Dämenkind 2 - Kind der Götter
Provinz ungeschützt gelassen, um wie im Flug einem Feind zu Hilfe zu eilen? Nur weil Brakandaran dich darum gebeten hat? Für meine Begriffe ist dergleichen schwer zu glauben.«
»Du bist in der Obhut der Schwesternschaft aufgewachsen, R'shiel. Mag sein, du verstündest mich, wärst du unter Menschen herangewachsen, denen ihre Götter mehr als alles andere gelten.«
»Mag sein«, wiederholte R'shiel halblaut, ohne dass seine Worte sie überzeugt hätten. Damin Wulfskling wirkte auf sie, als wäre er sich selbst und seiner Stellung in der Welt viel zu sicher, um sich allzu sehr um die Götter zu scheren. Aber Zegarnald hatte Brakandaran und sie zu ihm geschickt. Offenbar hegte der Kriegsgott
eine gute Meinung von dem menschlichen Kriegsherrn. Vielleicht war das der Grund, weshalb sie ihm nicht vorbehaltlos traute.
»R'shiel, ohne weiteres gestehe ich, dass es auf die übrigen hythrischen Kriegsherren gehörigen Eindruck machen würde, wenn ich eine nähere Bekanntschaft mit dir pflegte. Darf ich das Dämonenkind als Freundin bezeichnen, so steigert sich dadurch mein Ansehen bis nachgerade zur Unangreifbarkeit. Vielleicht finde ich auf diesem Weg eines Tages heraus, was für ein Gefühl es ist, nicht mehr die Klinge irgendeines Meuchelmörders fürchten zu müssen. Dennoch bin ich durchaus nicht aus diesem Grunde zu euch gestoßen. Vielmehr muss das karische Heer aufgehalten werden, bevor es nach Hythria vordringen kann. Andernfalls droht meiner Heimat ein Krieg bislang ungekannten Ausmaßes. Wir Hythrier sind ein großes, starkes Volk, aber das Hüter-Heer ist eine weit geordnetere Streitmacht, als wir jemals zu Stande bringen können. Die Hüter haben gelernt, als einheitliches Heer vorzugehen. Mein Volk hat sieben Kriegsherren mit siebenerlei unterschiedlichen Vorstellungen, wie eine Schlacht ausgefochten werden sollte, vorausgesetzt allerdings, man kann sie dazu bewegen, alle auf derselben Seite zu kämpfen.«
»Deine Worte klingen so überzeugend, dass ich dir beinahe zu glauben geneigt bin.«
»Es sind Worte voller Wahrhaftigkeit, nicht wahr? Ich habe lange daran gearbeitet, sie mir zurechtzulegen, jedoch nicht in der Absicht, sie an dich zu richten. Sie stehen in einem Sendschreiben an meinen Bruder Narvell.«
»An deinen Bruder?«
»Er ist der Kriegsherr der Elasapinischen Provinz. Ich habe ihm in der Hoffnung geschrieben, sein besseres Ich ansprechen zu können, sodass er seine Streitkräfte einsetzt, um jedes fardohnjische Eindringen ins südliche Medalon abzuwehren.«
»Und hat er auf deine Darlegungen gehört?«
»O ja, er verfährt gemäß meinen Wünschen. In meinem Schreiben habe ich nämlich auch erwähnt, dass ich ihm andernfalls meine Einwilligung zur Ehelichung des Mädchens verweigere, nach dem er sich schon seit dem fünfzehnten Lebensjahr sehnt.«
Während des Gesprächs war rasch die Dunkelheit angebrochen, kalter Sternenschein erhellte den Abend. Beim Reden bildete der Atem weißliche Wölkchen, als bestünden die Worte aus greifbarer Materie. R'shiel öffnete das Pferchtor, und das Pferd trabte froh hinein zu seinesgleichen. Sie warf sich das Zaumzeug über die Schulter, und Damin nahm den Sattel vom Zaun. Gemeinsam gingen sie zu dem Zelt, in dem das Sattelzeug aufbewahrt wurde.
»Ich glaube, ich habe dich lieber zum Freund als zum Feind, Damin.«
»Ich kann das Gleiche sagen, was dich betrifft.«
»Von meiner Seite hast du nichts zu befürchten, denn ich …« Ruckartig blieb R'shiel stehen, als plötzlich Magie-Kraft auf ihrer Haut prickelte – eine zwar schwache, aber unverkennbare Ausstrahlung. Die Wahrnehmung war unangenehm, als zwängte jemand seine Magie durch eine Trennwand aus Schmutz und Dreck.
»Was ist mit dir?«
Im Laufschritt eilte Brakandaran herbei. »Ruft sämtli
che Männer zu den Waffen, Wulfskling! Die Karier bereiten ihren Angriff vor.«
Damin blickte verdutzt drein; auch R'shiel wunderte sich. »Ist es das, was ich spüre?«
Brakandaran nickte. »Die Priester flehen zu Xaphista. Was du fühlst, ist das Entstehen einer ZwangbannMagie, R'shiel.«
Ihr schauderte, weil sie sich daran entsann, dass sie genau diese Art von magischer Verrichtung gegen das Konzil der Schwesternschaft anzuwenden beabsichtigte. Sie hatte nicht geahnt, dass es sich so ekelhaft anfühlte.
»Wann erfolgt der Angriff?«, fragte Damin Wulfskling.
»Noch bleibt eine gewisse Frist. Aber sie träfen diese Maßnahme nicht, hätten sie nicht im Sinn, schon bald gegen uns
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