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Da liegt ein Toter im Brunnen - ein Krimi mitten aus der Provinz

Da liegt ein Toter im Brunnen - ein Krimi mitten aus der Provinz

Titel: Da liegt ein Toter im Brunnen - ein Krimi mitten aus der Provinz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: emons Verlag
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Zeichen einer schnatternden Gans.
    »Ich weiß, dass es nicht ganz den üblichen Gepflogenheiten entspricht«, fuhr sie in ernstem, sehr gefasstem, zugleich aber höchst bestimmtem Ton fort, »und ich bitte Sie, mich nicht misszuverstehen. Ich habe selbstverständlich nicht die Absicht, mich in Ihre Arbeit einzumischen. Doch ich möchte Sie darauf hinweisen, dass dieser Vorfall am Brunnen für unsere Stadt unter keinen Umständen zu einem Skandal eskalieren darf. Wir sind, was Ihnen vielleicht nicht in allen Dimensionen bewusst ist, in höchstem Maße von unserem Heilwasser abhängig. Und ein freier Zugang zum Brunnen ist unerlässlich für einen reibungslosen Ablauf des Kurbetriebs. Sie verstehen, Herr Rubin.«
    »Ich habe verstanden, und was kann ich für Sie tun?«
    »Ich nehme mit Freude zur Kenntnis, dass Sie die Lage genauso einschätzen wie ich. Deshalb ganz gezielt meine Frage: Wann geben Sie den Brunnen wieder für die Öffentlichkeit frei?«
    Rubin hatte über diesen Aspekt noch nicht nachgedacht und hatte erst recht keine Antwort. Er gönnte sich einen Moment der Stille und sagte dann:
    »Ich informiere Sie, sobald ich Näheres weiß. Und jetzt entschuldigen Sie mich bitte. Ich bin im Gespräch.«
    Bürgermeisterin von Roth murmelte ein knappes »Danke«, dann legte sie auf.
    »Lass mich raten«, sagte Bernstein, »die Bürgermeisterin sorgt sich um den guten Ruf der Stadt und sieht eine Katastrophe von apokalyptischen Ausmaßen auf Bad Löwenau zurollen.«
    »So ähnlich«, sagte Rubin.
    Er blickte kurz zum Fenster hinaus und nippte an seinem Bier, das frisch und herb und fast ein bisschen metallisch schmeckte. Auf dem Marktplatz waren noch immer Menschen versammelt, die sich dicht hinter dem Absperrband drängten. Nahezu alle hatten ein Gefäß dabei. Sie diskutierten lebhaft und voller Entrüstung. Rubin begann zu begreifen, wie wichtig das Heilwasser für Bad Löwenau war.
    Freitag schlürfte lautstark aus seinem Schälchen Wasser. Es roch mittlerweile sehr deutlich nach nassem Hund.
    »Wisst ihr, was isse überhaupt passiert mit arme Serkan? War Mord oder war Unfall?«, nahm Ricardo das unterbrochene Gespräch von eben wieder auf.
    »Ich habe keine Vorstellung, was genau passiert ist, geschweige denn, warum. Außerdem weiß ich über Serkan noch zu wenig, um ein mögliches Motiv erahnen zu können. Mir gehen allerdings die Worte seines Bruders nicht aus dem Kopf.«
    »Hassan? Was hatte gesagt?«
    »Als er die Leiche seines Bruders sah, sagte er: ›Ich mache ihn kalt. Ich kriege das Schwein.‹«
    »Meinte er damit wirklich jemand Bestimmtes?«, fragte Bernstein. »Hassan ist als Heißsporn und Wichtigtuer bekannt.«
    »Ach, ihr Deutsche nix verstehe«, rief Ricardo. »Hassan isse stolze Manne. Wenn Bruder tot, in Hassan tun koche starke Emotione, klare! Und dann er sage Dinge, die nicht so meine und später bereue. Isse so wie bei Fußball: Wenn Spieler gibt Interview direkt nach verlore Spiele, nix müsse glaube.«
    »Ich werde ihm jedenfalls nach dem Essen einen Besuch abstatten«, sagte Rubin.
    »Ich habe auch eine Idee«, sagte Bernstein. »Über Hassans Laden hat Sybille Müller, die Psychologin, ihre Praxis.«
    »Meyer«, korrigierte Ricardo.
    »Also gut, Meyer. Ich erinnere mich, dass sie sich in der Vergangenheit häufiger in der Redaktion über Lärmbelästigung von unten beklagt hat. Ich denke, dass sie diesen misslichen Zustand gerne ans Licht der Öffentlichkeit bringen möchte. Dabei kann ich behilflich sein. Vielleicht hat die hellhörige Dame ja etwas Außergewöhnliches vernommen, von dem die Welt augenblicklich in Kenntnis gesetzt werden muss.«
    Rubin sah Bernstein fragend an.
    »Keine Sorge, mein Bester, ich will dir nicht deine Arbeit wegnehmen. Ich führe lediglich ein Interview. Ich stelle Fragen. Genau wie du.«
    »Also gut, Bernstein«, sagte Rubin.
    In diesem Moment erschien Caterina mit drei übergroßen dampfenden, duftenden Portionen Seeteufel mit Brokkoli und in Butter geschwenkten hausgemachten Spirelli.
    Ricardo rief voller Stolz: »Bitte schon, amici! Buon appetito, lasse schmecke! Isse alles gute, wenn Esse gute!«

7
    Rubin, Bernstein und Freitag verließen »Da Ricardo« und überquerten den Marktplatz.
    Der Löwenbrunnen stand jetzt einsam und verwaist hinter der rot-weißen Polizeiabsperrung. Es gab ja auch nichts mehr zu sehen, was es nicht auch an anderen Tagen zu sehen gäbe. Trotzdem hielt Jana Cerni eisern Wache an der Absperrung, und das, obwohl Rubin sie

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