Dämenkind 2 - Kind der Götter
Sterne funkelten. Ihr Hauptmann preschte an der Spitze daher, doch konnte Tarjanian seine Gesichtszüge nicht unterscheiden, sondern nur erkennen, dass er helles Haar hatte und so vorzüglich ritt wie ein Hythrier.
Schon waren die Fardohnjer an den Marken vorbeigaloppiert, aber Tarjanian, der ihre Attacke achtsam unter Beobachtung hatte, hielt seine Reiterei noch zurück. Er
wollte die eigenen Rösser nicht dem gefährlichen Gelände aussetzen. Der blonde fardohnjische Hauptmann raste durch den Geschosshagel, als schirmte ihn ein unsichtbarer Schild, und seine Männer – jene wenigstens, die übrig blieben – folgten ihm blindlings. Das grässliche Wiehern verletzter Pferde und die furchtbaren Schreie Sterbender erfüllten die Luft. Aus der Flanke jagten Damins berittene Schützen ihre Pfeile mit der gleichen lässigen Mühelosigkeit in die Angreifer, die man ihnen ansah, wenn sie auf dem Übungsplatz auf Melonen schossen.
»Genug des Gräuels. Vorwärts zur Attacke!«
Tarjanian gab Blitz die Sporen und trieb sie zum Galopp an; flink sauste die Stute hinter den Fardohnjern aus der Deckung. Seine Reiter schlossen auf und fielen mit blankem Schwert dem Gegner, der den Gegenstoß zu spät bemerkte, in den Rücken. Mit Hieb und Stich bahnte sich Tarjanian eine Gasse durch die Widersacher, und wenn er sie fällte, zeigten ihre stieren Augen kaum mehr als verschwommene Überraschung.
Es dauerte nicht lange, bis er sich zu ihrem Anführer durchgekämpft hatte. Auf Tarjanians Zuruf wandte der Mann sich im Sattel um, in seiner Miene stand Verwirrung. Er erregte den Eindruck, als wüsste er gar nicht recht, wieso er sich inmitten eines Gefechts befand. Aber er beherrschte das Waffenhandwerk besser als ein gewöhnlicher Kriegsmann, und schon bald gewann sein Gespür die Oberhand. Er parierte Tarjanians Schwertstoß mit unbewusster Leichtigkeit, ermangelte anscheinend jedoch der Geistesgegenwart, um unverzüglich die Lage zu seinem Vorteil zu nutzen.
Zum ersten Mal, seit Tarjanian das Gefecht aufgenommen hatte, bekam er es mit einem ebenbürtigen Gegner zu tun. Schlag auf Schlag kreuzten sich ihre Klingen, bis es Tarjanian gelang, aus dem Handgelenk die Waffe des Fardohnjers so abprallen zu lassen, dass der Mann dazu gezwungen wurde, den Arm emporzuwerfen, um im Gleichgewicht bleiben zu können. Im nächsten Augenblick rammte er das Schwert in die vom Harnisch ungeschützte Achselhöhle des Gegners und riss die Klinge, indem der Fardohnjer aus Schmerz laut aufschrie, aus seinem Leib zurück.
Die Waffe entglitt der Faust des jungen Reiterführers, er presste die Hand auf seine Seite. Blut sprudelte zwischen den Fingern hervor, während er aus dem Sattel rutschte. Tarjanian spähte umher und sah zu seiner Verblüffung, dass inzwischen die Mehrheit der Fardohnjer nicht mehr im Sattel saß. Da drang neuer Hörnerklang an sein Gehör: Drei lange, klagende Töne befahlen den Kariern den Rückzug. Sie gaben den Angriff auf, eine andere Schlussfolgerung erachtete Tarjanian als unmöglich; doch auch diese Entscheidung stellte ihn vor ein Rätsel. Erreicht hatten sie nichts, aber tausende von Männern verloren, und die karische Ritterschaft war nicht mal auf dem Schlachtfeld erschienen.
»Hauptmann …!«
Beim Klang der Stimme drehte Tarjanian sich um. Der fardohnjische Reiterführer rief ihn; er saß ab und kniete sich neben den Verletzten. Die Wunde war tödlich, daran hatte Tarjanian keinen Zweifel, aber die Augen des Todgeweihten spiegelten jetzt den zuvor nicht vorhanden gewesenen Verstand. Vielleicht war durch das
Grauen des nahen Todes der Bann gebrochen worden, den die karischen Priester über ihn verhängt hatten.
»Habt Ihr einen Wunsch?«
»Eine … Nachricht«, keuchte der Verletzte, indem er mit den Schmerzen rang. Er sprach durch starken fremdländischen Zungenschlag verfärbtes Medalonisch. Schon bleichte der Blutverlust ihm die Wangen. Sein Ende war absehbar. »An … meine Schwester …«
»Gewiss«, versprach Tarjanian, obwohl er den Mann nicht kannte, gar nicht davon zu reden, dass er eine Möglichkeit gesehen hätte, um seiner Schwester in Fardohnja eine Mitteilung zu senden. Aber der Reiterführer lag im Sterben. Es wäre herzlos gewesen, ihm das Gefühl zu verweigern, seine letzten Worte hätten einen Sinn.
»Arglist …«, röchelte der Fardohnjer. »Die Priester … haben uns betrogen …«
»Sie soll es erfahren«, beteuerte Tarjanian, machte Anstalten zum Aufstehen.
Mit einer Aufwallung
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