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Da liegt ein Toter im Brunnen - ein Krimi mitten aus der Provinz

Da liegt ein Toter im Brunnen - ein Krimi mitten aus der Provinz

Titel: Da liegt ein Toter im Brunnen - ein Krimi mitten aus der Provinz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: emons Verlag
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ich nicht. So sind wir nicht.«
    »Es muss mit ihr persönlich, ihrem Leben und ihrer Lebenssituation zu tun haben. Höchstwahrscheinlich ist es so: Sie ist eine Dame der höheren Bad Löwenauer Gesellschaft in fortgeschrittenem Alter, die sich zu ihrer Unterhaltung einen jungen angehenden Künstler hält. Der Altersunterschied und der Reiz der Boheme treiben sie in ekstatische Verzückungen!«
    Ayse schüttelte den Kopf. »Das kann ich mir bei Serkan überhaupt nicht vorstellen.«
    »Dann so: Sie ist eine ehemalige Schulkameradin, die Serkan mit alten Anekdoten so lange genervt hat, bis er ihrem spröden Altschulmädchencharme erlegen ist.«
    »Wenig überzeugend.«
    »Bleibt nur noch eins: Die Auserwählte war bereits vergeben und steckte in einer langjährigen Beziehung. Sie war noch nicht bereit, alle Brücken hinter sich abzubrechen.«
    Bernstein dachte an die Kunstpostkarte.
    »Sie wollte und sie wollte auch nicht. Sie spielten beide mit dem Feuer. Das Feuer brannte heiß. Es ist das aufregendste und das gefährlichste aller Spiele.«
    »Ich hatte gehofft, dass die Liebe Serkan neue Lebenskraft verleihen würde«, sagte Ayse, ohne auf Bernsteins letzte Spekulation einzugehen. »Ich fand es richtig schön und romantisch. Und dann ist es schließlich doch passiert.«
    »Passiert, was ist passiert?«, fragte Bernstein.
    Ayse zögerte wieder einen Moment, bevor sie sagte: »Wenn ich richtig im Bilde bin, dann gab es doch bei Serkans Tod keine äußerlichen Einwirkungen, oder?«
    »Kein Gift, keine Kugeln, keine Messerstiche.«
    »Also ist er eines natürlichen Todes gestorben.«
    »Herzstillstand ist die offizielle Todesursache.«
    »Genau das meine ich!« Ayse warf Bernstein einen triumphierenden Blick zu. »Wie ich sehe, tut sich da eine weitere Lücke in deiner Recherchekette auf, Carl. Wusstest du nicht, dass Serkan an einer angeborenen Herzschwäche litt?«
    Bernstein war sprachlos.
    »Nur wenige haben davon gewusst«, fuhr Ayse fort. »Serkan selbst, Hassan und ich. Noch nicht einmal die eigene Mutter wusste etwas.«
    »Noch nicht einmal die Mutter?«
    »Hassan hatte alles unter Kontrolle. Zumindest glaubte er das.«
    Bernstein schluckte und rieb sich das Kinn. »Das erklärt so einiges.«
    »Serkan wusste, dass seine Lebenserwartung nicht besonders hoch war. Er hat tapfer mit diesem Bewusstsein gelebt, und wahrscheinlich erklärt das auch, warum er so war, wie er war. Als ich von seiner Beziehung erfahren habe, habe ich mir so sehr gewünscht, dass die Liebe ihm Kraft geben würde. Dass sie ihm noch ein paar Jahre schenkt. Tatsächlich sah es zunächst danach aus. Serkan hat durch die Beziehung die Kraft und den Mut gewonnen, sich mehr und mehr dem Einfluss seines Bruders zu entziehen. Das war sowieso längst überfällig. Doch dann hat ihn sein Schicksal am Ende wieder eingeholt.«
    »Falsch!« Bernstein riss seinen Zeigefinger in die Höhe. »Ein anderer hat Serkan sein Schicksal bereitet. Ein Dritter ist hier im Spiel.«
    »Der Mörder?«
    »Mörder, Scharfrichter, Todesengel, nenne ihn, wie du willst! In jedem Fall ist es jemand, der Serkans Schicksal gehörig auf die Sprünge geholfen hat. Ein feiger Nutznießer des Zufalls!«
    Ayse sah Bernstein an, sie rang schwer atmend um Fassung. Wieder glänzten ihre Augen.
    »Es ist alles so schrecklich«, sagte sie. »Serkan wollte doch nur seinen eigenen Weg gehen.«
    Bernstein begriff, dass Ayse nicht nur von Serkan sprach.
    »Meine liebe Ayse, einsame Blume des Orients«, sagte er fordernd und sanft zugleich, »der eigene Weg ist der leichteste aller Wege. Er verlangt nur eine einzige Bedingung von uns.«
    »Und die wäre?«
    »Du musst immer weitergehen, liebe Ayse!«

23
    Der Sturm hatte sich gelegt. Auf dem Marktplatz war es wieder ruhig. Die Wolken, eben noch kräftig durcheinandergewühlt, hatten sich wieder in eine blasse, graue Masse verwandelt.
    Auf Rubins Schreibtisch klingelte sein Handy. Er sah auf dem Display, dass es Bernstein war.
    »Ich habe Neuigkeiten«, rief der Journalist, »eine süße Quelle hat mir eine bittere Wahrheit offenbart. Etwas, das wir beide insgeheim geahnt hatten.«
    Bernstein erzählte ausführlich. Rubin lauschte aufmerksam.
    »Hm«, murmelte er und sagte: »Für einen Menschen mit einem schwachen Herzen kann jede Aufregung lebensbedrohlich werden.«
    »Und wer mit einem solchen Wissen eine Aufregung künstlich heraufbeschwört, besitzt eine tödlichere Mordwaffe als Pistole und Dolch.«
    »Du hast recht, Bernstein, in

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