Da gewöhnze dich dran
Konzerte besuchte, mit der ich dann zusammenzog, von der ich mich trennte, eine Liebe, die völlig irrational war, die ich immer noch vermisse, manchmal, obwohl seither fast fünfzehn Jahre vergangen sind. Wir sprechen an diesem Sonntag noch sehr lange, bis weit in den Nachmittag hinein. Danach gehe ich eine Runde laufen, mein Schritt ist leicht und federnd.
«Hat Bunke sich eigentlich noch mal gemeldet?», fragt Katrin. Wir liegen mal wieder im Unterarmstütz auf dem Hallenboden. Iosif stolziert zu unseren Füßen auf und ab wie ein Paradeoffizier. Es hat ein bisschen was von Bootcamp, nur ohne Matsch. Dank Schleifer Iosif zittere ich mittlerweile erst nach zwanzig, nicht schon nach zehn Sekunden. Dumm nur, dass Iosif unsere Einheiten von dreißig auf vierzig Sekunden verlängert hat.
«Arsch runter, ihr seid keine Kamele», mahnt Iosif. «Euer Körper ist ein Brett.»
«Nee», sage ich, senke meinen Hintern, schnaufe leise und schaue hinüber in die andere Hallenhälfte. Dort schreit Willi: «Peppi, du Schmuser! Hast du eine Flasche Kuschelweich weggepinnt, oder warum gehste nich ran an den Mann? Los! Zupacken!» Die Jungs machen Eins-gegen-eins-Übungen, Mann gegen Mann: Abwehrtraining, Zweikampfverhalten, Körpertäuschungen. Peppi ist die Abwehr, er wippt herausfordernd in den Knien, wartet auf den Nächsten, der kommt. Mörtel nimmt sich einen Ball, tanzt Peppi aus wie ein Dressurpferd, täuscht links an, geht rechts vorbei und hämmert den Ball an Wülle vorbei ins Tor. Peppi sieht ihm nach.
«Ran da, du Pfeife!», ruft Willi.
Nun nimmt Bunke sich den Ball, rennt auf Peppi zu, gibt vor, zu werfen – Peppi macht einen Schritt nach vorne, reißt die Arme hoch und haut Bunke volles Pfund auf die Nase. Bunke sinkt auf die Knie.
«Peppi, du Bananenbieger!», brüllt Willi. «Gegen den Körper, nicht gegens Gesicht!»
«Alta! Haste nich gesehn?» Peppi stemmt die Hände in die Hüften. «Der Wemmser hat sich in mich reingeworfen wie Hitman Hart! Dat is doch kein Wrestling hier!» Mit ausgestrecktem Arm deutet er auf Bunke, der sich stöhnend wieder aufrichtet.
«Absetzen», sagt Iosif hinter uns, und wir lassen uns auf den Hallenboden sinken.
«Ihr habt doch geknutscht, oder?», fragt Katrin.
«Sogar ziemlich gut.»
«Und seitdem hat er sich nicht bei dir gemeldet?»
«Nein.»
«Du hast ihn auch nicht angesprochen?»
«Nein.»
«Nun lass dir doch nicht jedes Wort aus der Nase ziehen.»
«Auf den Rücken! Hintern anspannen. Arsch hoch und das rechte Bein hoch.» Iosif hat die Hände hinterm Rücken verschränkt und marschiert mit vorgestrecktem Bauch zwischen den Torpfosten auf und ab wie ein kleiner Soldat.
Ich hebe meinen Hintern hoch und muss an Melanies Nussärschchen denken, als ich meine Pobacken anspanne. «Es gibt nichts zu erzählen. Wir haben geknutscht, und seitdem habe ich nichts von ihm gehört. Er sagt hallo, wenn wir uns in der Halle begegnen, und mehr nicht.»
«Ist er schüchtern, oder was?»
«Das musst du doch wissen. Du kennst ihn viel länger als ich.»
«Ruhe da vorne – Katrin, Nessy.»
Wir zittern stumm, bis Lisa bei Sit-ups ungewollt einen fahren lässt und alle in Gelächter ausbrechen. Danach dürfen wir etwas trinken.
«Willst du denn etwas von ihm?», bohrt Katrin weiter.
«Nee, eigentlich nicht.»
«Eigentlich?»
«Ich meine: Nein, will ich nicht.»
«Findest du ihn nicht sexy?»
«Willst du mich mit ihm verkuppeln?»
«Ihr passt halt zueinander.»
«Wieso das denn?»
Sie blickt in die andere Hallenhälfte. Nun ist Wülle, der Torwart, dran, muss runter in den Hürdensitz, immer und immer wieder. Die Männer stehen in einer Reihe und werfen in die linke untere Ecke, Wülle hechtet hin, rennt einmal ums Tor, hechtet zum nächsten Ball. Er pumpt wie ein Maikäfer.
«Er ist doch ein fescher Typ, oder nicht? Kann ganze Sätze sprechen, weiß, wie man lange Wörter schreibt, nimmt keine Drogen, und sein Auskommen hat er auch.»
«Meine Mutter hätte ihn mir nicht besser anpreisen können.»
Katrin zuckt mit den Schultern. «Na und? Darauf kommt’s halt an.»
«Dehnen!», ruft Iosif. «Nicht rumstehen und plappern wie Waschweiber.»
«Weißt du», sagt Katrin und legt ihren rechten Arm hinter den Kopf, «im Grunde gibt es doch nur zwei Arten von Männern: die Platzhirsche, die nur ficken wollen, und die Stinos. Die Stinos sind die Stinknormalen, die zwar auch ficken wollen, aber nicht so scheiße sind.»
«Sex ist nicht per se schlecht», wende ich
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