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DACKELKRIEG - Rouladen und Rap

DACKELKRIEG - Rouladen und Rap

Titel: DACKELKRIEG - Rouladen und Rap Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ada Blitzkrieg
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kleiner Hoffnungsschimmer am Pustelhorizont ab: Der ortsansässige Hautarzt war ein geschlechtsloses Wesen ohne spezielles Alter und ohne nennenswerte äußerliche Merkmale. In der Praxis roch es immer nach einer Mischung aus Desinfektionsmitteln und Arsch. Ich entblößte meinen verkraterten Rücken vor dem studierten Dermatologen und es herrschte einige Zeit bedrückende Stille im Behandlungszimmer des Spezialisten. Ich starrte das Gemälde mit den expressionistischen Klotzpferden an und wünschte mich an einen Ort, an dem ich mich wohler fühlte: In ein Schlachthaus oder in den Altgriechischunterricht, erste Reihe, Mittelgangplatz, direkt vor dem Lehrerpult. „Du kannst deinen BH ruhig anlassen, Ada!“ Das war mir nun aber wirklich peinlich. Ich schämte mich sehr.
    Der Arzt drückte so lange aufgeregt an meinem entzündeten Ekelrücken herum, bis wir beide knietief in dem von mir produzierten Wund- und Eitersekret standen und uns ratlos anschauten. Ein Plan musste her, der mehr beinhaltete, als mich auf den Boden seiner einfallslos möblierten Hautarztpraxis zu entleeren, das war uns beiden klar. Und Mutter, die auf dem Gaffer-Stuhl der Nichtpatienten thronte, wie eine Wachsfigur aus Fleischgelee die Socken strickte, während ich mich langsam leerte, wusste es auch.
    Ich solle ab sofort unter die Sonnenbank gehen, so lautetet die Fachmeinung zu meinen Kratern und Beulen, aber immer nur kurz und auch nicht zu oft, wegen meines Hauttyps, und weil ich dann vielleicht auf dem Gymnasium nicht mehr so leicht von den anderen Mitschülern akzeptiert werden würde. Dafür würde ich - und das war die gute Nachricht - im Rahmen der Solarium-Therapie in der In-Diskothek
Carambar
donnerstags, wenn es mal wieder hieß "Flotter Dreier - Drei Getränke zum Preis von Einem", sicherlich den ein oder anderen Cocktail von einem netten Polohemdträger spendiert bekommen. Der studierte Dermatologen schaute auf seine
Flik Flak
Uhr. „Wer braun ist, ist auch willig, Ada. Pass also auf dich auf, mein Kind! Alles Gute für dich und deine liebe Frau Mama. Gott segne euch beide!“ Das alles sagte mein Hautarzt an diesem Tag zu mir. Und er bat mich mitzuschreiben und holte noch weiter aus, während die infektiöse Suppe weiter aus meinem offenen Rücken auf den Praxisboden lief. Hier, da hätte er eine besonders starke Aknesalbe, die ich vor dem Schlafengehen auf mein Gesicht und auf die betroffenen Stellen am Rücken auftragen solle. Also in meinem Fall den gesamten Rücken, wenn nicht sogar noch mehr.
    Bei Aknesalben heißt es immer nur die "betroffenen Stellen", weil die Pharmaindustrie zu faul ist die Packungsbeilagen für Aknepatienten zu personalisieren. Es gibt bei Scheidenpilz ja schließlich auch nicht die "betroffene Stelle", sondern nur "die Scheide". Aber Medikamentenkäufer sind ja ohnehin keine Premiumkunden, denn sie sind krank und sterben bald, so dass sich sprachliche Finesse in der Regel nicht mehr bezahlt macht. Und Aknepatienten sind sowieso nur zweite Wahl, weil ihre Verpackung nach nichts aussieht.
    Auf meine Akne sollte die Pampe also drauf. Die Salbe schlug unerwartet erfolgreich ein. Zwar löste sich meine Gesichtshaut, aufgrund der starken Ätze in der Aknesalbe, bis auf die Knochen ab, wie bei einem guten Stück Pulled Pork, und war dann feuerrot, fledderte auseinander und fiel bei den kleinsten Bewegungen in den Raum oder auf meine Schultern, aber ich konnte mein "Gesicht" problemlos und übermäßig stark mit einem billigem Make-Up überschminken, das wie alle Make-Up Produkte von unter vierzehnjährigen Mädchen immer drei bis vier Nuancen zu dunkel ausfiel. Aber die Akne war erfreulicherweise weggeätzt, meine Haut war lupenrein und ich konnte wieder so lange am Schwimmunterricht teilnehmen, bis mich einen Monat später das plötzliche Auftreten meiner Periode erneut auf den harten Boden der Tatsachen zurückschmetterte. Ich sollte kein Glück haben. Nie wieder und vor allen Dingen nicht in diesem Leben.
    Es sind eben die kleinen Dinge auf die es im Leben ankommt. Ich hatte aber schon immer große Brüste. Dabei hatte ich mir doch eigentlich alles ganz anders ausgemalt: Schon in den schriftlichen Aufzeichnungen meiner Mutter über meine Entwicklungsfortschritte finden sich einige verstörende Anekdoten über meine frühkindliche Meinung zu Fett- und Drüsenansammlungen im Bereich des frontalen Torsos. Ich sagte damals scheinbar Dinge wie: „Wenn ich mal Busen bekomme, dann schneide ich ihn einfach ab!“

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