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Dämmerschlaf - Roman

Dämmerschlaf - Roman

Titel: Dämmerschlaf - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edith Wharton
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Ähnliches.»
    «Armer Stan!»
    «Non a … scha u … hör z u …»
    Sie griff nach seiner Hand. «Stan, zum Henker mit nächster Woche!»
    «Nona?»
    Sie schüttelte den Kopf, ließ aber ihre Hand in seiner ruhen. «Keine Fragen, keine Pläne. Nur zusammen sein», bat sie.
    Er hielt sie schweigend umfangen, und ihre Lippen fanden sich. «Warum sollen wir dann nich t …?»
    «Nein. Ins ‹Housetop› – ins ‹Housetop›!», rief sie und entwand sich seinen Armen.
    «Du weinst ja!»
    «Nein! Das ist der Regen. Das is t …»
    «Nona!»
    «Stan, du weißt, dass es völlig zwecklos ist.»
    «Das Leben ist derart lausi g …»
    «Nicht so.»
    «So? So – wie?»
    Sie kämpfte sich aus einer weiteren Umarmung frei, streckte den Kopf aus dem Fenster und rief: «Das ‹Housetop›!»
    Sie fanden eine Nische an der Rückwand des überfüllten Parketts. Nona musste ein bisschen blinzeln wegen der blendenden Lichtgirlanden, der Rauchschwaden, der Kollision von Lärm und Farben. Aber nun saßen sie hier, er und sie, nah beieinander, gehüllt in ihr berauschendes Glück, und trotz des üblichen verdrossenen Zugs um seinen Mund wusste sie, dass ihm ebenso zärtlich zumute war wie ihr, und sie fühlten sich von der Menge abgesondert, als säßen sie noch immer im dunklen Taxi. So sollten sie also ihr Leben zu sich nehmen, stückchenweise, alles Süße in winzigen Bröckchen, und niemals mehr als jeweils ein Bröckchen! Nun ja, noch schlimmer wäre es gewesen, hätte es solche Augenblicke gar nicht gegeben – so kurz und grausam sie ihr auch vorkamen.
    Das «Housetop» war zum Bersten voll. Der Erste Rang, auf dem sich die Schickeria drängte, hing über ihnen wie ein Kranz aus reifen Früchten, pfirsichfarben, weiß und golden, geschlungen aus bemalten Gesichtern, nackten Armen, Schmuck, Brokat und fantastischen Pelzen. Diese Music Hall war der letzte Schrei.
    Der Vorhang hob sich, und der kleine Zuschauerraum versank im Dunkeln. Nonas Hand konnte weiter in der von Heuston ruhen. Auf der Bühne – einem Baumwollmarkt in New Orleans – tollten und sprangen schwarze Tänzer herum. Auch sie glichen reifen Früchten, schwarzen Feigen, die durch heißes Sonnenlicht flogen, auf die Erde fielen, in hochrotem, über weißen Zähnen platzendem Gelächter explodierten und in goldenen Wolken von Baumwollstaub weiterhüpften. Alles war warm und lustig und ohne jeden Zusammenhang. Die Zuschauer vergaßen zu rauchen und zu plaudern, nur ein leises, amüsiertes Gemurmel plätscherte über sie hinweg.
    Der Vorhang senkte sich, die Lichterketten blühten auf, und im Parkett und auf dem Rang wurde es wieder laut und unruhig.
    «Ach, da oben ist ja Lita», rief Nona, «gleich neben der Bühne. Siehst du sie – mit Ardwin und Jack Staley und Bee Lindon und dieser fürchterlichen Keiler?»
    Beim Anblick der voll besetzten Loge hatte sie ihre Hand weggezogen. «Ich sehe Jim gar nicht. Oh, ich kann diesen Haufen nicht ausstehen!» Mit einem Schlag war all das Widerwärtige und Beunruhigende wieder da, das sie beiseitegeschoben hatte. Wenn sie wenigstens diesen einen Abend unbehelligt hätte genießen können! «Ich hätte nicht gedacht, dass wir sie hier treffen; ich dachte, Lita sei schon letzte Woche da gewesen.»
    «Aber dieser Haufen geht doch immer wieder in die gleichen Shows. Denen ist nichts so zuwider wie Neuentdeckungen, von denen haben sie mehr als genug! Abgesehen davon – dir kann es doch gleichgültig sein. Die stören uns nicht.»
    Sie zögerte einen Augenblick und sagte dann: «Lita stört mich immer.»
    «Wieso? Gibt es etwas Neues?»
    «Sie sagt, sie hat alles satt, einschließlich Jim, sie will alles hinschmeißen und zum Film gehen.»
    «Ach so.» Er zeigte sich nicht überrascht. «Da passt sie doch hin.»
    «Mag sein – aber Jim!»
    «Der arme Jim. Eines Tages müssen wir alle unsere bittere Pille schlucken.»
    «Ja, aber ich halte das nicht aus. Nicht, wenn es um Jim geht. Hör zu, Stan – ich gehe zu ihnen», erklärte sie plötzlich.
    «Unsinn, Nona, die brauchen dich nicht. Und außerdem kann ich diesen Haufen genauso wenig ausstehen wie du. Ich möchte nicht, dass du in die Sache verwickelt wirst. Dieser ordinäre Staley und diese Keile r …»
    Sie lachte trocken. «Hast du Angst, dass sie meinen Ruf gefährden?»
    «Ach Unsinn. Aber wozu soll es gut sein, wenn sie erfahren, dass du hier bist? Sie mögen es bestimmt nicht, wenn du protestierst, Lita am allerwenigsten.»
    «Stan, ich gehe zu ihnen.»
    «Ach,

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