Da Vincis Fälle Doppelband 1 und 2 (German Edition)
ich“, versprach der Portugiese.
Nachdem der Mann mit der Lederkappe verschwunden war und Leonardo draußen das Geräusch des Hufschlags gehört hatte, stieg er aus der Truhe.
„Habe ich das richtig verstanden? Ihr seid von diesem Erpresser erlöst?“, fragte der Junge.
Joao nickte. Der Portugiese strahlte über das ganze Gesicht. Der ungeheurer Druck war von ihm genommen, unter dem er die ganze Zeit über hatte arbeiten müssen. „Ja, ich kann gehen wohin ich will“, sagte er und steckte den Beutel mit dem Geld ein. „Und so, wie es aussieht, werde ich auch nicht mehr lange hier bleiben. Es ist besser, wenn ich so schnell wie möglich fortgehe und irgendwo anders ein neues Leben beginne.“ Er zuckte mit den breiten Schultern. „Vielleicht gehe ich nach Venedig. Aber auch oben im Norden soll es bedeutende Häfen geben. Lübeck oder Antwerpen zum Beispiel. Kartenzeichner werden wahrscheinlich überall gebraucht.“
„Bestimmt“, nickte Leonardo. „Aber eigentlich ist es schade. Ich hätte gerne noch mehr von Euch gelernt, Joao.“
Joao legte ihm freundschaftlich eine Hand auf die Schulter. „Du kannst für dein Alter schon sehr viel - und in den letzten Wochen hast du noch vieles innerhalb kürzester Zeit dazugelernt.“
„Aber es reicht mir nicht, dass es nur für mein Alter gut ist, was ich mache“, erwiderte Leonardo. „Ich möchte, dass es perfekt ist. Versteht Ihr?“
„Das verstehe ich sehr gut. Aber Perfektion, mein Lieber, gibt es vielleicht nur bei einem.“ Er deutete mit dem Zeigefinger senkrecht nach oben. „Aber hier unten auf der Erde gibt es so etwas nicht. Man kann sich immer nur bemühen, sich zu verbessern.“
Leonardo zog die Stirn in Falten.
„Dann hat man nie ausgelernt?“, fragte er.
Der Portugiese schüttelte den Kopf.
„Nie.“
Am nächsten Tag war der Portugiese einfach verschwunden, ohne sich noch einmal zu verabschieden. Was er dem Wirt noch schuldig war, lag in Gold-und Silbermünzen auf dem Tisch in seinem Zimmer. Außerdem lagen da ein paar Bleistifte und Lineale, eingewickelt in einen Bogen Papier, auf dem stand: „Für meinen Freund Leonardo aus Vinci, dessen Fantasiemaschinen mehr bewirkt haben, als viele andere Erfindungen, die tatsächlich gebaut wurden.“
Gianna brachte ihm das Päckchen.
Sie traf Leonardo zusammen mit Carlo in seinem Zimmer an, wo er gerade damit beschäftigt war, in einem Krug eine eigenartig gefärbte Flüssigkeit anzurühren, von der Gianna gar nicht weiter wissen wollte, was darin alles aufgelöst war.
Leonardo packte die Bleistifte aus und faltete das Papier auseinander, in dem sie eingerollt waren.
„Auf der Innenseite ist auch noch etwas!“, stellte er fest. Carlo sah im über die Schulter. „Lauter Zahlen!“, wunderte er sich. „Das ist wohl mehr was für mich – zum rechnen!“
Einen Satz hatte Joao dazugeschrieben: „Verbinde alle Zahlen der Reihenfolge nach mit geraden Strichen!“, stand dort. Das musste Leonardo gleich ausprobieren. Die gefärbte Flüssigkeit war jetzt plötzlich nicht mehr so interessant. Er nahm einen der Bleistifte und begann die Zahlen zu verbinden.
„Das muss ein Rätsel sein“, glaubte Gianna.
„Es ist ein Rätsel“, bestätigte Leonardo.
Und sehr schon sehr bald konnte man auch erkennen, was dabei herauskam.
Ein Mann mit langen Haaren und Bart.
„Der Portugiese!“, murmelte Leonardo.
Band 2
Leonardo und die Verschwörer von Florenz
INHALT
1.Kapitel: Maskierte Banditen
2.Kapitel: Der Schatten in der Grube
3.Kapitel: Fluchtpläne
4.Kapitel: Die Verfolger im Nacken
5.Kapitel: Zurück in Vinci
6.Kapitel: Aufbruch
7.Kapitel: Ein Schrecken in der Nacht
8.Kapitel: Der Mann mit der Narbe
9.Kapitel: Bartolos Beichte
10.Kapitel: Sprechende Bilder
Im Jahr 1462…
1.Kapitel
Maskierte Banditen
„Lassen wir es besser bleiben, Leonardo!“
„Aber warum denn?“
„Weißt du nicht mehr, was beim letzten Mal passiert ist, als du ein Experiment durchgeführt hast, das mit Feuer zu tun hatte?“
Leonardo wusste es noch sehr gut. Das Haus seines Großvaters war um ein Haar abgebrannt und ihm war daraufhin strengstens verboten worden, so etwas zu wiederholen.
Leonardo und sein Freund Carlo befanden sich auf einer Anhöhe in der Nähe des Dorfes Vinci, in dem sie beide wohnten. Man konnte von hier aus die Häuser sogar sehen: Die Kirche, das Gasthaus, den Dorfplatz, das Haus des Großvaters und das Haus von Carlos Familie, den Maldinis.
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