Da haben wir den Glueckssalat
bin seit vier Uhr auf«, sage ich.
» Ich habe morgens um vier die besten Ideen«, erwidert sie und nickt.
» Ich habe morgens um vier die besten Panikanfälle«, kontere ich.
» Das ist dein großer Moment, Pia. Das ist das, worauf du hingearbeitet hast. Du siehst übrigens scheiße aus.«
» Danke«, sage ich. » Ich fühle mich auch so.«
Ich habe genau genommen gar nicht geschlafen, ich habe kein Auge zubekommen. In meinem Kopf spielte ich immer wieder die Szene mit Cosmo, Nicky und Nolan ab. Dann dachte ich an das Meeting mit Lina heute, dann an meine Eltern, und dann dachte ich wieder an Cosmo.
» Sammeln. Ruf deine Soldaten zum…«
» Aber ich weiß nicht einmal, was Lina vorhat«, unterbreche ich sie ängstlich.
» Ich denke, sie will ihrem Chef dein Konzept verkaufen. Ganz einfach.«
» Nein«, sage ich. » Carus International besitzt riesige Luxushotels und Restaurants. Wenn die einen popligen kleinen Food Truck kaufen würden, wäre das, als würde Bergdorf Goodman einen Stand auf dem Brooklyner Flohmarkt eröffnen. Das passt nicht zusammen.«
Julia seufzt. » Red nicht so. Denk positiv, Piepie. Das ist eine gute Sache. Das kann ich in meinen Eingeweiden spüren.«
» Das letzte Mal, als du was in deinen Eingeweiden gespürt hast, entpuppte sich das als eine Blasenentzündung«, sagt Madeleine, die jetzt den Kopf durch die Tür steckt. Sie ist startklar für ihre Morgenrunde. » Soll ich dir auf dem Rückweg einen Kaffee mitbringen, Pia? Ich bin in einer halben Stunde wieder da.«
» Ja, bitte«, sage ich. » Dasselbe wie du, aber mit einem Extra-Shot. Nein, mit zwei. Zwei Extra-Shots.«
» Äh… kann ich mir morgen dein blaues Kleid leihen? Das hochgeschlossene?«
» Ja, natürlich«, sage ich. » Für die Arbeit?«
» Nein… ich… gehe morgen Abend zu diesem Vorsingen«, antwortet Madeleine und wird rot. » Ich habe eine Anzeige in Craigslist gelesen, von einer Band drüben in Williamsburg. Ich habe gestern Abend beschlossen, dass das Leben zu kurz ist, um seine Wünsche nicht wahrzumachen.« Sie zögert kurz. » In angemessenem Rahmen.«
» Süße«, sage ich, » das ist großartig. Sicher kannst du das Kleid haben. Wir müssen uns auch über die Schuhe unterhalten.«
Julia sieht auf ihre Armbanduhr. » Ich muss los. Ich bin schon spät dran, und ich muss vorher noch eine Flirt-Mail an Mason schreiben. Alles klar bei dir?«
» Sag mir nur eins«, erwidere ich.
» Schieß los«, sagt Julia.
» Kann ich Toto bei euch zu Hause in Rochester unterstellen, solange ich in Zürich bin? Ich bringe es nicht über mich, ihn zu verkaufen. Ich werde eines Tages zurückkommen und ihn holen.«
» Sicher kannst du das«, antwortet Julia. » Aber das wird nicht nötig sein. Du wirst heute nämlich auf ganzer Linie siegen.«
Als ich wieder allein bin, nehme ich mir kurz die Zeit, um eine Twitter-Nachricht zu schreiben.
Sorry, Leute, heute ausnahmsweise kein SchlankMobil …
Morgen dafür 20% auf alles als Entschädigung …
Ich habe Jonah gestern Abend eine SMS geschrieben, um ihm zu sagen, dass wir heute nicht arbeiten. Er antwortete, dass er wieder zu einem Casting eingeladen worden sei. Gut für ihn. Er macht gerade was aus seinem Leben.
In diesem Moment klingelt mein Smartphone. Es zeigt die Mobilnummer meines Vaters an. Ich starre einen Augenblick auf das Display, dann drücke ich auf » Lautlos« und lasse es weiterklingeln. Noch nicht. Ich bin mir zwar sicher, dass das Meeting heute reine Zeitverschwendung sein wird und dass es mir nicht erspart bleibt, meinen Vater um zehntausend Dollar anzupumpen, um Vic sein Geld zurückzugeben, aber ich kann das nicht am Telefon.
Ich stelle mich sehr lange unter die heiße Dusche und kehre anschließend in mein Zimmer zurück, wo ich genüsslich dem vertrauten Knarren des Hauses und den Geräuschen meiner Mitbewohnerinnen über und unter mir lausche. Coco singt oben in ihrem Mansardenzimmer zu einem schrecklichen alten Song von Nick Lachey, Angie stapft durch ihr Zimmer in bestimmt zwölf Zentimeter hohen Holzabsätzen, und Madeleine ist mit meinem Kaffee von ihrer Joggingrunde zurück und nimmt nun wie immer eine ausgiebige Dusche. Ich habe sie übrigens nicht auf das HÄSSLICH HÄSSLICH HÄSSLICH auf dem Spiegel angesprochen. Falls es überhaupt Madeleine war. Ich vermute, da hatte bloß jemand einen schlechten Tag.
Was zieht man an, wenn man in die Schlacht zieht?
Ich orientiere mich an Linas Kleidung: anthrazitfarbene Hose, Seidentop,
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