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… da war'n es nur noch drei - Disconnected ; 1

… da war'n es nur noch drei - Disconnected ; 1

Titel: … da war'n es nur noch drei - Disconnected ; 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Franckh-Kosmos-Verlags-GmbH und Co. <Stuttgart>
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Hause bleiben würde.
    „Das klingt, als wäre dein Vater ein Typ, der vor allem flüchtet“, sagt Tobias. „Meiner war genauso.“
    „Ist er gestorben?“
    „Für mich schon.“
    Ich versuche zu nicken, verliere jedoch die Kontrolle übermeinen Kopf. Er fällt nach hinten und bleibt dort, weil mein Gehirn auf einmal unglaublich schwer ist.
    Tobias lehnt sich mit einem zufriedenen Seufzer im Sessel zurück. „Spitzenqualität, sage ich doch.“
    Ich sage nichts mehr. Glaube ich zumindest. Das Basketballduo Liv und Jonathan verschwindet im Nebel und erscheint mit einem Mal herrlich überflüssig und gleichgültig. Meinetwegen können sie morgen ein Paar werden und jeden Tag vögeln. Ich bin der Typ mit dem riesigen Hinterkopf, dem alles egal ist.
    „Mateus, du hast eine SMS bekommen.“
    Das habe ich irgendwie nicht gehört. Meine rechte Hand, die glücklicherweise ihre normale Größe beibehalten hat, kramt in der Hosentasche nach dem Handy. Ich habe kein Problem damit, die Worte zu lesen, aber sie gleiten genauso schnell aus meinem Gehirn wieder raus, wie sie hineingekommen sind.
    „Von wem ist sie?“
    Gute Frage.
    „Gib mal her, du bist ja völlig breit, du Vollpfosten.“ Tobias zerrt mir das Handy aus der Hand. „Die ist von deiner Mutter. Sie erinnert dich daran, dass ihr heute verabredet seid.“
    Auch das muss ich erst mal aufnehmen und langsam verarbeiten, doch dann begreife ich.
    „Shit, wie viel Uhr ist es?“
    „Viertel vor sieben.“
    Ich habe das dumpfe Gefühl, dass das viel zu spät ist.
    „Ich muss sofort nach Hause fahren.“
    Mein Körper funktioniert zum Glück reibungslos. Er tut, was ich ihm sage. Das Problem ist allerdings, dass mein Gehirn nur unregelmäßig Befehle aussendet, und als ich den Weg aus der Wohnung geschafft habe und auf dem Bürgersteig stehe, passiert nicht mehr viel.
    Tobias steckt den Kopf aus dem Fenster. „Mateus, du warst gerade auf dem Weg nach Hause.“
    „Stimmt!“
    Mein Körper ist bereit, aber das Gehirn hat keine Idee für den nächsten Schritt.
    „Nimm dein Rad und fahr nach Hause“, ruft Tobias lachend.
    Guter Plan. Allerdings stehen ziemlich viele Fahrräder an der Mauer, und ich kann doch nicht rumrennen und überall meinen Schlüssel ausprobieren.
    „Es ist das schwarze da drüben“, sagt Tobias und zeigt auf ein Fahrrad.
    Klar, das schwarze. Irgendwann wäre ich wahrscheinlich selbst drauf gekommen. Ich schließe es auf und fahre los. Um die Heimfahrt muss sich mein Körper allein kümmern.

„Dein Vater hat es bereut, dass er so schnell wieder ins Ausland gegangen ist, und deshalb darf er früher als geplant wieder nach Hause kommen.“
    Zu dieser Information fällt mir keine Frage ein. Ich konzentriere mich darauf, das Abendessen durchzustehen, bevor meine Mutter entdeckt, wie breit ich bin.
    „Mateus, willst du denn nichts essen?“
    „Doch, natürlich.“
    Ich schaufle vier Frikadellen und sechs Kartoffeln auf meinen Teller. Sie soll auf keinen Fall auf die Idee kommen, dass mit mir etwas nicht stimmt. Außerdem habe ich plötzlich Riesenhunger.
    „Vielleicht bleibt dein Vater diesmal auch für immer“, sagt meine Mutter, während ich mir einen halben Liter Soße über das Essen gieße.
    „Na, das ist ja super“, sage ich und stopfe mir eine ganze Frikadelle auf einmal in den Mund.
    „Mateus, schneid sie doch vorher klein!“
    Das erledige ich einfach im Mund. Im Prinzip braucht man Frikadellen gar nicht mit Messer und Gabel zu essen.
    „Ich weiß, dass du auf deinen Vater sauer bist.“
    „Das stimmt doch gar nicht“, sage ich und zerquetsche mit der Hand eine Kartoffel.
    „Du warst total sauer auf ihn, weil er schon wieder weggefahren ist.“
    „Nein, ich war sauer auf ihn, weil er das erste Mal weggefahren ist“, sage ich und wische mir mit der Serviette die Soße von den Fingern ab. „Das zweite und dritte Mal haben mir nicht so viel ausgemacht. Und jetzt, beim letzten Mal, war es mir völlig egal.“
    „Mateus ...“
    „Klar kann ich verstehen, dass es saulangweilig sein muss, hier im Rigshospital Leute in Narkose zu versetzen, wenn man dasselbe auch in einer Bambushütte tun kann, während einem die Kugeln um die Ohren pfeifen.“
    „Benutz deine Gabel!“
    Wenn es unbedingt sein muss. Ich schiebe Kartoffeln und Soße in mich hinein, während mein Herz immer heftiger pocht. Als ob es gleich hinausspringen und auf meinem Teller landen würde. Dann gäbe es Herz in brauner Soße. Meine Mutter betrachtet mich.

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