Daddy Uncool
der Frauen.
»Ich würde dafür töten«, erwiderte ich.
»Oh, ich glaube nicht, dass das nötig ist«, lachte die alte Dame zurück.
»Und ich hätte gerne ein getoastetes Rosinenbrötchen dazu.«
Ein getoastetes Rosinenbrötchen? Wie war ich denn jetzt darauf gekommen? Ich hatte nicht mehr an getoastete Rosinenbrötchen gedacht, seit ich zehn Jahre alt war. Der Teeladen erinnerte mich an die Einkaufsbummel samstags mit meiner Mutter. Manchmal machten wir zwischendurch Pause. Dann tranken wir Tee
und aßen klebriges Gebäck dazu. Mein Lieblingsgebäck hatte eine dicke weiße Zuckerglasur. Nun saß ich hier, siebenundzwanzig Jahre später, und hatte gerade erfahren, dass ich eine heranwachsende Tochter hatte. Eine Tochter, die nicht gerade begeistert davon schien, ihren leiblichen Vater kennenzulernen.
Ich aß ein Rosinenbrötchen, das kurz geröstet und großzügig mit Margarine bestrichen war. Ich dachte über die Ironie der Situation nach: Ein Kind zu haben, war das, was ich mir mein ganzes Erwachsenenleben hindurch gewünscht hatte. Aber dazu, wie auch zu vielen anderen Dingen in meinem Leben, war es nie gekommen.
Amanda und ich hatten herausgefunden, dass es aus verschiedenen Gründen für eine Elternschaft zu spät war. Man hatte uns nie gesagt, was das eigentlich bedeuten sollte. Anscheinend waren meine Spermien und ihr Uterus nicht kompatibel. Und nach einer Weile waren wir zu abgestumpft, als dass es uns noch etwas ausmachte. Die Diagnose war nach endlos scheinenden, ermüdenden Besuchen bei diversen Ärzten und Spezialisten erstellt worden. Als wir erfahren hatten, wie es um uns stand, waren wir angesichts unseres Schicksals so resigniert gewesen, dass wir einfach aufhörten, uns damit zu beschäftigen. Der Gedanke, ein Kind zu bekommen, wurde zu einer gänzlich abstrakten Vorstellung. Wir versuchten zu vergessen, dass wir schon davon geträumt hatten, wie wir uns Kinderwagen bei Mothercare anschauen oder alle Leute mit Gesprächen über Schlafentzug langweilen würden. Aber als alle unsere Freunde Kinder bekamen und die
Männerabende immer seltener stattfanden, wusste ich, dass irgendetwas in meinem Leben schiefgelaufen war. Oberflächlich gesehen gab es nichts zu beklagen: die eigene Karriere, die erfolgreiche (heiße) Frau, das Haus im vorörtlichen Utopia, die drei Urlaube im Jahr, die beiden neuen Autos in der Einfahrt … Aber da war diese ständige quälende Frage: Was wäre, wenn … die wohl nie beantwortet werden würde.
Und jetzt war da auf einmal Caitlin. War sie all das, worauf ich die ganze Zeit gewartet hatte? Ich wusste, dass Elternschaft in dem allgemeinen Chaos des Lebens selten perfekt ist, aber worauf würde ich mich einlassen? Würde es tatsächlich besser sein als das, was ich jetzt hatte? War das eine Verbesserung des Lebensstils? Und wie glaubte ich, die Idee, einen widerspenstigen Teenager ins Haus zu holen, Amanda verkaufen zu können?
Für Amanda würde die Adoption eines Kindes niemals in Frage kommen. Zu bedrückt darüber, wofür sie sich selbst die Schuld gab, war für sie die Vorstellung, das Kind von jemand anderem aufzunehmen, vollkommen abwegig. Ich wusste, dass die Idee, sie würde mein Kind mit einer anderen Frau annehmen, lächerlich war. Ich schlürfte meinen brühend heißen Tee. Er hatte die Farbe von Rost. Perfekt. Ich dachte über Amanda nach. Es gab etwas, was ich mir nur selten eingestand: Egal, ob es an ihren Eierstöcken oder an meinen schlechten Schwimmern lag, es war ein Segen. Wenn ich brutal offen wäre, würde ich sagen, dass Amanda nicht besonders mütterlich ist. Sie war ständig außer Haus und immer in Bewegung: bei der Arbeit,
in Bars, als Funktionärin, beim Shopping, bei der Maniküre. Wie eine trauernde Dreizehnjährige in ihren Zeitplan passen sollte, war mir nicht klar. Und wie sollte ich überhaupt mit ihr darüber sprechen? Unsere Kommunikation beschränkte sich auf Zettelbotschaften an der Kühlschranktür und den gelegentlichen alkoholisierten Fick. Es gab keine richtige Verbindung mehr, die Sendeanlagen hatten ihren Geist aufgegeben. Eins war mir klar: Amanda würde das überhaupt nicht gut finden.
Was mich zu einer anderen Frage führte. Wenn - und im Moment war das ein großes fettes Wenn - ich zwischen den beiden wählen müsste, für wen würde ich mich entscheiden? Ich stellte mir vor, wir drei wären in einem Ballon, der am Abstürzen war. Um Höhe zu gewinnen, musste einer raus. Wenn ich mich ausnahm, wen würde ich wählen?
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