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DACKELKRIEG - Rouladen und Rap

DACKELKRIEG - Rouladen und Rap

Titel: DACKELKRIEG - Rouladen und Rap Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ada Blitzkrieg
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lieber Giz-mo, ich hab dich so gern. Giz-mo, lieber Giz-mo, in Gedanken bist du nicht fern!“ Es hatte vermutlich seinen guten Grund warum ich kein berühmter Komponist geworden bin und Mutter das "Dreckspiano" während eines Wandertags heimlich entsorgte. So schließt sich der Kreis und ich bin doch nur Autor geworden, denn ich hatte mich bereits früh mit meiner Armut abgefunden. Talent gab es einfach nicht und schon lange nicht bei mir.

Das Leben ist ein Troll
    Ich hatte keine leichte Jugend unter der Diktatur von
ja!
Knabber-Snacks mit "köstlichem" Schinkenaroma,
Saurer Kirsche
, Apfelkorn und
Mixery Bier
, als ich mit zwölf Jahren begann, mich erfolgreich der Obhut meiner Eltern zu entziehen. Wir haben damals einfach alles in uns reingekippt was sauer, süß und vor allem alkoholisch oder fettig war. Dabei bin ich mir sehr sicher, dass ich heute beim kleinsten Schluck
Saurer Apfel
sofort eine Magenschleimhautentzündung bekommen würde und erst einmal ein paar Tage Bettruhe bräuchte, bei der dann hoffentlich niemand mit einem Minipiano stört, sonst hätte ich vermutlich direkt einen kompletten Magendurchbruch. Aber wir waren damals noch recht jung und unsere Körper schienen aus Stahl, der von der Neugier auf das Leben und die Aussicht auf sexuelle Aktivität, gehärtet wurde. Man vertrug dann eben auch diese
ja!
Chips ohne mit der Wimper zu zucken und konnte stundenlang vor dem
Edeka
Markt in der klirrenden Kälte rumstehen, mit Jacken, die nicht mal ansatzweise über die Hüften reichten. Die Hände wollten in der Pubertät auch einfach nicht recht abfrieren, uns war nie kalt, und eine Blasenentzündung kriegte man auch erst zehn Jahre später, wenn man nur mal kurz den Müll rausbringen wollte und eigentlich zwei Hosen übereinander und eine Heizdecke mit Verlängerungskabel auf Stufe Drei um den Unterleib trug.
    Der Eingang des
Edeka
war schon immer die urbane Sammelstelle für Kinder, die später Gewichtsprobleme haben würden und denen ein Arzt dann mit ernster Miene die Diagnose "Borderline" oder "von Dämonen besessen" stellen würde. Ich habe drei Jahre lang, jeden verdammten Nachmittag nach Schulschluss, vor dem besagten Markt auf den Einkaufswagen gesessen und Himbeer-Drehdrinks und
Fanta Lemon
getrunken, bis ich Bauchschmerzen hatte oder es Zeit für das Abendbrot war. Wir kämpften vor dem Supermarkt mit warmen Laugenstangen aus der Bäckerei, die sich schräg gegenüber befand, Brause-UFOs und Unmengen
Snickers
. Wir gewannen stets obwohl wir eigentlich verloren. Im Winter aßen wir auch gerne mal einen Döner mit allen Saucen doppelt, Extrakäse und Extrazwiebeln statt Salat.
    Wir haben auf den Einkaufswagen die
Bravo
oder die
Bravo Girl
gelesen, bis sich das Muster der improvisierten Stahlsitzgelegenheit in unsere immer dicker werdenden Gesäße abdrücke. Manchmal blätterten wir auch in der
Hit!
. Welches Make-Up trugen die Stars gerade? Hat es
Der Berg ruft
wieder auf Platz Eins der Single Charts geschafft und was ist eigentlich das dunkle Geheimnis von
Nick Carter
? Meine Fresse war ich neugierig. Ich wollte es wissen. Dafür mussten wir uns aber erst das nötige Geld klauen oder gleich die ganze Zeitschrift. Ich hatte im Stehlen inzwischen eine gute Routine entwickelt und damit dürfte ich auch genau die Zielgruppe der Marke
ja!
gewesen sein: Borderliner und Diebe. Selbstschädigendes Verhalten in Kombination mit überdurchschnittlicher Risikobereitschaft. Diese Art Kunden hatten durch ihre psychischen Probleme immer eine unbändige Lust auf die
ja!
Produktpalette, das scheint auch heute noch einzuleuchten.
    Kritisch wurde es allerdings erst, wenn man nicht nur an den Nachmittagen vor
Edeka
abhing, sondern auch an den Vormittagen und vielleicht sogar in einem unachtsamen Moment der ständigen Versuchung erlag, sich mit einem charmanten Hauptschüler anzufreunden. Man ging dann nie wieder zur Schule und ließ sich anstiften, die dümmsten Dinge zu tun: Sex, Graffiti, Gangsta-Rap, weiße Hosen tragen und vielleicht sogar, wenn es ganz schlimm kam, den
ja!
Schokotrunk zu kaufen. Wer morgens schon vor
Edeka
saß, würde es sein Leben lang tun. So viel war klar.
    Ich hielt mich also morgens von Supermärkten fern. Dennoch verspürte ich reichlich wenig Lust auf Schule und den ganzen Bildungsmüll. Die Klosterschule, die ich damals "besuchte", befand sich etwas abgelegen von unserer Stadt, in einem finsteren Tal ohne Fluchtwege. Latein und Altgriechisch. Ja, Dankeschön! Ich schlief dann

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