Da liegt ein Toter im Brunnen - ein Krimi mitten aus der Provinz
diese Richtung müssen wir konsequent weiterdenken«, sagte Rubin. »Ich habe aber auch etwas für dich.«
Er berichtete von der Schmiererei auf der Hauswand von Schirners Café.
»Meiner Treu, ich bin entzückt! Ein engagierter Leserbrief der ausgefallenen Art.«
»Hast du eine Ahnung, wer dahinterstecken könnte?«
»Nein, keine Ahnung, aber ich habe noch etwas für dich. Ich erhielt eben einen Anruf unseres russischen Freundes Igor. Er hat heute einen kleinen Auftrag erhalten, wie er sich auszudrücken beliebt. Er soll einem stadtbekannten Journalisten einen kleinen Denkzettel verpassen.«
»Was hat er vor?«
»So weit wollte sich Igor nicht äußern. Du kennst ja seine Mitteilsamkeit. Aber keine Sorge, selbstverständlich wird Igor diesen Auftrag nicht ausführen. Er hat ihn nur zum Schein angenommen, um den Auftraggeber bei späterer Gelegenheit je nach Erfordernis unter Druck setzen zu können. Außerdem wird Igor den Teufel tun, sich den stadtbekannten Journalisten zum Feind zu machen, von dem er in der Vergangenheit den einen oder anderen Nutzen gehabt hat.«
»Bist du dir im Klaren, lieber Bernstein, dass du mit dem Leiter der Polizei sprichst?«, fragte Rubin trocken.
»Ich bin mir darüber im Klaren, dass ich mit einem Mann von großem Verstand und Lebenserfahrung spreche. Und nun halte dich fest: Weißt du, wer der Auftraggeber ist?«
Rubin ließ einen kurzen Moment zur Steigerung der Spannung verstreichen.
»Schirner«, sagte er schließlich.
Die Stille am anderen Ende der Leitung war mit Händen greifbar.
»Alle Achtung, Rubin, woher weißt du das denn?«
»Auch ich halte meine Augen und Ohren offen, Bernstein.«
»Wunderbar, bei allen Detektiven und Inspektoren! Was aber fangen wir jetzt mit der Botschaft an?«
Rubin dachte nach.
»Das weiß ich noch nicht. Wie steht es mit dir, fühlst du dich von Schirner bedroht?«
Bernstein lachte. »Im Gegenteil, mein Lieber, ich fühle mich geehrt, und ich lese an seiner Reaktion ab, dass meine Arbeit in dieser Stadt ihre volle Berechtigung hat.«
»Bist du sicher, dass alles in Ordnung ist? Es wäre auch kein Problem, dir Polizeischutz zu gewähren«, sagte Rubin besorgt.
»Nein, nein, es ist alles gut. Wenn Schirner mir krummkommt, dann bewerfe ich ihn einfach mit Astkuchen!«
Als eben sein Telefon geklingelt hatte, dachte Rubin zuerst, dass es endlich die Gerichtsmedizin mit dem Ergebnis der Blutuntersuchung sei. Warum dauerte das Verfahren so lange? Er griff zum Hörer, um sein Glück erneut zu versuchen.
Eine Frau war am Apparat.
»Tut mir leid, ich kann Ihnen leider in Ihrer Angelegenheit nicht weiterhelfen. Ich bin nicht von der Gerichtsmedizin, sondern von der Stadtverwaltung.«
»Warum sind Sie dann am Apparat?«
»Der Anruf ist automatisch weitergeleitet worden. Wir sind zurzeit personell unterbesetzt, wissen Sie, und da muss die eine Abteilung mal bei der anderen aushelfen. Die Pathologie ist momentan nur zu bestimmten Zeiten besetzt.«
»Wissen Sie, zu welchen?«
»Unterschiedlich. Ich müsste nachsehen.«
»Schon gut, ich probiere es auf gut Glück wieder.«
Die Frau nippte deutlich hörbar an einem Getränk, dann sagte sie: »Wie, sagen Sie, war noch Ihr Name? Juwel oder so, ja? Ich glaube, ich habe etwas in Ihrem Fall von einer Kollegin gehört.«
»Eine Kollegin von der Stadtverwaltung oder aus der Gerichtsmedizin?«
»Nein, nein, schon von der Medizin. Ich glaube gehört zu haben, Ihre Probe sei verloren gegangen. Aber genau weiß ich es auch nicht.«
»Ist vielleicht Professor Schmittbauer zu sprechen?«
»Professor Schmittbauer ist im OP .«
»Im OP ? Ich denke, er ist Pathologe!«
»Ja, schon, aber weil wir halt überall unterbesetzt sind, übernimmt er auch Operationen in der Poliklinik.«
»Dann sagen Sie ihm bitte, er soll mich umgehend zurückrufen. Es ist sehr wichtig. Und mein Name ist Rubin.«
»Natürlich, das richte ich sehr gerne aus«, sagte die Frau übertrieben freundlich, »das ist doch eine Selbstverständlichkeit. Professor Schmittbauer ruft immer gleich zurück. Dafür ist er bekannt.«
Kurz darauf stand Polizeimeisterin Jana Cerni in der Tür.
»Chef, wir haben Besuch.«
»Soll reinkommen.«
Hinter ihr stand Frank Schirner. Er war nicht in Bäckerkleidung, sondern trug eine rot-schwarze Wetterjacke, einen Fleecepulli und Cordhosen.
Augenblicklich sprang Freitag von seinem Platz auf und eilte dem jungen Schirner entgegen. Anvisiertes Ziel: der Schritt des Cafébetreibersohnes.
»Aus,
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