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Da hilft nur noch beten

Titel: Da hilft nur noch beten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horst Bosetzky , -ky
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Baum zum Wildwuchs neigt, kann aus ihm nichts werden, es sei denn, man bindet ihn an einen starken Pfahl!» So sie; welch Bild! Aber es hatte wohl gestimmt. So lange jedenfalls, bis der wilde Baum derart kräftig in die Höhe gewachsen, ja, geschossen war, daß er den starken Pfahl ganz einfach aus dem Erdreich herausgerissen hatte. Insofern tat ihm sein gewesener Cousin ein wenig leid, und er sagte sich, daß Jessica außer diesem Mann noch ganz andere aus der Bahn werfen würde; der nächste war ja schon sehr deutlich auszumachen, und er mußte unwillkürlich schmunzeln, wenn er an all die erhitzten Burschen dachte, wie sie stöhnten: «Jessi, ohne dich kann ich nicht leben!»
    Aber wer schloß denn aus, daß es ihn nicht selber eines Tages packte, Blutsverwandtschaft hin, Blutsverwandtschaft her, und er dann auch so stammelte; vielleicht war das auch schon längst geschehen…? Auch das noch, nein! Tausendmal berührt, tausendmal ist nichts passiert… Klaus Lage, ja. Ob es auch bei ihm schon zoom gemacht hatte? Jessica schien ihm gefährlicher als Heroin, nach drei Jahren absolut tödlich. Also: gar nicht erst anfangen damit. Aber… Kein Aber: Arsch du!!
    Der Glashütter Weg, komische Gegend, war plötzlich zu Ende, und zwar lange bevor er bei Schmachtenhagens Hausnummer angekommen war. Er hielt an und wartete, bis zwei Schuljungen, um die zehn herum, des Weges kamen, stutzte aber abermals, denn die beiden parlierten in einem Französisch, das seines bei weitem übertraf. Quoi de neuf? – Qu’est-ce tu veux que j’en sache? – T’as rencontre personne? – Non …
    Er fragte den, der ein selten aufgewecktes Kerlchen war, ein Kobold durch und durch, erfuhr, daß die beiden vom FG kamen («Was bitte…?»), vom Französischen Gymnasium, und der eine sogar eine Schwester besaß, die in Paris studierte, der Christian. Und nicht nur das, er wußte auch bestens Bescheid über das tiefe Geheimnis des Glashütter Weges.
    «Wir wohnen nämlich da: Benatzkyweg!»
    «Nu versteh ich gar nichts mehr…!?»
    «Der hintere Teil vom Glashütter Weg heißt jetzt Benatzkyweg, nach dem vom ‹Weißen Rössl› da…»
    «Ich danke Ihnen, meine Herren!»
    Corzelius ließ sich die Route beschreiben, die er nun zu nehmen hatte, und war auch anderthalb Minuten später am Ziel, allerdings von neuem höchlich erstaunt. Stand doch da ein Mann in seinem Garten, so bärtig und so böse wie Karl Marx bei der Verdammung Bakunins, und übte sich darin, mit einer bordeauxroten Nilpferdpeitsche, kunstvoll geflochten und garantiert aus Sklaventreiberzeiten stammend, eine leere Bierdose vom Gartenzaun zu fetzen, das heißt, mit dem verknoteten Ende zu treffen und sonstwohin zu fegen.
    Corzelius stieg aus und fragte, kaum daß er seinen Wagen abgeschlossen hatte, für welchen Zirkus da wohl dieses Training liefe, und es stellte sich heraus, daß der bärtige Herr keineswegs, sondern ganz im Gegenteil, sehr gebildet und sogar Professor war.
    «Wieso denn aber diese Peitsche? Die große Wende auch im Hörsaal…?»
    «Nein, nein, die hab ich auf ‘ner Exkursion geschenkt bekommen, weil ich gern den Macho spiele…»
    «Und der Striemen da am Ohr, der Schmiß, das blaurote Auge…? Selbstverstümmelung, um zusätzliche Semesterferien zu haben…?»
    «Nein, nur ein total mißglückter Schlag. Aber ich zeig’s denen schon: ich lern noch zielen damit!»
    Sehn Se: das ist Berlin! hörte Corzelius es singen und ging über die Straße hinüber, fand auch das Namensschild, schön geformte Bronze, mit der Aufschrift Schmachtenhagen. Na ja, angeschmachtet hatte er Jessica ja.
    «Der ist nicht da!» rief ihm der Professor mit der Peitsche nach.
    «Wissen Sie zufällig, wo er hin ist?»
    «Ich glaube, zu seiner geschiedenen Frau wollte er: seine Tochter sehen…»
    Corzelius zuckte zusammen. Also doch!
    «Wann war ‘n das, gestern?»
    «Gestern morgen, ja, als ich in die Stadt gefahren bin.»
    «Und seitdem ist er nicht mehr hier gewesen…?»
    «Nein, meines Wissens nicht.» Der Professor ließ die Nilpferdpeitsche sinken. «Der Staatsschutz wieder mal…?»
    «Wieso…?»
    «Na, da hinten hat’s doch neulich gebrannt, ‘n Anschlag auf einen hohen Beamten, und ausgerechnet ich hatte nur das Alibi, allein im Bett gelegen zu haben. Da ist man nun ein aufrechter Konservativer und wird trotzdem verdächtigt…! Warum denn hat es die Polizei ausgerechnet auf einen Menschen wie mich abgesehen!? Nur weil ich neulich mal ein wenig demonstriert

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