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Da liegt ein Toter im Brunnen - ein Krimi mitten aus der Provinz

Da liegt ein Toter im Brunnen - ein Krimi mitten aus der Provinz

Titel: Da liegt ein Toter im Brunnen - ein Krimi mitten aus der Provinz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: emons Verlag
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damit nicht beauftragt hatte. Sie hatte ein blassweißes Gesicht, eine rote Nase und zitterte. Warum hatte sie keine Mittagspause gemacht?
    »Sie können die Absperrung jetzt entfernen«, sagte Rubin zu ihr, »ich gebe den Brunnen wieder frei. Bitte teilen Sie das auch dem Büro der Bürgermeisterin mit und – bitte, machen Sie danach eine kleine Pause und wärmen sich auf.«
    »Danke, Chef«, sagte die blonde Polizistin und machte sich an die Arbeit, nicht ohne zuvor Bernstein die zarte Andeutung eines Lächelns zukommen zu lassen.
    »Was macht dieses Brunnenwasser eigentlich so besonders?«, wollte Rubin wissen. »In unserer Schulzeit hatte es doch noch nicht einmal Trinkwasserqualität.«
    »Koste selbst«, sagte Bernstein.
    »Ich habe kein Gefäß.«
    »Nimm deine Hand, mach es so.«
    Bernstein lehnte sich über den Brunnenrand und streckte seine Hand, die Innenfläche leicht gewölbt, unter eine der vier Fontänen. Das Wasser lief sprudelnd darüber, nur einige wenige Tropfen konnte er zum Mund führen. Er verzog genüsslich das Gesicht.
    »Ein guter Jahrgang, alle Achtung.«
    Rubin folgte seinem Beispiel und streckte gleichfalls die Hand einem wasserspeienden Löwenkopf entgegen. Er schlürfte einen großen Schluck des kalten Wassers, das schal und metallisch schmeckte, ein wenig wie das Bier vorhin bei Ricardo.
    Als er sah, dass die beiden etwas zu sich nahmen, bellte Freitag um seinen Schluck Heilwasser. Rubin ließ ihn kosten, der Golden Retriever nieste und schüttelte sich.
    »Das nenne ich Heilungserfolg auf ganzer Linie«, sagte Bernstein.
    »Wozu ist das Heilwasser gut?«, fragte Rubin.
    »Pst, mein Lieber, nicht so laut!«, flüsterte Bernstein und rückte mit einem ironischen Gesichtsausdruck näher an Rubin heran. »Es gibt Fragen, die man heutzutage in Bad Löwenau besser nicht stellt. Die Frage nach dem Geheimnis des Heilwassers ist tabu. Frage ruhig, wer mit wem und warum auch nicht, kein Problem. Doch frage niemals nach dem Geheimnis des Brunnenwassers!«
    »Gibt es denn keine Expertisen, unabhängige Untersuchungen?«
    »Sicher gibt es die, zuhauf sogar. Je nach Experten und je nach Kurarzt und je nachdem, wer welche Studie in Auftrag gegeben und finanziert hat, erhältst du ein anderes Ergebnis.«
    »Ich verstehe.«
    »Die einen behaupten, das Heilwasser hilft bei Gicht, Rheuma, Nesselfieber und Parodontose. Andere schwören auf seine Heilwirkung bei Blähungen, Harndrang und Gastritis. Auch bei Schnupfen, Migräne, Raucherkatarrh und Fußpilz soll es wahre Wunder wirken. Doch nichts davon ist stichhaltig bewiesen, mit Ausnahme einer Sache.«
    »Und die wäre?«
    »Das Wasser ist unschlagbar bei akuten Fällen von – Durst.«
    Rubin rief Freitag herbei, der im Begriff war, mit einem Schäferhund Bekanntschaft zu schließen. Der Schäferhund schien von der Idee allerdings nicht sonderlich begeistert.
    »Ich stelle mir vor, dass Serkan gestern Nacht hier war, um Wasser zu zapfen«, sagte Rubin.
    »Was meinst du, hatte er ein Leiden oder hatte er nur Durst?«
    Rubin zuckte die Schultern und runzelte die Stirn. »Das wissen wir nicht«, sagte er, »obwohl es schon rätselhaft ist, dass ein junger Mensch an Herzstillstand stirbt. Was wir aber mit Sicherheit wissen, ist: Jemand hat Serkan in den Brunnen gelegt. Die Frage ist, ob er da schon tot war.«
    »Zumindest konnte er sich nicht mehr durch einen umgekehrten Hechtsprung aus dem Wasser herausretten.«
    »Derjenige, der ihn ins Wasser gelegt hat, muss danach pitschnass gewesen sein.«
    »Ähnlich wie dein Kollege heute Vormittag.«
    Rubin ließ einen langen, nachdenklichen Blick über den Marktplatz gleiten. Allüberall Häuser mit hohen Fenstern. Einige waren sogar geöffnet, und er konnte die Schatten der Bewohner in ihren Wohungen sehen.
    »Ich kann mir einfach nicht vorstellen, dass der Täter unbehelligt vorgehen konnte, ohne dass ihn jemand dabei beobachtet hat!«
    »Tja, mein Lieber«, sagte Bernstein, »in dieser Hinsicht hat sich in Bad Löwenau seit unserer Jugend nicht viel getan. Ab zweiundzwanzig Uhr ist in der Wüste Gobi mehr los als bei uns. Und wer zu Hause ist, der bleibt zu Hause, die Tür wird für die Nacht verrammelt und erst am Morgen wieder aufgesperrt.«
    »Unsinn, irgendjemand muss etwas Verdächtiges gesehen haben.«
    Bernstein hatte eine Idee.
    »Eine Person könnten wir befragen, deren Habichtaugen für gewöhnlich nichts entgeht. Du kennst sie übrigens auch sehr gut.«
    Rubin stutzte.
    »Unsere ehemalige Lehrerin

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