Dämenkind 2 - Kind der Götter
dazu, nicht mehr an all die Unwägbarkeiten zu denken. Es waren zu viele, als dass ihm dabei hätte wohl zumute sein können.
Sein Plan sagte Damin zu, doch enttäuschte es den Kriegsherrn beträchtlich, nicht zu R'shiels eigentlichen Befreiern zählen zu dürfen. Er musste sich mit der Aussicht auf das Durchführen einer nutzreichen Ablenkung trösten. Ein kleines, auserlesenes Häuflein seiner Reiter sollte ins Lager einsickern, die Kutsche fahruntüchtig machen und die Pferde auseinander scheuchen. Eine Verfolgung ließ sich nicht abwenden, aber zumindest wollte man sie nach Kräften erschweren.
Unklarheit bestand ausschließlich in Bezug auf Adrina, ihre Sklavin und die rund dreißig Überlebenden
ihrer Leibgarde. Um die Frage, was aus ihnen werden sollte, wurde hitzig gestritten, vor allem zwischen Damin und der Prinzessin. Zurückbleiben und warten mochte sie nicht, doch widerstrebte es Damin aus verständlichen Gründen, sie in der Auseinandersetzung mit den Hütern zu gefährden. Letzten Endes kamen sie sich entgegen: Adrina nahm sich vor, mit den Pferden am Rand des Lagers zu warten und sich im Sinne einer schnellen Flucht in Bereitschaft zu halten.
Leichter ließ sich über das weitere Schicksal der fardohnjischen Reiter entscheiden. Mit Damin als Dolmetscher zur Seite, erklärte Tarjanian ihnen, sie dürften ihres Wegs ziehen. Er händigte ihnen Karten aus, die es ihnen ermöglichten, zurück in die Heimat zu finden, und überließ ihnen Vorräte, die ihnen bis zum Gläsernen Fluss reichen mussten. Nachdem er ihrem jetzigen Befehlshaber, einem jungen Lanzenreiter, beteuert hatte, dass man für die Sicherheit der Prinzessin äußerste Sorge trug, nahm er das Angebot zur Freilassung dankend an. Am frühen Morgen durften die Männer aufbrechen und würden danach eines von zahlreichen kleinen Häufchen sein, die verstreut durchs Land strebten.
Sobald man die Pläne beschlossen hatte, wollte man sich bis zum Morgengrauen noch eine kurze Nachtruhe gönnen. Am kommenden Tag galt es nach Norden zu reiten und unbemerkt den Hütern zu folgen, bis sie des Abends abermals das Lager aufbauten. Tarjanian hoffte, dass Cratyn und seine Männer noch genügend weit entfernt waren, um den Hütern nicht schon im Lauf des Tages zu begegnen. Eine genaue Vorstellung von der
Größe ihres Vorsprungs hatten Tarjanian und Damin nämlich nicht. Alle Schätzungen beruhten auf der Annahme, dass schwer gewappnete Ritter oder Panzerreiter den Kronprinzen begleiteten, sodass sie das Land mit keiner sonderlichen Schnelligkeit durchqueren konnten. Mit einer gewissen Berechtigung ließ sich daher erwarten, dass die karische Streitmacht und die Hüter-Tausendschaft sich erst Tags darauf treffen würden. Bis dahin musste Tarjanian von ihnen weidlich Abstand gewonnen haben.
Der ersehnte Schlaf wollte sich indes nicht einstellen, und endlich, als die Dämmerung heraufzog, gab Tarjanian die Vorspiegelung auf, er könnte noch ein wenig Schlummer finden. Er schlenderte zum Rand des Lagerplatzes und erklomm eine Anhöhe, um sich einen Eindruck des Geländes zu verschaffen, das sie in Kürze durchreiten würden. Schritte zeigten ihm an, dass er nicht allein bleiben sollte, aber er wandte sich nicht um. Er ahnte, wer da näher trat.
»Findest du keinen Schlaf?«
»So wenig wie du, vermute ich.«
Als Brakandaran an Tarjanians Seite stand, lenkte er den Blick in dieselbe Richtung.
»Ich schlafe nicht auf die gleiche Weise wie Menschen. Das ist einer Vorzüge, die es hat, Halb-Harshini zu sein.«
Eine Zeit lang schwiegen beide; jeder hing seinen Gedanken nach.
»Wie schlimm ist es ihr ergangen?«, fragte Tarjanian schließlich.
»Schlimm genug«, lautete Brakandarans Auskunft. »Beim Wiedersehen könnte dir gar wohl ein Schreck in die Glieder fahren. Er hat ihr das Haar geschoren.«
Das herrliche dunkelrote Haar. Tarjanian spürte neuen Zorn aufwallen, rang ihn jedoch nieder. Derlei Anwandlungen brachten nicht das Geringste.
»Erzähl mir auch das Übrige.«
»Es gibt kaum Übriges zu erzählen. Leider hat es eine Weile gedauert, Dacendaran zu überreden, dass er mich des Banns enthebt, insofern war es ein vorzüglicher Einfall, ihn zu schicken, damit er nach dem Rechten sieht. Zegarnald hätte mich ohne weiteres noch länger schmoren lassen. Da hatte Terbolt allerdings schon die Zitadelle verlassen. Frohinia ist nach wie vor Herrin der Schwesternschaft – das heißt, eigentlich ist es Loclon –, empfängt aber seine Anweisungen
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