Dämenkind 2 - Kind der Götter
Mitglied des Kriegsrats hätte Virginas Vater sein müssen, Herzog Terbolt von Setenton, doch hatte er an seiner Stelle seinen Bruder entsandt, Ritter Ciril. Dieser war ein schwammiger Abklatsch seines älteren Bruders und zeigte sich über Adrinas Teilnahme am Kriegsrat nicht im Geringsten überrascht. Er hatte schon anlässlich ihres eindeutig unwillkommenen Aufenthalts auf der Burg seines Bruders – während der Flussfahrt nach Schrammstein – unter ihr zu leiden gehabt. Kurz beschäftigte sich Adrina mit der Frage, warum Terbolt daheim geblieben war, und hoffte, dass sich hinter seiner unerwarteten Abwesenheit keine unheilvollen Machenschaften verbargen. Ritter Ciril schätzte sie als eher einfallslosen, doch dem Schicksal ergebenen Adeligen ein, der zwar Umsicht empfahl, aber ohne Zweifel jedem beschlossenen Schlachtplan bis zum bitteren Ende folgen würde.
Während der ersten Sitzung des Kriegsrats sprach sie aus eigenem Antrieb kein Sterbenswörtchen, und Tristan hatte sie durch Tamylan raten lassen, es genauso zu halten. Wenn jemand eine Frage unmittelbar an ihn richtete, dolmetschte sie und wiederholte anschließend dem übrigen Kriegsrat pflichtgetreu seine Antwort auf Karisch. Lobenswerterweise konnte man Tristan nicht im Mindesten ansehen, dass er in Wahrheit das Karische verstand, selbst dann nicht, wenn die Karier Überlegungen anhingen, die ihm unter herkömmlichen Umständen lautstarke Heiterkeitsbekundungen abgenötigt hätten.
Als die Beratung endete, waren keinerlei Beschlüsse gefällt worden, und von dem äußerst verwirrten Kronprinzen verabschiedeten sich acht Heerführer, die gänzlich gegensätzliche Vorstellungen davon hatten, auf welche Weise die Entscheidungsschlacht geführt werden sollte – oder eigentlich nur sieben, denn Herzog Jannis von Menthall schloss sich jeder Meinung an.
Als die Heerführer gingen, blieben Adrina und Cratyn allein zurück. Mit einem hoffnungsvollen Lächeln auf den Lippen wandte Adrina sich an ihn.
»Es ist die rechte Zeit des Monats da, Eure Hoheit. Darf ich Euch am heutigen Abend erwarten?«
»Wir werden sehen … Ich habe vielerlei zu erledigen.«
»Gewiss, aber seit unserer Vermählung sind schon mehrere Monate verstrichen, und unsere Ehe ist noch immer nicht vollzogen. Vielleicht könnt Ihr, dachte ich mir, hier im Felde … die Kraft finden, um … diese Tat zu vollbringen.«
Cratyn warf ihr einen Blick zu, in dem zugleich Hass und Verzweiflung zum Ausdruck gelangten. »Reizt mich nicht, Adrina.«
»Euch reizen, mein Gemahl? Ich bezweifle, dass irgendein Reiz Euer stumpfes Schwert zum Stechen bringen kann.«
»Ihr verhöhnt mich auf eigene Gefahr, Adrina.«
Sie lachte. »Gefahr? Welche Gefahr? Was habt Ihr im Sinn, Kretin? Mich ein weiteres Mal zu schlagen?«
»Ich warne Euch …«
»Erhebt sich Euer Schwert, wenn Ihr an Virgina denkt, mein Gemahl?«
Cratyn fuhr aus dem Feldsessel empor und stierte Adrina erbittert an. Scham rötete sein Gesicht, und er zitterte vor Wut. »Nennt Ihr nicht ihren Namen, heidnische Hure! Euer Spott vermag mich nicht zu täuschen. Wenn ich mich nicht mit Euch vereinen kann, dann, weil der Allerhöchste nicht wünscht, dass ich mich besudle.«
Adrina machte einen Schritt zurück und fasste Tyler am Halsband. Der Hund nahm an Cratyns Tonfall Anstoß, knurrte leise, aber doch spürbar bedrohlich.
»Mag sein, Ihr habt Recht, Kretin. Vielleicht trifft es zu, dass Euer Gott Euch nach seinem Ebenbild erschaffen hat. Ich wüsste keinen Grund, um anzuzweifeln, dass auch er ein armseliger Narr ist.«
Cratyn zerrte eine Landkarte vom Tisch an sich und tat so, als nähme er sie aufmerksam in Augenschein. Vor unterdrücktem Zorn schlotterten ihm die Hände. »Kehrt zurück in Euer Zelt, Adrina, und nehmt dieses verfluchte Vieh mit Euch. Ich suche Euch auf, sobald
mir der Allerhöchste ein Zeichen gibt, dass die Zeit reif ist, nicht jedoch, um Eure niedrige Wollust zu befriedigen.«
» Wollust? Nun, das ist etwas, das ich mir im Zusammenhang mit Euch wirklich und wahrhaftig gar nicht vorstellen kann. Seid Ihr Euch sicher, dass Ihr wisst, was dieses Wort bedeutet?«
»Hinaus!«
»Hinaus, Eure Hoheit «, berichtigte Adrina den Prinzen.
Er schleuderte die Landkarte auf den Tisch. »Schert Euch hinaus! Begebt Euch in Euer Zelt und verbleibt dort! Ich dulde Eure Aufsässigkeit keinen Augenblick länger!«
Bei seinem Gezeter bäumte sich Tyler gegen Adrinas Hand auf, starrte zum Kronprinzen und bleckte die
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