Da haben wir den Glueckssalat
sitzen im Wohnzimmer. Ich habe die anderen mehrmals gebeten zu verschwinden, mich allein mit ihm verhandeln zu lassen. Sie haben abgelehnt.
» Wir stehen das gemeinsam durch«, sagte Julia. Was in mir sofort das Bedürfnis weckte, zu weinen und ihr gleichzeitig um den Hals zu fallen.
Obwohl wir uns irgendeine Dokusoap über durchgedrehte Brautjungfern ansehen, spult in Wirklichkeit jede von uns ihren eigenen kleinen Film im Kopf ab. Angie mischt nervös die Karten. Julia klopft unruhig mit dem Fuß. Coco liest dieselbe Seite von Betty und ihre Schwestern wieder und wieder, und Madeleine knabbert an ihren Haarspitzen. Und ich? Ich spiele einfach diverse Weltuntergangsszenarien in meinem Kopf durch.
Dann klingelt es an der Tür.
» Ich mach auf!«, sagt Coco und hüpft von der Couch. Ich höre, dass die Haustür sich öffnet, dann, eine Sekunde später… » Piiiaaa?«
Julia und ich wechseln einen kurzen Blick und laufen beide aus dem Wohnzimmer.
Es ist Cosmo.
Früh.
In Begleitung von Nicky und Nolan.
» Pia! Schätzchen!«, sagt Cosmo mit einem derart breiten Lächeln, dass es aussieht, als würde sein Gesicht gleich aufplatzen.
Ich bin ihm nicht mehr persönlich gegenübergestanden seit dem Tag, als wir uns kennenlernten. Er trägt heute Jeans und wieder ein perfekt gebügeltes Hemd. Cosmo sieht nicht weltmännisch aus, wird mir plötzlich bewusst. Sondern unheimlich.
» Sie sind früh dran«, bemerke ich überflüssigerweise.
» Ich habe Pläne für den Abend«, erwidert er. » Außerdem habe ich dich vermisst, Pia. Ich wollte dich endlich wiedersehen.«
Vor lauter Grausen läuft es mir eiskalt über den Rücken. Links von ihm steht Nolan, den Arm in einer Schlinge. Er wirkt heute weniger konzentriert, aber dafür noch gefährlicher als zwei Tage zuvor. Auf der anderen Seite steht Nicky, der Kleiderschrank.
» Möchtest du uns nicht hereinbitten?«, sagt Cosmo.
» Nein«, sagt Julia neben mir. » Das ist mein Haus. Sie sind hier nicht willkommen.«
Cosmo schenkt ihr kaum Beachtung. Sein Blick verharrt auf mir. » Dann gib mir meine Zehntausend, kleine Pia.«
Ich räuspere mich. » Ich habe gehofft… dass Sie mir etwas Aufschub geben. Nur achtundvierzig Stunden, mehr brauche ich nicht.«
» Ts, ts, ts…« Cosmo legt den Kopf schief und sieht mich an, dann macht er plötzlich ein paar Schritte vorwärts und steht in der Diele. Julia, Coco und ich weichen unwillkürlich zurück. » Damit habe ich gerechnet.«
» Ich hatte das Geld, aber wegen des… Zwischenfalls mit Nolan hatte ich einen Unfall und bin verhaftet worden, und man hat mir das Geld gestohlen…«
» Das klingt ziemlich unwahrscheinlich. Aber keine Sorge, wir werden eine andere Lösung finden«, erwidert er und macht einen weiteren Schritt ins Haus hinein. Wieder weichen Julia, Coco und ich zurück.
In meiner Panik fange ich an, mir Fluchtmöglichkeiten zu überlegen. Wir könnten in die Küche rennen und von dort hinaus auf die Veranda, aber wir würden es nie alle fünf schaffen, ohne dass die drei uns einholen. Wir könnten nach oben laufen in eins der Zimmer, aber keins davon kann man abschließen. Wir könnten versuchen, an ihnen vorbeizukommen, aber…
» Bitte gehen Sie, und kommen Sie in zwei Tagen wieder«, sage ich zu Cosmo. Meine Stimme klingt erstaunlicherweise viel fester, als ich erwartet habe.
» Niemand geht hier irgendwohin«, sagt Cosmo.
» Was ist mit deinem Arm passiert, Nolan?«, frage ich, als Ablenkungsmanöver.
» Autocrash. Freitag.«
Darum kam Nolan also nie hier an, um die Scheiben einzuschlagen oder jemanden zu verletzen. Er war so blindwütig, dass er einen Unfall hatte.
» Ah, die ganze Bande ist hier«, sagt Cosmo. Ich werfe einen Blick hinter mich und sehe, dass Angie und Madeleine nun auch in der Diele stehen. » Fangen wir an, Jungs.«
Auf dieses Stichwort hin packt Nolan Coco im Nacken, um sie in Richtung Wohnzimmer zu schieben. Sie stößt ein ängstliches Jaulen aus und versucht, sich von ihm loszureißen, indem sie sich panisch hin und her windet.
» Lass sie los!«
Julia versucht sofort, Nolans Arm von Coco wegzuzerren, aber Nicky geht dazwischen, umklammert mit einer seiner Fleischerhakenpranken Julias Handgelenke und reißt sie hoch über ihren Kopf.
Dann bricht die Hölle los: Angie und Madeleine stürzen herbei, während ich versuche, Nicky von Julia wegzuziehen. Alles brüllt und schreit durcheinander, und alles, was ich denken kann, ist, nein, nein, nein, nein, nein, nein,
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