Da muss man durch
gewaschenen Klamotten. Da unsere Liegen sowieso bis
zum Abend vermietet sind, werden wir die Zeit bis dahin zur Jobsuche nutzen.
«Wir teilen uns auf», schlägt Schamski vor. «Damit grasen wir in kurzer Zeit möglichst viel von der Stadt ab.»
Ich habe Glück. Ich soll in den Bars und Cafés am Strand nach offenen Stellen fragen. So bekomme ich wenigstens ein bisschen
Sonne ab.
Meine Vorstellungsgespräche verlaufen frustrierend. Es gibt nur wenige Jobs, und die sind obendrein lausig, doch nicht einmal
dafür reichen meine Qualifikationen. Gastronomieerfahrung und erstklassige Sprachkenntnisse sind nötig, wenn man auf Mallorca
Aushilfskellner werden will. Selbst die dreiste Lüge, dass ich in Deutschland zwei Jahre in der Gastronomie gearbeitet habe,
hilft nichts. Die Sache scheitert an meinen Spanischkenntnissen. Ich kann es den Leuten nicht verdenken. Wäre ich an ihrer
Stelle, würde |239| ich mich auch nicht einstellen. Nach fast vier Stunden Jobsuche bin ich erledigt. Vielleicht hatten die anderen mehr Glück.
«Keine Chance», sagt Schamski. «Ohne Spanisch läuft gar nichts.»
Bronko und Günther nicken zustimmend.
Auf dem Rückweg ist die Stimmung gedämpft.
«Wenn schon jetzt keine Jobs zu kriegen sind, wie soll es dann erst nach der Saison aussehen?», überlege ich laut.
«Genau wie jetzt, nur viel kälter», antwortet Bronko.
Wir schweigen und hängen unseren Gedanken nach. Ich spüre, dass meine Gesichtshaut ein wenig brennt, und berühre vorsichtig
Stirn und Wangen mit den Fingerspitzen. Fühlt sich unangenehm an.
Schamski pfeift anerkennend. «Du hast dir einen fürstlichen Sonnenbrand geholt. Man wird dich tagelang für einen Briten halten.»
Das macht den Kohl jetzt auch nicht mehr fett, denke ich, wende den Kopf zum Fenster und schaue in den mallorquinischen
Abendhimmel.
Erneut schweigen wir eine Weile.
«Im Prinzip ist die Lösung unseres Problems ganz einfach», sagt Günther plötzlich. «Wir müssen Jobs finden, bei denen Spanisch
keine Rolle spielt.»
«Zum Beispiel?», fragt Schamski interessiert.
«Müsste ich selbst mal überlegen», erwidert Günther. «Aber es bringt ganz sicher nichts, wenn wir uns weiterhin um Kellnerjobs
bewerben.»
«Da ist was dran», wirft Bronko ein.
Wir überlegen.
«Fensterputzer wäre so ein Job», denkt Günther laut.
«Ja, keine schlechte Idee», sinniert Schamski.
|240| «Wir könnten auch Zeitungen austragen. Oder Prospekte verteilen», fährt Günther fort. «Es müssen doch bestimmt jeden Tag
Millionen von Handzetteln auf der Insel unter die Leute gebracht werden, oder?»
Abrupt wende ich den Kopf zu Günther.
«Du bist ganz rot im Gesicht», stellt er fest.
Ich winke unwirsch ab.
«Okay. Das willst du nicht wissen», setzt Günther nach. «Aber du hast eine Idee.»
Ich nicke. «Vielleicht kann ich uns Jobs besorgen. Vorausgesetzt, wir haben kein Problem damit, dass wir uns verkleiden
müssen.»
«Als was?», fragt Schamski verdutzt.
«Als Tiere, beispielsweise», antworte ich.
Es kostet mich eine Menge Überzeugungsarbeit, aber dann ist beschlossene Sache, dass ich nach Porto Colom fahre, um zuerst
Karl von Beutens Schauspielkünste zu bewundern und ihn dann zu bitten, uns Jobs als Prospektverteiler zu besorgen.
Ein wesentlicher Diskussionspunkt ist die Finanzierung meiner Dienstreise, denn für die Theaterkarte und das Benzin geht
ein Teil von Kathrins Geld drauf. Da aber mein Theaterbesuch eine Investition in unsere berufliche Zukunft darstellt, müssen
wir das in Kauf nehmen.
Die Vorstellung fällt heute aus. Die beiden anderen potenziellen Zuschauer, ein Touristenpaar aus Süddeutschland, wirken
erleichtert. Sie haben die Karten am Strand geschenkt bekommen und waren nur zu geizig, um sie verfallen zu lassen. Eigentlich
wären sie sowieso lieber in eine Tapasbar gegangen. Nun steht dem nichts mehr im Wege.
Beim Anblick der Bühne bin auch ich froh, dass mir die Vorstellung erspart geblieben ist. Der notdürftig zusammengezimmerte |241| Kasten sieht aus, als würde er zusammenbrechen, sobald man den gammeligen Vorhang bewegt. In diesem Moment öffnet sich der
Lappen, und Karl von Beuten steht mir gegenüber.
«Paul! Du bist wirklich gekommen!» Er humpelt zur Seite der Bühne, von wo aus eine kleine Stiege in den Zuschauerraum führt.
«Wie du siehst, bin ich leider verletzt, deshalb fällt die Vorstellung heute aus. Ein Jammer.» Er reicht mir die Hand und
begrüßt mich
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