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Daddy Uncool

Titel: Daddy Uncool Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Greg Williams
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Die Frau, mit der ich seit fünf Jahren verheiratet war, oder die Tochter, die ich kaum kannte?
    Der Tee war kalt geworden. Ich ging langsam zum Auto zurück, tief in Gedanken versunken, und entdeckte einen Strafzettel, der unter dem Scheibenwischer steckte. Blöder Mist. Ich zog das Ticket unter dem Wischer hervor und zerriss es. Das konnte warten.
    Während der ganzen Fahrt nach Hause nieselte es; das Wetter passte zu meiner Stimmung.
    Im Haus schaltete ich viel mehr Lampen als nötig an. In der Küche fand ich eine Notiz von Amanda am Kühlschrank. Sie wollte sich mit einem Freund einen Film ansehen. Ich sollte nicht auf sie warten; es würde
spät werden. Im Küchenschrank war eine Dose Suppe, falls ich Hunger kriegen würde.
    Ich hatte keinen Appetit. Ich musste an Caitlin denken, die in einem fremden Bett, umgeben von fremden Gerüchen und Geräuschen, in der Obhut von mildtätigen fremden Erwachsenen schlafen musste. Ich überlegte, was für eine Art Leben sie jetzt auf sich zukommen sah. Wusste sie, wie sie das Annie die Waise -Spiel zu ihrem Vorteil spielen konnte? Das konnte ich mir nicht vorstellen. Trotz ihrer abweisenden Art heute war sie einfach so verloren, wie eine Dreizehnjährige nur sein konnte, die gerade erkannt hatte, dass die Sonne, um die sie kreiste, ohne Vorwarnung erloschen war.
    Ich musste mit jemandem darüber reden, das Problem von allen Seiten betrachten. Ich rief Mike an, erreichte aber nur seinen Anrufbeantworter. Ich öffnete die Hausbar und goss mir einen doppelten Johnnie Walker ein. Ich trank viel zu schnell. Ich schenkte mir einen zweiten ein und schaltete den Fernseher an. Der übliche Primetime-Schwachsinn. So ein Reality-Mist mit exhibitionistischen Deppen, die von gebildeten Programmmachern ihre fünfzehn Minuten Ruhm bekamen. Von Programmmachern, die an populistische Programme glaubten, speziell dann, wenn ihre Hypothekenzinsen fällig waren.
    Ich versuchte, der Sendung zu folgen, aber ich konnte den Gedanken an Caitlin nicht abschütteln, daran, wie sie schlief, mit einem Kuscheltier im Arm, ein Stück ihrer Vergangenheit, das nach zu Hause roch und sich auch so anfühlte.

    Was machte ich hier eigentlich?
    Ich stand auf, griff mir meine Jacke und ging hinüber zum Rugby Club. Zu Fuß war der Weg eigentlich zu weit, aber ich hoffte, die Naturgewalten würden meinen Kopf klären - was der Fernseher nicht geschafft hatte. Es war ein ziemlich aussichtsloses Unterfangen, abgesehen davon, dass ich aus mehreren Gründen gar nicht zum Rugby Club wollte. Der Hauptgrund war, dass Nick Belagio dort sein würde. Selbstgefällig wie ein Hund mit zwei Schwänzen, in dem sicheren Wissen, dass - trotz der Bankenkrise - niemand im Club diese Woche mehr Geld gemacht hatte als er. Ich wusste, dass Nick in dieser Woche mehr als ich verdient hatte, nicht nur, weil er Partner eines der Hedgefonds war, die unversehrt den Zusammenbruch des Marktes überstanden, sondern auch, weil ich in einem Büro arbeitete, in dem das Erscheinen eines Milky Way im Snackautomaten schon als herausragendes Ereignis galt. Nick besaß eine Villa im Randbezirk von Cobham, ein Haus in Südfrankreich und eine Eigentumswohnung auf Barbados und machte den Pilotenschein für Hubschrauber. Für Nick kamen planmäßige Linienflüge nicht mehr in Frage.
    Amanda hatte mich gedrängt, mit meinen Führungseigenschaften bei Nick um einen Job bei diesen Hedgefonds zu bitten.
    »So funktioniert das nicht«, hatte ich ihr erklärt. »Ich kann ihn nicht einfach um einen Job bitten.«
    »Warum nicht?«, entgegnete Amanda, die in ihren sechsunddreißig Jahren nie darum verlegen gewesen war, irgendjemanden um irgendetwas zu bitten.

    »Ich mache es nicht«, sagte ich. »Die haben genug Personal. Ich kann nicht einfach zur erfolgreichsten Investmentbank der Welt gehen und fragen: ›Haben Sie irgendeinen Job für mich?‹«
    Amanda war nicht zufriedengestellt, genauso wenig wie jedes Mal, wenn ich über meinen Wunsch sprach, das Rechnungswesen aufzugeben und lieber einen Coffeeshop zu eröffnen. Ich vermutete, dass sie nach dem Tod meiner Eltern, die mir einen Batzen Geld hinterließen, irritiert war, dass ich einfach weiter arbeitete. Durch die Erbschaft besaß ich ein Polster für den Fall, dass mir der Alltag auf die Nerven gehen würde. Meine Großeltern betrieben in den sechziger und siebziger Jahren ein Café in Old Street Market, und in meinen Erinnerungen sah und hörte ich den Rauch, das Geklapper, die Geschäftigkeit und die

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