Da haben wir den Glueckssalat
grundverschieden, aber trotzdem passen wir zusammen.«
» Geh nicht nach L. A. «, sage ich plötzlich. » Zieh nicht weg. Bleib hier bei uns in der WG . Bitte, ich will nicht, dass du gehst.«
Sie sieht mich an und lächelt. » Ich dachte schon, du würdest das nie sagen.«
Als Nächste ist Julia dran mit It’s gonna be me von N Sync, den Song hat Coco für sie ausgesucht. Nach ein paar Takten beginnt Julia, scheinbar unbewusst, die Choreografie zu tanzen, die sie damals auf der Junior Highschool zu diesem Song einstudiert hat. Sie ist in diesem Zustand der Trunkenheit, in dem man selbstbewusst wirkt, aber nicht peinlich– trotz pumpender Fäuste, schlenkernder Beine, Hand, die aufs Herz klopft, 180-Grad-Sprüngen, Drehungen und Verrenkungen–, eine perfekte Boygroup-Choreografie.
Auch Julia erhält Standing Ovations, auf dem Weg zu uns wird sie von einem heißen Typen aufgehalten. Er spricht sie an, aber sie grinst nur kokett und geht weiter.
» Spielst du die Unnahbare?«, sage ich, während ich beobachte, dass der Typ ihr hinterherstarrt.
» Ich spiele es nicht, ich bin unnahbar«, erwidert sie. » Lasst uns noch eine Runde bestellen!«
Als Nächstes singt ein Mann Stay von Lisa Loeb, mit der tiefsten Stimme, die ich jemals gehört habe, und der Abend wird allmählich feucht-fröhlich. Julias Laune wird immer besser, Coco und Eric stehen kurz davor, sich zu küssen, Tad und Wilcox improvisieren einen Tanz, indem sie auf der Stelle rennen und sich an einer imaginären Stange räkeln. Dann stoßen zwei Bekannte von Angie zu uns, Sirvan und Ali: zwei attraktive, höfliche und sichtlich wohlhabende iranische Playboys.
Sirvan und Ali holen sich etwas zu trinken, Angie und ich gehen hinaus, um eine zu rauchen.
» Wo hast du denn die beiden aufgegabelt?«, frage ich.
» In London«, antwortet sie achselzuckend. » Sie sind süß. Und reich. Was will man mehr?«
» Nette Einstellung«, sage ich.
» O Mann, ich bin richtig gut drauf«, sagt sie und stößt Rauchringe aus.
» Das kann schon mal vorkommen, wenn man Margaritas trinkt.«
» Das liegt nicht am Alkohol, sondern am Adderall. Wilcox hat welches dabei.«
Wow, sie hat ihn gerade erst kennengelernt und schon verschreibungspflichtige Amphetamine erbeutet. Irgendwie beeindruckend. Das letzte Mal, dass ich Adderall mit Alkohol kombiniert habe, bin ich nackt neben einem Professor für englische Literatur aufgewacht. (Nein, englische Literatur war keins meiner Fächer, aber das ist nicht der Punkt.)
» Sei vorsichtig, Angie, ja? Ich habe keinen Bock auf eine weitere Vorstellung auf der Brücke.«
» Drogenfahnder.«
Ein paar Drinks später treffe ich zufällig Madeleine auf der Toilette. Ihre Augen sind rot und geschwollen.
» Alles okay?«, frage ich.
» Ja, alles gut, es ist nichts«, murmelt sie. Sie ist sehr betrunken, wird mir plötzlich bewusst. Sie lallt. » Weißt du, ich habe doch diesen Typen eingeladen, den ich seit Kurzem kenne… diesen Andrew… Er ist nicht gekommen.«
» Oh…«, sage ich. » Schade. Na ja, dafür sind Angies iranische Freunde erstaunlich süß, wenn man bedenkt, dass allein ihre Uhren mehr wert sind als unser ganzes Haus. Du hättest auch noch die Wahl zwischen Tad und Wilcox…«
Madeleine blickt auf und rollt mit den Augen. » Die interessieren mich aber nicht, Pia! Herrgott noch mal!« Sie schwankt. » Warum musst du immer jedem zwanghaft Spaß verordnen?«
» Wie nett!«, erwidere ich und knalle die Kabinentür hinter mir zu, während Madeleine die Damentoilette verlässt.
Wie unfreundlich. Gott, ich hasse es, wenn andere ihre schlechte Laune an einem auslassen! Ich habe doch nur versucht, den Abend zu retten! Außerdem, wenn Madeleine sich nicht mit anderen Leuten abgibt, wie zum Teufel will sie dann jemals einen Mann kennenlernen? Auch das Internet hat seine Grenzen.
Ich wasche mir die Hände, pudere mein Gesicht nach und verlasse die Toilette, gerade als die ersten Töne von Feeling good erklingen, diesem Song von Nina Simone. Birds flying high, you know how I feel … Wow, die Sängerin hat eine wundervolle Stimme: tief, sinnlich, traurig…
Dann sehe ich auf die Bühne, und meine Kinnlade klappt herunter.
Es ist Madeleine.
Sie singt so faszinierend, dass der ganze Saal zum ersten Mal still ist an diesem Abend. Ihre Stimme klingt melancholisch und gefühlvoll und aufrichtig. Ich habe noch nie etwas Vergleichbares gehört.
Und mir war auch nie bewusst, wie anmutig Madeleine ist. Sie trägt ein
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