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Da haben wir den Glueckssalat

Da haben wir den Glueckssalat

Titel: Da haben wir den Glueckssalat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gemma Burgess
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dezentes, langärmeliges schwarzes Kleid, verglichen mit ihr wirken alle anderen im Raum furchtbar overdressed, aber tatsächlich hat es nichts mit dem Kleid zu tun, sondern mit ihr selbst. Madeleine überstrahlt alle.
    Als sie fertig ist, herrscht in der Bar ein paar Sekunden lang Totenstille. Dann regnet es, nein, es hagelt Applaus.
    » Ich wusste gar nicht, dass du so fantastisch singen kannst!«, sagt Julia begeistert. » Ich habe den Song ausgewählt, weil ich dachte, den können wir alle mitsingen!«
    Madeleine muss so sehr lächeln, dass sie kaum imstande ist zu sprechen. » Ich hatte früher mal Gesangsunterricht. Aber dann in der Highschool kam der Mathematik-Wettbewerb dazwischen…« Sie zuckt mit den Schultern und hickst. » Kann ich noch einen Kurzen haben?«
    Der Ansager meldet sich wieder. » Der Nächste ist… Pia Keller!«
    Verdammter Mist.

17
    Ich kann das nicht. Ich kann mich nicht vor die ganzen Leute stellen und singen. Meine Stimme wird mich im Stich lassen, ich werde eine Panikattacke bekommen und/oder abstürzen und/oder in einer Pfütze aus Schweiß und Erbrochenem enden. Ich kann das nicht, ich kann nicht…
    » Auf geht’s, Pia!«, ruft Julia und schiebt mich vor in die Menge.
    Irgendwie gelange ich auf die Bühne, wo mir schmerzhaft bewusst ist, wie klein der Raum ist, wie grell das Licht, wie still das Publikum und wie heiß und eng mir plötzlich wird…
    In meiner Kehle steckt ein bitterer Angstkloß– oder ist das Galle? Ich senke den Blick auf den Karaoke-Monitor und kann gerade noch die Überschrift 99 Red Balloons erkennen, aber der Text verschwimmt vor meinen Augen. You and I in a little toy shop / Buy a bag of balloons with the money we’ve got …
    Meine Sicht ist zu verschwommen, um es zu lesen, aber ich kann auch nicht einfach von der Bühne gehen. Es gibt jetzt kein Zurück mehr. Ich darf nicht– ich werde nicht– versagen.
    Ich schaffe das.
    Die Musik beginnt. Ich kann den Text immer noch nicht richtig entziffern, aber irgendwie öffne ich den Mund und fange an zu singen. Die ersten Töne kommen noch als ein piepsiges Flüstern heraus, aber mit der Zeit wird meine Stimme immer lauter.
    Das Publikum stutzt, und einen Sekundenbruchteil später wird mir bewusst, dass ich den Text im Original singe… auf Deutsch.
    99 Luftballons ist ein Lieblingslied meines Vaters. Er hörte es früher ständig. Ich könnte den deutschen Text nicht übersetzen, aber ich kann ihn auswendig. Ich muss nur durchhalten, bis das Stück zu Ende ist.
    » Hast du etwas Zeit für mich, dann singe ich ein Lied für dich…« Ich habe das Gefühl, dass meine Stimme völlig fremd klingt, dünn und zittrig.
    Aber als ich mich traue, den Kopf zu heben, lächeln die Zuschauer. Es gefällt ihnen! » …von neunundneunzig Luftballons…«
    Nach der Eingangsstrophe setzt der Elektrobeat ein, und ich fange an, im Takt zu klatschen. Das Publikum klatscht sofort mit, und dann singe ich weiter, dieses Mal selbstsicherer.
    » Neunundneunzig Luftballons, auf ihrem Weg zum Horizont, hielt man für Ufos aus dem All…«
    Als ich den Song beende, bin ich von einem leichten, glänzenden Schweißfilm bedeckt, aber meine Angst ist einem Hochgefühl gewichen. Ich fühle mich euphorisch, unbesiegbar, wie im Rausch! Karaoke: ein gratis Aufputschmittel!
    Ich kann nicht aufhören zu lächeln. Es fühlt sich an, als würde der ganze Saal toben, und ich kann Julia aus allen anderen heraushören. Ich mache eine kleine Verbeugung, dann springe ich von der Bühne und eile zurück zu den Mädels. Aber bevor ich dort ankomme, werde ich abgefangen und herumgewirbelt.
    Von Mike.
    » Lass mich runter!« Ich trage ein superkurzes goldfarbenes Minikleid. Warum wollen die Kerle einen immer hochheben, wenn man nicht richtig dafür angezogen ist?
    » Pia! Das war unglaublich!«
    Mike sieht heute Abend nicht so süß aus wie sonst: Er hat eine neue Frisur, die ihm nicht steht, und sein blaues Hemd beult sich an den falschen Stellen aus.
    » Danke«, sage ich und gehe sofort auf Abstand. Aus dem Augenwinkel nehme ich wahr, dass Coco und Eric an der Bar herumknutschen. Yes! Ich unterdrücke den Impuls, die Siegerfaust zu ballen. Schön für Coco!
    » Du siehst umwerfend süß aus, wenn du lächelst, weißt du das? Ich habe deine SMS gelesen und gedacht, scheiße, ja, das ist mein Mädchen…«
    Ich runzle die Stirn. Mein Mädchen? » Mike… bitte nicht.«
    » Was nicht?«, fragt er und hebt die Hand, um meine Wange zu streicheln. Mir wird

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