Da haben wir den Glueckssalat
mindestens eine Million Dates.«
» Ich… keine Ahnung«, sage ich und flitze an ihr vorbei zurück in mein Zimmer.
» Kannst du dir bitte was überziehen?«, ruft sie mir hinterher. » Ich muss dich nicht unbedingt in Unterwäsche sehen.«
» Du bist so was von prüde!«
» Du bist so was von europäisch!«
» Ha!«
Ich massiere die Kur in meine Haare ein, unterteile sie mit Clips in einzelne Strähnen, schnappe mir den Föhn und die Rundbürste und fange an zu föhnen. Es ist so unfair, dass ich so viele Haare habe. So unfair.
Es klopft zögerlich an der Tür. » Brauchst du Hilfe?«, fragt jemand. » Ich bin gut im Haareföhnen.«
Ich hebe den Kopf und sehe Madeleine. » Wirklich?«, sage ich. » Gott, ja, bitte.«
Wir haben kaum miteinander geredet seit dem kleinen Eklat neulich. Ist das ein Wink, dass wir wieder Freundinnen sein sollen? Richtige Freundinnen?
Madeleine stellt sich hinter mich, die Ärmel wie immer halb über die Hände gezogen, und nimmt sich Bürste und Föhn.
» Bist du nervös?«
» Nein«, sage ich unwillkürlich, und unsere Blicke treffen sich im Spiegel. » Na schön… ja. Ich bin so nervös, dass mein ganzer Bauch kribbelt.«
» Ich hasse dieses Gefühl!«
Ich trage fix Make-up auf, während Madeleine mir fachmännisch die Haare föhnt: eine natürliche Grundierung mit Schimmereffekt für einen strahlenden, ebenmäßigen Teint sowie Rouge, Wimperntusche und Lippenstift in dezentem » Ich, aber besser«-Look. Meine Hände zittern so stark, dass ich den Lidstrich verwackle, also verreibe ich ihn und hoffe, es sieht ein wenig punkig aus.
Mir ist bewusst, dass angesichts der Umstände in meinem Leben, die Anlass zur Sorge geben, ein Date mit Aidan irgendwo hinter » noch dreizehntausend Dollar zusammenkratzen, um einen Kredithai zu bezahlen« und » eine Möglichkeit finden, um nicht unter elterlichem Druck New York verlassen zu müssen« rangieren sollte. Aber aus irgendeinem Grund tut es das nicht. Ich habe mir– wieder einmal– erfolgreich eingeredet, dass ich es schaffen werde, das Geld durch harte Arbeit zusammenzubekommen. Ich habe allein in dieser Woche täglich von halb fünf morgens bis zehn Uhr abends geschuftet und viereinhalbtausend Dollar verdient. Wenn ich das beibehalten kann und nicht wieder Mist baue, dürfte es kein Problem sein, den gesamten Kredit zu tilgen, und danach werde ich ein funktionierendes Unternehmen haben, mit dem ich meine Eltern beeindrucken kann.
Okay. WaszumTeufelsollichanziehen???
Das Problem bei einer Verabredung in einer Kneipe ist, dass man gern so umwerfend wie möglich aussehen möchte, allerdings ohne den Anschein zu erwecken, dass es zu viel Mühe gekostet hat, oder? Ein Kleid scheint mir dafür zu elegant zu sein, ein Rock zu mädchenhaft, ein enges Oberteil zu figurbetont, eine Bluse zu förmlich, und dann ist da natürlich noch das ewige Schuhproblem, dabei weiß ich nicht einmal, wie groß Aidan ist, weil wir insgesamt nur eine gute Viertelstunde miteinander verbracht haben, und das jedes Mal auf einem Taxirücksitz, verfluchte Hacke. Und zu guter Letzt dürfen wir nicht vergessen, dass wir hier in Brooklyn sind und nicht in Manhattan, und in Brooklyn ist eine gewisse stilvolle Lässigkeit angesagt. Ich darf nicht so aussehen, als hätte ich zu viel Aufwand betrieben.
Normalerweise hilft mir die Beschäftigung mit der Kleiderfrage, um meine Nerven zu beruhigen. Aber heute nicht.
Ich werde gleich Aidan wiedersehen.
» Scheiße, scheiße!«, schreie ich laut.
» Alles okay?«, fragt Madeleine und legt den Föhn zur Seite.
» Ja, alles gut, alles prima… wow! Schon fertig? Das ist perfekt! Danke!«
» Ein kleiner Snack vor dem Date!«, sagt Coco und kommt mit einem Tablett in mein Zimmer. » Käsetoast. Du brauchst eine ordentliche Grundlage.«
Ich bin zu nervös, um etwas herunterzubekommen, aber ich nehme mir trotzdem eine Scheibe und schenke ihr ein Lächeln. » Danke, Coco.«
Sie strahlt. » Und, was ziehst du an?«
» Okay!« Ich stelle mich vor meinen offenen Wandschrank. Madeleine und Coco setzen sich auf mein Bett wie Zuschauer. » Nehmen wir mal an, er ist groß… Wir fangen als Erstes mit diesen Boots hier an.«
Beide nicken ernst.
» Nun kombinieren wir sie mit etwas, das schlicht, aber raffiniert ist. Wie zum Beispiel dieses weiße Minikleid.«
» Hübsch!«, ruft Coco.
» Bloß… Was, wenn das too much ist?«, sage ich. » Oder zu schlicht. Oder was, wenn ich mich bekleckere? Ich weiß gar nicht, ob
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