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DACKELKRIEG - Rouladen und Rap

DACKELKRIEG - Rouladen und Rap

Titel: DACKELKRIEG - Rouladen und Rap Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ada Blitzkrieg
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nicht sterben! Nett von ihm.
    Freitags gab es immer Fisch. Oma kochte die fiesen Fischhappen mit Inbrunst in viel zu heißem Frittierfett, bis die Küche nach alten Füßen und Verwesung roch. Das mir sicher zugesagte Jodverhängnis blieb trotz meiner Verweigerung einer lebensrettenden Fischverköstigung lange Zeit aus. Auch heute esse ich keinen Bissen Fisch, obwohl ich von meinem Schilddrüsenspezialisten darüber informiert wurde, dass ich angeblich eine "Jodexplosion" erlitten hätte und nun meine Schilddrüse außer Rand und Band sei. Sie bilde verrückte aber formschöne Knoten und performe auch andere großartige Dinge, wie mich psychisch total fertig zu machen, einfach so aus dem Hals herauszudringen, auf Kopfgröße anzuschwillen, oder meinen gesamten Organismus in einem riesigen Anfall spontan explodieren zu lassen. Das Gegenteil von Fisch also. Wie jetzt? Explosionen und zu viel Jod. Hatte mein Bruder doch Recht gehabt und Ginger Ale beinhaltete echten Aal? Eine Explosion? Ohne jemals Fisch gegessen zu haben. Oder hatte mir etwa jemand jahrelang heimlich Fisch verabreicht?
    Das waren doch mal erfreuliche Nachrichten, auch wenn ich mich in der Praxis des Spezialisten verhört hatte und eigentlich von einer "Jodexposition" die Rede war.
    Ich habe Mutter erst einmal ausgelacht. Von wegen Fisch essen. Jodexplosion! Hörst du. Das reicht dann an Fisch für mich. Ich dürfe mich ohnehin wegen der Explosionsgefahr nicht mehr in der Nähe von Regierungsgebäuden, Flughäfen und Fisch aufhalten, so die strenge Therapieanordnung des Fachmannes. Aha. Das passte mir soweit alles ganz gut, denn dann konnte ich meine Abneigung gegen Fisch problemlos auf den ganzen Jodkram schieben und musste nicht immer wie ein totaler Trottel auftreten, der sich nicht traute Fisch zu probieren. Es würden keine endlosen Diskussionen mehr über Fisch und Fischprodukte stattfinden, was in der Regel immer eine feine Sache war, denn über Fisch sprach man nicht.
    „Dein Badeanzug ist Synthetik.“ „Und jetzt, Mama? Es tut mir leid. Aber was genau?“ „Dein Schlitz!“
    Jetzt wurde es in der Tat ziemlich unangenehm. Immer wenn Mutter anfing über meinen "Schlitz" zu sprechen, wünschte ich mir, dass lieber jemand gestorben wäre, auf den wir das Thema wechseln könnten. „Hör mal, dein Bruder ist tödlich verunglückt!“ klingt im direkten Vergleich aus dem Mund einer Mutter nicht so beängstigend wie jeder Satz, der mit „Dein Schlitz“ anfängt.
    „Dein Schlitz bekommt von der Synthetik Pilze!“
    Ich würde lieber einen Angehörigen nach einem schweren Verkehrsunfall identifizieren müssen als das hier. Schlitz? Sag doch Scheide, Mutter! Mutter sagte immer nur Schlitz und ich konnte nicht mehr.
    „Wenn du in deinem Badeanzug schwitzt, dann entstehen durch die Synthetik Pilze.“
    Was für Pilze meinte sie denn bloß? Das war mir alles etwas zu abstrakt. Das Gespräch schien sich nicht nur zu einem der verhassten "ernsten Gespräche" zu entwickeln, sondern war ohne Zweifel ein "sehr ernstes Gespräch", dessen Verlauf mir ganz und gar nicht mehr gefiel.
    „Was für Pilze?“ „Scheidenpilze!“ „Kenne ich nicht.“ „Wirst du aber bald. Und deswegen verbiete ich dir jetzt Badeanzüge zu tragen.“
    Mutter legte mit dieser Entscheidung meine Brüste für alle gut sichtbar frei. Ohne Badeanzug würde ich plötzlich Brüste haben, dafür aber keine Pilze. Mit Badeanzug würde ich Pilze haben, aber keine Brüste, und darüber wusste ich zu wenig, als dass es mich nicht zu Tode geängstigt hätte. Ich trug also meine Badeanzüge diskret unter der regulären Unterwäsche weiter, um mir selbst und besonders Mutter etwas vorzuspielen und die Pilze clever auszutricksen. Die Badeanzüge wusch ich heimlich an dem Wochentag per Hand, an dem Mutter nicht um zwölf Uhr mittags Feierabend hatte, sondern erst um fünf, weil ihre Kollegen sich dann immer zu einer Teambesprechung trafen. Ich trocknete die schlimme Synthetik mit dem Föhn und trug die Anzüge gleich wieder auf. Rückblickend fühle ich mich immer noch ziemlich rebellisch, wenn ich an diese wilde Phase mit der ganzen Synthetik denke, die sich irgendwann von alleine legte, als sie von der
ja!
-Phase abgelöst wurde und ich wegen meines Fettzuwachses nicht mehr in die alten Badeanzüge passte.
    Hallo Mutter, was ich dir noch sagen wollte: Manchmal habe ich heimlich Badeanzüge getragen und trotzdem keinen Scheidenpilz bekommen. Im Extremfall habe ich sogar meinen nassen

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