Dämenkind 2 - Kind der Götter
Aufgabe als würdig bezeichnen könne. Niemand anderes komme infrage. Durch einen zweiten Wutausbruch unterstrich sie die Unverrückbarkeit ihres Standpunkts; dann setzte sie sich seelenruhig hin und harrte des Weiteren.
Lange brauchte sie nicht zu warten. Kaum ein Stündchen, nachdem Mhergon ihre Gemächer fluchtartig verlassen hatte, fand sich Lecter Turon ein. Huldvoll ließ Adrina, die es sich im Lehnstuhl des für den Aufenthalt am Morgen bestimmten Damengemachs behaglich gemacht hatte, ihn eintreten.
»Wo ist Japinel?«
»Er ist gegenwärtig unabkömmlich, Eure Hoheit. Euer Vater, Seine Majestät der König …«
»Ich weiß, wer mein Vater ist, Turon. Kommt zur Sache.«
»In seiner Eigenschaft als Königlicher Schneider ist Meister Mhergon aufs Vortrefflichste dazu geeignet, Eure …«
»Mhergon brächte nicht einmal am Spinnrad einen Sack zu Stande«, höhnte Adrina. »Mein Vater hat mir versprochen, ich dürfte einen Schneider meiner Wahl wählen. Ich will Japinel zu meiner Verfügung haben.«
»Japinel ist auch als Schneider,. Eure Hoheit, so wie in jeder sonstigen Hinsicht, nur ein Gelegenheitspfuscher. Zuletzt habe ich vernommen, dass er sich als Alchimist ausgibt. Ich verstehe nicht, was …«
»Ihr müsst nichts verstehen, Turon. Schafft mir Japinel her, oder ich erscheine heute Abend splitternackt zum Mahl. Dann werden wir sehen, was Seine Königliche Hoheit, der Kronprinz Kariens, davon hält.«
In übler Stimmung watschelte Turon hinaus, aber Adrina wusste, sie hatte die Oberhand gewonnen. Bei Sonnenuntergang schob man Japinel in ihre Gemächer. Er sah sehr bleich aus und wirkte verstört. Offenbar war er vollständig entgeistert darüber, dass Prinzessin Adrina jemals von ihm gehört hatte, ja sogar den Wunsch haben sollte, ihn ihre Brautausstattung schneidern zu lassen. Adrina scheuchte ihre Sklavinnen hinaus und wartete ab, bis sie mit Japinel allein war, bevor sie ihm zu sprechen erlaubte.
»Eure Durchlaucht …«, rief Japinel, indem er sich vor ihr der Länge nach zu Boden warf.
»Ach, steh auf! Für solche Possen fehlt mir die Zeit.«
Japinel war ein kleiner, drahtiger Wicht, dessen Augen zu dicht beieinander lagen. Während er sich aufraffte, gelang es ihm, mindestens ein halbes Dutzend Mal zu buckeln.
»Eure Hoheit, ich fühle mich zutiefst geehrt. Ich will Euch ein Brautkleid entwerfen, um das Euch die Götter beneiden. Ich werde …«
»Schweig, Tölpel! Nicht wenn es um mein liebes Leben ginge, wollte ich derlei Gelumpe tragen.«
»Aber Eure Hoheit … Königlicher Kanzler Turon hat mir gesagt …«
»Ich habe genügend Kleider, um durch ihr Gewicht das Flaggschiff meines Vaters zum Sinken zu bringen«, unterbrach Adrina ihn, obwohl dieser Vergleich in Anbetracht der Umstände ein wenig unschicklich sein mochte. »Ich will etwas anderes, Japinel. Wenn du mir nützlich bist, wirst du belohnt, als hättest du tatsächlich meine Brautausstattung geschneidert. Wenn nicht, dann stelle ich sicher, dass du niemals wieder die Sonne siehst.«
Vermutlich war Japinel nichts als ein gewöhnlicher Lump, aber offensichtlich kein Dummkopf. Voller Habgier kniff er die Lider zusammen.
»Was ist Euer Begehr, Eure Hoheit?«
»Ich wünsche zu lernen, wie man Schießpulver anfertigt.«
Nun riss Japinel weit die Augen auf. »Aber ich bin nur ein einfacher Schneider, Eure Hoheit. Was soll denn ich von derartigen Dingen verstehen?«
»Mein Vater hat dich in Gewahrsam nehmen lassen, weil du behauptet hast, es zu wissen .«
Japinel rang die Hände und hob ratlos die Schultern. »Mir ist ein Irrtum unterlaufen, Eure Hoheit. Freilich hatte ich daran gedacht, einen anderen Werdegang einzuschlagen … Zu meinem Kummer habe ich vorzeitig geprahlt …«
Adrina hätte den erbärmlichen Wurm erwürgen können. »Wo seid ihr eingesperrt, du und die anderen Narren?«
»Im Kerker neben den Sklavenunterkünften, Eure Hoheit.«
»So kehre nun dorthin zurück. Morgen spreche ich ein zweites Mal mit dir. Ich empfehle dir, dir unterdessen die Schießpulverformel von einem Mithäftling zu besorgen. In drei Tagen reise ich aus Talabar ab, Japinel. Habe ich bis dahin nicht, was ich wünsche, lasse ich dich in die Salzbergwerke zu Parkinur schicken, und du siehst Talabar nicht wieder, bis deine Enkel Greise sind.«
Eine gute Viertelstunde lang schalt Adrina ohne Unterlass vor sich hin, nachdem Japinel fortgebracht worden war; und sie schimpfte auch noch, als Tamylan kam, um ihr beim Ankleiden fürs Abendmahl
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