Dämenkind 2 - Kind der Götter
unvorstellbar, sondern bloß noch ausgeschlossen. Ich kann nicht glauben, dass du es geschafft hast, Dranymir zu diesem Irrsinn zu beschwatzen.«
Bei der Erwähnung seines Namens erschien der Erzdämon wie aus dem Nichts zu R'shiels Füßen. Missfällig äugte er in Brakandarans Miene. »Ihr lasst Euch von der menschlichen Eigenschaft der Erregbarkeit zu Grobheiten hinreißen, Meister Brakandaran.«
»Ich achte auf meinen gesunden menschlichen Verstand «, schnauzte Brakandaran; dass er so unverblümt mit einem der Erzdämonen redete, konnte als Gradmesser seiner Erbitterung gelten. Im Allgemeinen zeigte er ihnen gegenüber größere Zurückhaltung, vor allem gegenüber Dranymir. »Wie kommt es, dass Ihr Euch an solchem Wahnwitz beteiligt?«
Dranymir richtete sich zu voller Körpergröße auf, sodass er R'shiel fast bis ans Knie reichte, und musterte Brakandaran mit einem ärgerlichen Blick. »Meister Brakandaran, es gibt auf der Welt Wichtigeres als den Einzelnen. Jenseits der Grenze rottet sich, während wir hier ein Schwätzchen halten, die karische Geistlichkeit zusammen. Die Harshini müssen dazu imstande sein, sich zu verteidigen, und für diesen Zweck benötigen sie
einen Zugang zur Zitadelle. Das Sanktuarium ist als Fluchtburg errichtet worden, nicht als Festung, und wenn die karischen Priester die Grenze überqueren und es entdecken, kann es sich keiner ernsthaften Belagerung erwehren. Daher benötigen die Harshini den Schutz und die Machtfülle der Zitadelle.«
Überrascht sah R'shiel den Erzdämon an. Nie war ihr in den Sinn gekommen, dass die Zitadelle für die Harshini ein Sitz besonderer Kräfte sein könnte. »Es wird auf lange Sicht keinen Nutzen bringen, R'shiel die Gefahr des Eindringens in die Zitadelle zu ersparen, wenn infolgedessen letzten Endes die Harshini dem Untergang anheim fallen. Xaphista weiß, geradeso wie jede Gottheit, über das Dämonenkind Bescheid.«
Anscheinend überzeugten die Ausführungen des Dämons Brakandaran, denn er ließ sich davon – wenngleich merklich widerwillig – zu einem Nicken bewegen. »Dann lasst mich an ihrer Stelle gehen. Die mit meiner Sippe verbundenen Dämonen können ebenso die gewünschte Verschmelzung herstellen. Ich bin entbehrlich, R'shiel dagegen nicht.«
»Nein«, sagte R'shiel mit völliger innerlicher Gewissheit, obwohl sie nicht wusste, woher diese Unfehlbarkeit rührte. »Ich bin es, die es tun muss, Brakandaran. Zwar bedarf ich deiner Hilfe, aber diese Tat zu verrichten ist meine Aufgabe.«
Er schüttelte den Kopf. »Meiner Hilfe? Weshalb? Um deinen Leichnam heimzugeleiten?«
»Ich brauche dich«, erklärte R'shiel, »um das Quorum dahin zu bewegen, dass es Mahina wieder als Erste Schwester einsetzt.«
Die vielen Jahre ihrer Jugend, in denen sie Zeuge all der Ränke und Machenschaften Frohinias gewesen war, hatten sie gründlicher auf die heutigen Herausforderungen vorbereitet, als Brakandaran klar gewesen war. Während eines Großteils ihres bisherigen Lebens war ihr zum Morgenmahl Staatskunst, zum Mittagessen böswillige Manipulation und zum Abendessen arglistige Verräterei eingetrichtert worden. Brakandaran hingegen hatte, obwohl Lorandranek durch seine Hand zu Tode gekommen war, mehr mit den Harshini gemein, als ihm bewusst sein mochte.
R'shiel nahm einen tiefen Atemzug, weil sie wusste, dass ihr nächster Vorschlag auf noch schroffere Ablehnung stoßen musste als ihr Wille, mit einer Dämonenverschmelzung in Frohinias Gestalt in der Zitadelle aufzukreuzen. »Du selbst hast gesagt, es gälte das Quorum von dem Erfordernis zu überzeugen, Mahina ein zweites Mal zur Ersten Schwester zu machen, und das könnte Wochen in Anspruch nehmen. Darum habe ich mir erst gar nicht vorgenommen, das Quorum zu überzeugen. Ich habe vor, es zu zwingen.«
Diese Ankündigung rief bei Brakandaran merkliche Verstörung hervor. »Es zwingen ?«
»Wir gehen mit der falschen Frohinia ins Konzil, und wenn sie ihre Rede vorgetragen hat, wird sich keinerlei Widerspruchs regen – und zwar, weil wir die ganze Versammlung mit einer Zwangbann-Magie belegen.«
Bevor er antwortete, schöpfte Brakandaran, um die Fassung wahren zu können, zunächst einmal tief Luft. »R'shiel, ich weiß, du hast nicht lang im Sanktuarium geweilt, aber irgendwer muss doch wohl das Verbot er
wähnt haben, Menschen wider ihre Natur zu etwas zu zwingen. Harshini erachten dergleichen … als ähnlich scheußlich wie das Töten.«
R'shiel schaute ihn mit festem Blick an. »Ich
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