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Da liegt ein Toter im Brunnen - ein Krimi mitten aus der Provinz

Da liegt ein Toter im Brunnen - ein Krimi mitten aus der Provinz

Titel: Da liegt ein Toter im Brunnen - ein Krimi mitten aus der Provinz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: emons Verlag
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die beiden Männer sich die Hände, und Igor eilte davon. Schirner wandte sich zum Café. Der Sturm fauchte jetzt wie eine hungrige Wildkatze.
    Rubin wünschte Schulte gutes Gelingen beim Streichen und versuchte Freitag zu beruhigen, den der Sturm in große Verwirrung versetzte. Er lief ziellos auf und ab, nahm keinerlei Witterung auf und wirkte wie auf der Flucht.
    Auf der Höhe des Löwenbrunnens vernahm Rubin undeutlich einen Ruf hinter sich. Er meinte, seinen Namen gehört zu haben. Als er sich umdrehte, sah er Bernd Schirner auf sich zustürzen, kräftig mit beiden Armen rudernd, schnaufend und tobend. Die neueste Ausgabe des Bad Löwenauer Anzeigers flatterte in seiner Hand.
    »Herr Hauptkommissar, das ist Geschäftsschädigung!«
    Er riss die Zeitung in die Höhe. Augenblicklich spielte der Wind damit. Hier am Löwenbrunnen verfing sich der reißende Luftstrom und rauschte in den Ohren. Eine normale Unterhaltung war unmöglich. Rubin und Schirner mussten gegen das Rauschen anbrüllen.
    »Was meinen Sie?«, schrie Rubin.
    »Wieso wusste der Journalist von unserem Gespräch?«, brüllte Schirner, und seine Miene verfinsterte sich. Er wies auf die Fassade. »Sehen Sie diese Schmiererei? Das ruiniert mir das Geschäft!«, donnerte er.
    »Ist das Café leer?«
    »Nein, das nicht. Aber es sind weniger Gäste als sonst«, schnauzte Schirner.
    »Das könnte am Wetter liegen!«
    »Eins kann ich Ihnen sagen, Herr Rubin …«, Schirner zerdrückte die Zeitung in seiner Hand, »… wenn mein Geschäft leidet, dann werden Sie mich noch kennenlernen! Das kann ich Ihnen sagen! Das sage ich Ihnen! Ohne Rücksicht auf Verluste!«
    Die letzten Worte waren nur noch ein wildes Brüllen, rauschend wie der Sturm. Plötzlich und ohne jede Vorwarnung sprang Schirner mit einem Schrei auf Rubin los und krallte seine Hand in dessen Mantelkragen. Rubin schwankte, fiel aber nicht.
    Augenblicklich schlug Freitag an und ging unter fürchterlichem Bellen zum Angriff über. Seine Vorderpfoten erwischten Schirner am Arm, der Schwung und das Gewicht des Golden Retrievers zwangen ihn, Rubin loszulassen.
    Schirner schien erst jetzt zu begreifen, was er getan hatte. Freitag allerdings sah keinen Grund zum Rückzug und setzte zu einem zweiten Sprung an. Schirner verlor den Halt und stürzte rücklings aufs Pflaster.
    »Aus, Freitag!«, befahl Rubin.
    Der Golden Retriever gehorchte aufs Wort und zog sich zurück, hechelnd und aufgeregt.
    Schirner blieb mit schmerzverzerrtem Gesicht am Boden liegen. Er rieb sich den rechten Ellenbogen. »Scheiße«, zischte er.
    Rubin trat auf ihn zu und reichte ihm die Hand. Schirner schlug sie aus und rappelte sich auf. Augenblicklich nahm er wieder seine aggressive Haltung an.
    »Beruhigen Sie sich!«, schrie Rubin.
    Schirner schlug sich auf die Hosenbeine, schüttelte sich und wich Rubins Blicken aus. »Herr Hauptkommissar, ich weiß nicht, was ich …«, stieß er hervor, fast ein wenig zu leise für den Wind.
    »Vergessen Sie es«, rief Rubin, »beantworten Sie mir lieber eine Frage: Wo waren Sie gestern Abend um dreiundzwanzig Uhr?«
    Schirner blickte Rubin misstrauisch an, der keine Miene verzog.
    »Um es klarzustellen, Herr Schirner: Das ist diesmal kein Gespräch. Das ist ein Verhör!«
    »Ich war beim Kegeln, Herr Hauptkommissar.«
    »Wann sind Sie zurückgekommen?«
    »So gegen halb eins.«
    »Wen haben Sie als Zeugen?«
    Schirner nannte die Namen einiger Mitglieder des Kegelclubs »Gut Holz 69«.
    »Haben Sie niemanden vergessen? Ihre Frau, Ihren Sohn?«
    Schirner schlug sich mit der Hand gegen die Stirn. »Meine Frau habe ich vergessen, sie war auch mit!«
    »Gut, das reicht mir«, schrie Rubin in den Wind und kehrte Schirner den Rücken.
    Gleichzeitig sah er aus dem Augenwinkel, dass ihre Auseinandersetzung nicht unbemerkt geblieben war. Hinter der Scheibe des Cafés drängten sich Schaulustige: Kurgäste und Rentner in brauner, beiger oder übertrieben bunter Kleidung und ein junger Mann in strahlend weißer Bäckerkluft.
    Rubin steuerte geradewegs auf die Polizeiinspektion zu. Freitag lief dicht an seiner Seite. Das Schweineohr von heute früh hatte er sich redlich verdient.

22
    »Es ist so, wie es ist«, sagte Bernstein. »Das gehört eben zum Spiel dazu.«
    Er hatte es sich in einem grauen Trainingsanzug mit knallroter ärmelloser Wetterweste auf dem Schreibtisch seiner Kollegin Ayse bequem gemacht und ließ amüsiert die Beine baumeln.
    Die junge Türkin, die seit vier Jahren als Redakteurin

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