Dämenkind 2 - Kind der Götter
aussetzen, Adrina. Wenn Cratyn auch nur den leisesten Verdacht hegt …«
»Dies Wagnis bin ich einzugehen bereit, Damin.«
»Ich dagegen nicht. Du kehrst nicht zu ihm zurück. Das ist mein letztes Wort. Wir haben nicht so vieles durchlitten, bloß um nun aufzugeben.« Mit harter Miene, aus der ein felsenfester Wille sprach, wandte Damin sich an Tarjanian. »Wir hauen R'shiel heraus, Tarjanian, und sausen in Windeseile davon. Wenn wir uns noch etliche Male aufspalten und in alle Himmelsrichtungen zerstreuen, können Cratyn und Terbolt nicht wissen, wo überhaupt sie suchen sollen. Brakandaran kann uns tarnen und …«
»Sodass die karischen Priester glauben«, warnte Brakandaran, »wir hätten für sie ein Leuchtfeuer entfacht.«
»Aber du stehst uns doch auch zur Stunde beiseite. Merken sie davon nichts?«
»Ich helfe ein wenig aus«, gestand Dacendaran.
»Dann kannst du uns auf der Flucht ebenso behilflich sein.«
Der Gott der Diebe schüttelte den Kopf. »Das wäre eine zu grobschlächtige Einmischung. Wenn ihr R'shiel befreit, um zu verhindern, was mit ihr geschehen soll, und Zegarnald mich dabei ertappt, dass ich euch helfe …« Unheilvoll ließ Dacendaran den Satz unbeendet.
Tarjanian wusste zumindest so viel über die Götter, dass sie sich nicht gegenseitig vernichten konnten, daher fragte er sich unwillkürlich, welchen Grund ein Gott haben mochte, um den Zorn einer anderen Gottheit zu fürchten. Er hatte das Gefühl, es lieber gar nicht wissen zu wollen.
Einige Augenblicke überlegte Damin; dann zuckte er mit den Schultern. »Ach, was soll's. Ich kannte nie den Wunsch, ewig zu leben. Ich sage: Lasst uns auf alle Fälle das Dämonenkind befreien und dafür keine Gefahr scheuen. Wie lautet dazu die Meinung?«
»Offenbar bist du gänzlich dem Irrsinn anheim gefallen«, warf Adrina ihm vor, darüber hinaus jedoch erhob sie keinen Widerspruch. Ebenso wenig wiederholte sie das Angebot, zu ihrem Gatten zurückzukehren.
Nacheinander gaben die Anwesenden, auch Brakandaran, durch Nicken ihre Einwilligung zu erkennen; zuletzt heftete Damin den Blick auf Tarjanian. »Also? Wie soll es nun sein?«
Tarjanian schaute auf und sah in Brakandarans fremdartige, starre Augen. Er begehrte R'shiels Befreiung mehr, als er Wert aufs Atmen legte, doch konnte er sich nicht des Gefühls erwehren, dass man sie, erlöste man sie von ihrem jetzigen Schicksal, möglicherweise in noch größere Gefahr brachte.
»Tun wir's«, stimmte er schließlich zu; allerdings klang sein Einverständnis nach erheblich mehr Zuversicht, als er empfand.
Als die Aussprache endete, war es längst zu spät geworden, um noch zu Taten schreiten zu können, deshalb einigte man sich darauf, die Befreiung am nächsten Abend zu versuchen. Der Aufschub bereitete Tarjanian Unruhe. Inzwischen waren die Karier zu nah, als dass man sich noch wohl in der Haut fühlen durfte, und dank der Verzögerung rückten sie stets näher heran.
Die Hüter-Tausendschaft hatte sich zur Nacht gelagert, folglich sandte Damin Späher aus, um die Anlage des Lagers zu erkunden, denn es ließ sich getrost unterstellen, dass sie es jeden Abend in der gleichen Weise aufschlugen. Zwei Hythrier und zwei Hüter-Krieger, die Tarjanian sorgsam nach ihrer Erfahrung und Besonnenheit auswählte, erhielten den Auftrag, noch vor Sonnenaufgang möglichst umfangreiche Erkenntnisse über das Lager zu sammeln, besonders jedoch zu entdecken, wo die Insassen der Kutsche übernachteten. Um zu wissen, dass sie in der Mitte des Lagers nächtigten, brauchte Tarjanian keine Späher, aber es würde den Anschlag beträchtlich erleichtern, wenn sie erfuhren, wo genau jedes Zelt stand und wie man die Schildwachen verteilte.
Den Rest der Nacht brachte er damit zu, seinen Hütern die jeweiligen Aufgaben zuzuweisen. Obschon sie die Kluft der Landleute trugen, führte jeder Hüter seinen Waffenrock mit und hatte ihn fein säuberlich in der Satteltasche verstaut. Sich ins Lager einzuschleichen war ausgeschlossen, daher hatte Tarjanian den Vorsatz gefasst, es offen zu durchschreiten. Mit hinlänglichem Glück mochte es ihm gelingen, schnurstracks R'shiels Zelt aufzusuchen, ihre Überantwortung zu befehlen und sie fortzubringen, ohne dass man ihn mit Fragen behelligte.
Falls sie allein darin weilte.
Falls die Bewacher des Zelts ihn nicht erkannten.
Falls die Wächter keine gegenteiligen Anweisungen erhalten hatten.
Falls Hüter-Krieger und keine karischen Pfaffen sie bewachten.
Bald zwang er sich
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