schuhe aufzieht. «Aber Alina weigert sich, mir auch nur aus dem Bett zu helfen. Dabei haben wir ein Futonbett. Da kommt nicht mal Rosi behände raus.»
Rosi steht auf der anderen Seite der Umkleide und balanciert auf einem Bein, um ihre Socke vom Fuß zu ziehen. An ihren Armen zeichnen sich sanft die Muskeln ab, am Bauch wirft die Haut kleine Falten, die Wirbelsäule ragt in einzelnen kleinen Hügeln aus dem Rücken, während sie sich jetzt nach vorne beugt und in ihre Badeschlappen steigt.
Alina geht mit einem Handtuch an uns vorbei in die Dusche. Mit einer lässigen Bewegung knufft sie Schnecke dabei in die Schulter: «Irgendwie muss ich dich ja fit kriegen.»
Schnecke versucht, sie in den Hintern zu kneifen, aber Alina zieht ihn ein und huscht davon.
«Unterschreibst du?», fragt Schnecke, zu mir aufblickend.
«Bei euch?»
«Na klar, bei uns. Oder haben wir über den Kauf von Waschmaschinen gesprochen?»
«Ich denke, schon», sage ich. Es ist nicht so sehr das Training, das mir gefallen hat, auch wenn es gut war: anstrengend, ausgewogen, aber auch spielerisch, denn hinterher haben wir doch noch einen Ball in die Hand genommen und einige Passkombinationen geübt. Katrin und Schnecke haben recht: Iosif ist ein guter Trainer, er treibt an, aber nur bis zu dem Punkt, an dem eine Spielerin nicht mehr kann. Er nimmt sich die Leute einzeln vor, korrigiert Bewegungsabläufe, sieht die Fehler. Aber noch mehr als das Training ist es die Stimmung in der Mannschaft, die mir gefällt: Schnecke, die beim siebten Liegestütz stöhnend neben mir zusammenbricht, Katrin, die mich freundlich allen vorstellt, Lisa, die mich direkt zu ihrem Geburtstag in drei Wochen eingeladen hat, «denn du bist ja jetzt Teil des Teams».
Schnecke beugt sich vor und schlägt mir mit der Hand auf meinen nackten Oberschenkel, dass es klatscht. «Sauber!», sagt sie und ruft in die Umkleide: «Habt ihr gehört? Nessy fängt bei uns an. Wir können jetzt wieder normal sein, rülpsen und pupsen!» Sie macht ein Handfurzgeräusch. Aus verschiedenen Ecken kommt ein «Yeah» und «Juhu». Eine rülpst.
Am nächsten Tag schaut mich Eichhörnchen mitleidig an.
«Muskelkater?», fragt er, spöttisch lächelnd. Seine Haare stehen wieder ab wie Antennen, Sommersprossen bedecken seit dem Wochenende seine Oberarme.
«Ein bisschen», sage ich, während ich mich mit der Verve einer ukrainischen Kugelstoßerin auf meinen Bürostuhl plumpsen lasse. Er grinst.
«Du brauchst dich gar nicht lustig zu machen, du Konsolencowboy», sage ich. «Für dich ist zum Drucker gehen ja schon Sport.»
«Ich war gestern joggen», sagt er stolz. «Aus Solidarität.»
«Runner’s World auf Playstation 3 ?»
«Nein, richtig. Einmal durch den Westfalenpark.»
«Und? Muskelkater?»
«Ein bisschen», sagt er, dreht sich um und geht breitbeinig, mit eierigen Schritten in sein Büro zurück. Ich muss lachen.
Melanie kommt rein und wirft ihre Handtasche auf ihren Tisch. «Gute Laune?», fragt sie.
«Thorsten war gestern joggen», sage ich.
«Mit der Wii,
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