Dämliche Dämonen - Demonkeeper
trotz ihrer Unerfahrenheit gelang es ihr, keinen größeren Schaden anzurichten. Sie verschrammte lediglich die Radkappe eines parkenden Autos, zwang einen Fahrradpolizisten zum rettenden Hechtsprung und verbeulte einen Briefkasten.
Das Innere von Sandys Wagen war blitzsauber, bis auf den Passagier, der war ein triefendes Schmutzbündel. Sandy betrachtete ihn stirnrunzelnd. Nate zitterte wie Espenlaub, während er einen eigenartigen kleinen Holzkasten in die Tasche stopfte.
»W-w-wo f-fahren wir hin?«, fragte er bibbernd.
»Zu einem Ort, wo es trocken ist.«
»Aber ich muss Richie finden.«
»Du musst dich abtrocknen, einen heißen Tee trinken und vielleicht ein Beruhigungsmittel nehmen, das musst du.«
Nate hatte keine Kraft zu widersprechen. So saß er schweigend da und fuhr mit Sandy durch den Regen.
»Ich hatte ihn schon«, murmelte er schließlich, mehr zu sich selbst.
»Wen, Richie?«
»Aber dann ist er verschwunden, wie ein Phantom.« Nate sank auf dem Sitz in sich zusammen. »Dabei bin ich mir sicher, dass er keins ist.«
Sandy runzelte die Stirn. »Hast du dein Buch zurückbekommen?«
»Ja...«, murmelte er. Ihm fielen die Augen zu. Der Kopf kippte zur Seite. »... aber dann ist auch das wieder verschwunden.«
Nate schien am Ende seiner Kräfte zu sein. Sandy bekam keine Antwort mehr. »Bei dem Wetter bleibt Richie nicht draußen«, sagte sie. »Er wird sich irgendwo verstecken. Lass es gut sein für heute, hm?«
Doch ihre Worte erreichten ihn nicht mehr. Nate war bereits eingeschlafen.
Der Dürre Mann stapfte durch die im Schlaf liegenden Straßen von Queen Anne Hill und zog einen großen Leinensack hinter sich her, aus dem zwei Beine mit Turnschuhen herausragten. Er schleifte den Sack wie einen Köder für Bluthunde über den Boden und bemühte sich, im feuchten Rasen Turnschuhabdrücke zu hinterlassen, damit das TIER ihnen auch ganz bestimmt folgen würde. Das Dämonenhüter-Kompendium hatte er unter den Arm geklemmt.
40. Kapitel
Sandys Zimmer
A ls Nate wieder zu sich kam, merkte er als Erstes, dass ein Kissen unter seinem Kopf lag. Und neben ihm stand ein Wecker. Es war drei Uhr früh. Mit einem Schlag war er wach, schlug die Bettdecke zurück und verfluchte sich, weil er eingeschlafen war. Er setzte sich auf und blickte um sich.
Er befand sich in einem penibel aufgeräumten Kellerzimmer. In der Dunkelheit erkannte er eine kleine Couch, über deren Armlehne eine hübsch gefaltete Decke hing. In der Ecke stand ein Schreibtisch, auf dem sauber aufgestapelte Schulbücher lagen; der Stuhl war herangerückt. Die Taschenbücher im Regal waren nach ihrer Größe geordnet, von klein nach groß. Das Zimmer wirkte seltsam leblos, wie aus dem Möbelkatalog.
Sandys Zimmer, dachte er.
Nate schwang die Beine aus dem Bett und stellte fest, dass er einen rosafarbenen Flanellpyjama trug. Seine nassen Sachen hingen zum Trocknen an einem Haken neben dem Bett. Er konnte sich nicht daran erinnern, sich ausgezogen zu haben. Er blinzelte verwirrt. Auf der Couch glaubte er jetzt dunkle Umrisse zu erkennen. Sandy.
Nate stand auf, zog rasch seine klammen Sachen an und ging zu Sandy hinüber. Sie sah so friedlich aus, wie sie da lag, wie ein Engel. Er hatte keine Lust, sie aufzuwecken, aber die Dämonenwelt würde nicht auf ihn warten, und er hatte schon viel zu viel Zeit vergeudet.
»Sandra...«, flüsterte er. »Sandy.«
Sie drehte sich um. »Was ist?«, murmelte sie verschlafen.
»Ich muss los.«
Sandy beugte sich vor und blickte in Richtung Uhr. »Wie spät ist es?«
»So spät, dass ich gehen muss.«
»Nate, du hast einen harten Abend hinter dir. Du warst praktisch bewusstlos, als ich dich fand. Leg dich wieder hin. Außerdem könnten uns meine Eltern hören. Es ist sicherer, dich morgen früh aus der Wohnung zu lotsen.«
»Das ist zu spät!«
Sandy seufzte und stand auf. »Nate, das ist lächerlich. Du möchtest, dass ich den Wagen meiner Eltern nehme und mitten in der Nacht mit dir verschwinde. Die Polizei hält wahrscheinlich schon nach meinem Kennzeichen Ausschau. Warum nur musst du jetzt sofort aufbrechen?«
»Das ist schwer zu erklären.«
»Alles, was du sagst, klingt so rätselhaft«, entgegnete Sandy und zog ihre Socken an.
»Wie meinst du das?«, fragte Nate.
»Ich meine, dass der ganze Abend mit dir höchst seltsam war.«
»Seltsam?«
Sandy nickte übertrieben. »Ja, Nate, seltsam. Es war seltsam, einem obdachlosen Streuner quer durch die Stadt hinterherzujagen, es war
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